Streaming-Boom: Pandemie & Tiger King beflügeln Netflix (Update)
Die Corona-Krise legt die Weltwirtschaft lahm und hält die Finanzmärkte in Atem. Doch während viele US-Unternehmen Geschäfte oder Fabriken dichtmachen und Mitarbeiter beurlauben oder entlassen müssen, spielt der Stillstand anderen in die Karten.
Netflix ist so ein Fall - der Online-Videodienst profitiert wie wenige andere Firmen davon, dass zahlreiche Menschen weltweit zuhause bleiben. Zudem hat der Streaming-Marktführer mit der Doku-Serie "Tiger King" zuletzt auch noch einen großen viralen Hit gelandet.
Der 1997 im kalifornischen Los Gatos gegründete Konzern befindet sich auf einer der größten Erfolgswellen seiner Unternehmensgeschichte. An der Börse hat die Aktie von Netflix - bei einem allgemeinen Kurssturz - in diesem Jahr schon um über 36 Prozent zugelegt und zuletzt neue Rekordhochs geknackt. Mit einem Börsenwert von knapp 195 Milliarden Dollar wurde sogar der US-Unterhaltungsriese Walt Disney überholt, der im Winter noch doppelt so viel wert war wie Netflix.
Netflix hat rund 167 Millionen Abonnenten
Beliebt: Die Netflix-Serie "Tiger King" (im Bild: Joe Exotic)
Bild: picture alliance/Netflix/dpa
Am Dienstag nach US-Börsenschluss (22 Uhr MESZ) will Netflix seine
Ergebnisse für das erste Quartal vorlegen. Die Corona-Pandemie dürfte
für starke Zahlen sorgen. Netflix ist bereits der unangefochtene
Streaming-König: Schon bevor die Virus-Ausbreitung Menschen rund um
den Globus in ihren eigenen vier Wänden hielt, hatte der Service
167 Millionen Abonnenten. Von Anfang Januar bis Ende März hatte Netflix
sich vorgenommen, sieben Millionen weitere Kunden hinzugewinnen.
Zwar haben die Auswirkungen der Pandemie die meisten Teile der Welt - und den wichtigen US-Heimatmarkt - erst im vergangenen Monat richtig erfasst. Dennoch rechnen Experten damit, dass Netflix seine Wachstumsziele locker übertreffen wird. Die durch den Virus-Ausbruch bedingte "Stay at home"-Ära dürfte dafür sorgen, dass Netflix seinen Vorsprung im Streaming-Markt noch weiter ausbaut, meint Analyst Brian Russo von der Credit Suisse. Die Konkurrenz sei noch nicht global genug aufgestellt, um im gleichen Maße vom Trend zu profitieren.
Disney+: Abstand zu Netflix bleibt vorerst groß
Der perspektivisch gesehen größte Rivale Disney+ boomt zwar ebenfalls stark - vorletzte Woche erst gab er bekannt, nur fünf Monate nach dem Start bereits 50 Millionen zahlende Abonnenten zu haben. Disney lockt mit günstigen Aktionspreisen und beliebten Produktionen wie der "Star Wars"-Serie "The Mandalorian", dennoch bleibt der Abstand zu Netflix vorerst groß. Denn während der Marktführer seit über zehn Jahren im Geschäft und in über 190 Ländern weltweit vertreten ist, hat die internationale Expansion von Disney+ gerade erst begonnen.
Anders als Disney hat Netflix bislang zudem keine anderen Geschäftsfelder wie Themenparks oder Kreuzfahrten, die unter der Corona-Krise leiden. "Die Stay-at-home-Ära dürfte sowohl kurz- als auch langfristige Vorteile für Netflix haben", heißt es in einer Analyse des Investmenthauses Bernstein.
Selbst wenn die Pandemie überwunden sei, werde der Streaming-Dienst weiter profitieren. Viele der neuen Kunden dürften den Service auch danach behalten.
Update: Netflix veröffentlicht Ergebnisse
In den drei Monaten bis Ende März schoss die Anzahl der Bezahlabos weltweit um 15,8 Millionen in die Höhe, wie der Streaming-Marktführer nun in Los Gatos mitteilte. Damit verbuchte Netflix das Vierteljahr mit seinem bislang größten Kundenandrang und übertraf sowohl die eigene Prognose als auch die Erwartungen der Wall-Street-Analysten bei Weitem. Zum Quartalsende brachte es Netflix auf knapp 183 Millionen bezahlte Mitgliedschaften. Das Wachstum habe im März rasant zugelegt, als die Menschen in immer mehr Ländern wegen des Coronavirus angewiesen wurden, möglichst zuhause zu bleiben, hieß es im Brief an die Aktionäre.
Auch finanziell lief es rund: Die Erlöse stiegen im Jahresvergleich um rund 28 Prozent auf 5,8 Milliarden Dollar. Der Gewinn wurde mit 709 Millionen Dollar (653 Millionen Euro) mehr als verdoppelt.
Das Unternehmen warnte seine Investoren jedoch, dass der Boom wohl nur vorübergehend sei - mit dem Ende der Pandemie dürfte auch das Wachstum wieder abflauen. In der zweiten Jahreshälfte rechnet Netflix mit im Jahresvergleich sinkenden Abozahlen. Im laufenden Quartal erwartet der Videodienst 7,5 Millionen Neukunden. Update Ende
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