Kostendruck

Ericsson-CTO Ulf Ewaldsson erklärt die Flatrate für tot

Hohe Eintrittshürden für neue Netzbetreiber
Aus Tokio berichtet

Ericsson-CTO Ulf Ewaldsson Ericsson-CTO Ulf Ewaldsson
Bild: teltarif.de
Ulf Ewaldsson, Technik-Chef (CTO) der Ericsson-Gruppe, dem weltweit führenden Ausrüster für Mobilfunknetze, erklärte im Interview mit teltarif.de die Flatrate im Mobilfunk für tot: "Netzbetreiber müssen weiterhin die im Mobilfunk üblichen Datendrosseln verwenden und/oder Premium-Pakete (z.B. HD-Video oder höhere Spitzendatenraten) einführen, um kostendeckend zu arbeiten." Ohne diese Maßnahmen würden sie in die Verlustzone geraten: "Kein Unternehmen kann dauerhaft bestehen, wenn die Einnahmen nicht die Kosten decken", erläutert Ewaldsson.

Im Rahmen des Interviews am Rande des "Ericsson Business Innovation Forums" (kurz: EBIF 2013) in Tokio erklärte Ewaldsson, dass Sprachdienste nur noch 10 Prozent der Datenmenge in den Netzen ausmachen. Entsprechend niedrig sind die verbliebenen Kosten für Sprachdienste und SMS. Welche Maßnahmen (Datendrossel, verschieden zugeschnittene Datenpakete, Premium-Pakete für HD-Video oder Spitzen-Datenrate etc.) am besten geeignet sind, die Datenumsätze der Netzbetreiber mit den Datenkosten in Einklang zu bringen, unterscheidet sich von Land zu Land. Je nach Geschichte des Netzausbaus und der Mentalität der Kunden ist mal die eine, mal die andere Maßnahme besser geeignet. Diese Feinsteuerung müssen die Netzbetreiber vor Ort selber erbringen.

Ericsson berät laut Ewaldsson Netzbetreiber bei der Auswahl ihrer Strategie. Dazu beobachtet Ericsson genau den Erfolg und Misserfolg der verschiedenen Netzbetreiber weltweit. Aktuell zeigt sich, dass Betreiber, die vorausschauend in neue Technologien wie LTE investieren, am Ende profitabler sind.

Optimale Zahl der Netzbetreiber unbekannt

Ericsson-CTO Ulf Ewaldsson Ericsson-CTO Ulf Ewaldsson
Bild: teltarif.de
Bei den Strategie-Auswertungen Ericssons konnte laut Ewaldsson keine optimale Zahl an Netzbetreibern ermittelt werden. Es gibt funktionierende große Märkte mit vielen Betreibern, funktionierende große Märkte mit wenig Betreibern, funktionierende kleine Märkte mit vielen Betreibern (z.B. Hongkong, wo sechs Unternehmen um die Kunden konkurrieren) und kleine Märkte mit wenigen Betreibern.

Der Ansicht der Bundesnetzagentur, dass die geplante Fusion von o2 und E-Plus in der Folge Platz für einen neuen Anbieter in Deutschland schaffen würde, erteilte Ewaldsson eine klare Absage. Ohne sich speziell auf die Situation in Deutschland zu beziehen, erklärte er: "Die Markteintrittshürden sind immens". Wichtigstes Kriterium für einen Netzbetreiber ist die Netzabdeckung. Und da muss ein neuer Anbieter immer ganz von vorne anfangen, wenn er die ersten Basisstationen anschließt, während die Konkurrenz natürlich nicht untätig ist und ihr Netz immer weiter optimiert.

Ausreichende Frequenzversorgung wichtig

Ewaldsson kritisierte die Mobilfunk-Auktion in Österreich, bei der die Netzbetreiber für das kleine Land vergleichsweise viel Geld für die Lizenzen bezahlen mussten. Das Auktionsmodell stammt seiner Ansicht nach noch aus der "Sprach-Welt", in der das Hauptaugenmerk der Regulatoren darauf lag, viele Betreiber zu etablieren, damit diese intensiv konkurrieren und so die Preise pro Sprachminute fallen. Indem die Regulatoren zu wenig Spektrum versteigern, treiben sie die Kosten nach oben, den Netzbetreibern bleibt dann kein Geld mehr für den Netzausbau. Dadurch werden neue Dienste und Apps verzögert, mit denen andere Marktteilnehmer viel Umsatz machen und so das Bruttosozialprodukt nach oben treiben können. Am Ende wirken die Auktionserlöse wie eine Telekommunikationssteuer, die zwar Geld in die Staatskasse spült, zugleich aber die Entwicklung bremst.

Ewaldsson bevorzugt ein alternatives Auktionsmodell, wie es in Schweden jüngst angewendet wurde, bei dem die Betreiber nicht mit Geldgeboten, sondern mit Ausbauverpflichtungen konkurrieren. So ist sichergestellt, dass die Netze auch aufgebaut werden. Dieses Modell wird übrigens auch von teltarif.de positiv bewertet.

Was sich der Ericsson CTO Ulf Ewaldsson von Voice over LTE verspricht, lesen Sie in unserer Meldung über die bessere Sprachqualität durch VoLTE.

Mehr zum Thema Drosselung