Innovation

Flatrate-Tarife mit beschränktem Datenvolumen als Auslaufmodell

Mobile Datennutzung erfordert neue Tarif-Modelle
Von Marie-Anne Winter

Deloitte sieht vier Bausteine für innovative Mobilfunk-Tarife. Deloitte sieht vier Bausteine für innovative Mobilfunk-Tarife.
Bild: Deloitte
Mobile Datenverkehr ist derzeit der Wachstumstreiber im Mobilfunk: Durch die Verbreitung von Smartphones nimmt die mobile Internet-Nutzung rasant zu. Laut der Deloitte-Studie Mobile á la carte - innovative Tarifmodelle für die Mobile-Data-Gesellschaft [Link entfernt] wird sich innerhalb der nächsten vier Jahre das Verhältnis von mobiler Sprachkommunikation und Datennutzung vollständig drehen - fast 70 Prozent der Umsätze werden dann mit Datendiensten erwirtschaftet. Die derzeit verbreiteten Einheits-Tarife werden künftig den unterschiedlichen Nutzeranforderungen immer weniger gerecht.

Laut Deloitte mangelt es bei Mobile-Data-Verträgen aus Nutzersicht an Transparenz, unter anderem weil die existierenden "Daten-Flatrates" keineswegs Deloitte sieht vier Bausteine für innovative Mobilfunk-Tarife. Deloitte sieht vier Bausteine für innovative Mobilfunk-Tarife.
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unbegrenzten Datenkonsum erlauben, sondern nach einem bestimmten Datenverbrauch gedrosselt werden. Aus Anbietersicht ist das natürlich attraktiv, weil über den Faktor Geschwindigkeit und zusätzlich genutzte Endgeräte eine höhere Zahlungsbereitschaft generiert werden kann. Das wiederum ermöglicht eine nach Volumen, Bandbreite und Hardware differenzierte Tarifgestaltung.

"Mobile Devices werden immer stärker zum Daten-Download genutzt - und immer weniger zum Telefonieren. Verbraucher wünschen sich maßgeschneiderte Tarife, die ihren individuellen Datenkonsum berücksichtigen. Aber neben Transparenz wollen sie auch Übersichtlichkeit. Für die Anbieter kommt es deshalb umso mehr darauf an, den richtigen Weg zwischen Personalisierung und Benutzerfreundlichkeit zu finden", kommentiert Dr. Andreas Gentner, Partner und Leiter TMT EMEA bei Deloitte.

Schwerpunkt Daten-Nutzung

Fast zwei Drittel der Deutschen haben mittlerweile ein Smartphone - das mobile Internet gehört zum Alltag. Die Sprachtelefonie wird bald zur Randerscheinung werden - gerade junge Leute telefonieren deutlich weniger und nutzen statt dessen Dienste wie WhatsApp oder Facebook über den mobilen Internetzugang. Zeitgemäße Tarife müssten dem neuen Nutzungsschwerpunkt mobile Datennutzung unmittelbar Rechnung tragen - und die Interessen von Kunden und Netzbetreibern gleichermaßen berücksichtigen. Die zunehmend heterogene Nutzung mobiler Dienste sollte sich in der Gestaltung neuer Tarifmodelle niederschlagen - vom technikaffinen Heavy User bis zum Durchschnittskunden. Dafür sehen die Marktforscher bei Deloitte vier Bausteine: Datenvolumen, Bandbreite, Endgeräte und Content.

Die derzeit üblichen so genannten Flatrates tragen nicht zu mehr Transparenz bei, weil sie keine unbegrenzte Nutzung erlauben. Dennoch gehört der Begriff "Flatrate" zum Basisrepertoire des Netzbetreiber-Marketings. Nicht immer zum Vorteil des Kunden: Über 40 Prozent der Nutzer kennen ihr Datenvolumen nicht. Und selbst wenn die Kunden wissen, ob sie 200 MB oder 2 GB Inklusiv-Volumen haben, heißt das nicht, dass sie auch wissen, wie hoch ihr tatsächlicher Datenverbrauch ist. Hier sei eine verständliche Kommunikation nicht nur sinnvoll, sondern dringend geboten. Auch wenn natürlich klar ist, dass die Netzbetreiber vor allem die Monetarisierung der neuen Nutzungsprofile von Interesse ist, während die Kunden vor allem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und eine funktionierende Infrastruktur wünschen.

Mehr zahlen für schnellere Datenverbindung

Anforderungen an neue Tarife aus Anbietersicht. Anforderungen an neue Tarife aus Anbietersicht.
Bild: Deloitte
Um beiden Interessen gerecht zu werden, sieht Deloitte vor allem die Differenzierung über die Geschwindigkeit: Wer mehr Bandbreite will, soll dafür tiefer in die Tasche greifen. Auf diese Weise werde die Refinanzierung neuer Infrastrukturen ermöglicht. Allerdings bedeute das auch die Abkehr von der bisherigen Kopplung der Maximalgeschwindigkeit an das gebuchte Datenvolumen. Deloitte schlägt statt dessen ein "All-you-can-App"-Modell vor. Es bietet unbeschränkten Zugriff auf bestimmte Anwendungen inklusive der Kosten für Inhalte und Datenvolumen. In anderen Märkten hätten sich solche Offerten bereits als Einstiegsangebote bewährt. In Europa existiert "All you can App" bislang nur als Premium-Option, etwa für Streaming-Angebote.

Auch die Hardware spielt für die neuen Pricing-Ansätzen eine Rolle. So genannte Multi-Device-Angebote, wie sie in den USA bereits existieren, bieten mehrere Geräte, die mit einem bestimmten Tarif benutzt werden können. Auf diese Weise könnten Zusatzeinnahmen generiert werden, wenn das Einbuchen für den Kunden einfach und bequem ist. Außerdem wird mit mehreren Geräten ein Anbieterwechsel schwieriger - für die Kundenbindung bringen Multi-Device-Modelle Vorteile.

"Derzeit haben Kunden keine klare Präferenz für einen bestimmten Mobile-Data-Tarif. Eine Möglichkeit wäre ein 'à-la-carte-Tarif', der nach Volumen und Geschwindigkeit differenziert und dem Kunden Hardware- und Content-Angebote nach Wahl zur Verfügung stellt. In jedem Fall sollten sich Mobilfunkanbieter auf einen erhöhten Beratungsbedarf der Konsumenten einstellen - was im Sinne der Kundenbindung keineswegs von Nachteil sein muss", schließt Dr. Andreas Gentner.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass Ulf Ewaldsson, der Technik-Chef (CTO) der Ericsson-Gruppe, echte Flatrate-Tarife bereits für tot erklärt hat, weil Netzbetreiber ohne Volumen- oder Geschwindigkeitsbegrenzungen für den mobilen Internet-Zugang nicht kostendeckend arbeiten könnten. Das Interview mit Ewaldsson finden Sie in unserer Meldung zum Ericsson Business Innovation Forum.

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