Mobilfunknetze: Nur 13 Prozent mit Leistung zufrieden
Der langsame Ausbau bei 5G-Mobilfunk und Glasfasernetzen für das Festnetz (und den Mobilfunk) lässt die Deutschen an ihren Telekommunikationsanbietern zweifeln.
Die zeigt die aktuelle Studie "The Connectivity Challenge" der Management- und Technologieberatung BearingPoint.
Außerhalb von Deutschland zufriedener
64 Prozent der europäischen Befragten (außerhalb von Deutschland) sind mit der Leistung ihres Mobilfunknetzes zufrieden, dagegen sind es in Deutschland nur 13 Prozent. Damit liegt die Bundesrepublik abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Ähnliches gilt für die Zufriedenheit mit dem Festnetzanschluss: Während in den meisten europäischen Ländern außerhalb Deutschlands eine Mehrheit mit der Leistung ihres Festnetzes zufrieden ist (58 Prozent), sind es in Deutschland nur 14 Prozent. Diese Abweichung steht im Einklang mit dem Zugang zum Glasfaserinternet: 17 Prozent der Befragten in Deutschland gaben an, einen Glasfaseranschluss zu nutzen, während es im europäischen Durchschnitt ohne Deutschland 46 Prozent waren.
Der Studie zufolge deutet das auf einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Glasfaserzugang und der Verbraucherzufriedenheit hin.
Nur 13 Prozent der Befragten sind mit ihrem Netz in Deutschland zufrieden
Grafik: Bearing Point
Keine Bereitschaft für mehr Qualität mehr zu zahlen
"Unsere Analyse zeigt, dass die mangelnde Zufriedenheit mit den Fest- und Mobilfunknetzen in Deutschland vor allem auf zwei Aspekte zurückzuführen ist. Erstens scheint es ein Informationsdefizit hinsichtlich der Vorteile der Technologien sowie der tatsächlichen Leistung von Telekommunikationsnetzwerken insbesondere in Deutschland zu geben. Dazu gehört auch die fehlende Bereitschaft, für Premium-Dienste zu bezahlen. Und zweitens muss der Glasfaserzugang dringend erhöht werden. Unsere Studie zeigt eindeutig: Kunden mit 5G und Glasfaserzugang sind die zufriedeneren Kunden", betonte Julius Hafer von BearingPoint.
Aspekte für Netzbetreiber
Folgt man der Studie, müssten die Netzbetreiber grundsätzlich ineinandergreifende Aspekte beachten: Konsumenten erwarteten robuste Festnetz- und Mobilfunkverbindungen, aber nur 23 Prozent der deutschen Befragten nutzen laut eigener Aussage die 5G-Technologie. Nur 17 Prozent geben an, einen Glasfaserzugang zu besitzen. Beide Werte liegen damit unter dem europäischen Durchschnitt.
Steigerung der Qualitätswahrnehmung
Um die Kundenzufriedenheit zu steigern, müssten die Netzbetreiber der "mangelnden Qualitätswahrnehmung von Fest- und Mobilfunknetzen" entgegenwirken. Insbesondere in Deutschland sei der Handlungsbedarf im internationalen Vergleich groß, schließlich gibt hierzulande nur jeder achte Kunde an, mit der Netzwerkqualität zufrieden zu sein.
Die Marktforscher glauben, dass "die flächendeckende Einführung von 5G" ein wichtiger Hebel sein könnte, denn 58 Prozent der befragten Personen in Deutschland gaben an, zufriedener geworden zu sein, seitdem sie 5G nutzten. Im Rest von Europa liege dieser Wert sogar bei 62 Prozent. Ergo müssten neue technologische Fortschritte den Kunden "effektiv kommuniziert" werden, und 5G bilde hierbei keine Ausnahme. Jeder dritte Befragte in Deutschland gibt an, die Vorteile von 5G nicht zu kennen (35 Prozent).
Aufpreis für besseres Netz?
Um einen Aufpreis für die Nutzung 5G verlangen zu können, müssten die Netzbetreiber "überzeugende Anwendungsfelder" vorlegen. In Deutschland hätten 29 Prozent der Befragten angegeben, für Qualitätsverbesserungen durch 5G und damit verbundene neue Anwendungsfälle einen Aufpreis im Vergleich zu herkömmlichen Tarifen zahlen zu wollen. Für eine Verbesserung im Bereich Videostreaming wären sogar 42 Prozent der Befragten in Deutschland hierzu bereit.
Im internationalen Vergleich falle Deutschland neben dem Videostreaming durch eine "überdurchschnittlich häufig vertretene Zahlungsbereitschaft" in den Bereichen Video-Calls (27 Prozent), Online-Gaming (21 Prozent) und Augmented/Virtual Reality (21 Prozent) auf.
Nachhaltigkeit wichtig, aber noch nicht entscheidend
Die Nachhaltigkeit der Netze ist für Verbraucher wichtig, aber derzeit noch kein entscheidender Faktor für die Monetarisierung. 42 Prozent der Befragten in Deutschland finden es wichtig, dass sich die Anbieter auf "nachhaltige Netze" konzentrieren.
Im Vergleich mit dem Rest Europas stellt dies einen Tiefstwert dar, dort vertreten durchschnittlich 55 Prozent der Befragten diese Ansicht. Außerdem geben 24 Prozent der Studienteilnehmer in Deutschland an, ihr Nutzungsverhalten nicht zugunsten von mehr Nachhaltigkeit in der Telekommunikationsbranche anpassen zu wollen, im Rest von Europa sind hierzu nur 17 Prozent nicht bereit.
Netz soll überall sein
"Ob zu Hause, im Büro oder unterwegs, die Kunden erwarten jederzeit und überall Zugang zum Internet in hoher Qualität. In der Realität stellen die deutschen Kunden ihrem Anbieter hier bei allen Netzzugangsarten schlechte Noten." Sie sind massiv unzufrieden mit dem Festnetz und dem Mobilfunknetz. Bei der Netzzufriedenheit sei Deutschland klares europäisches Schlusslicht.
Die Verbesserung der Netzqualität und damit Investitionen in die Netzinfrastruktur müsse Priorität für die Betreiber haben, genau wie eine bessere Kommunikation dieser Vorteile, fasst Julius Hafer zusammen.
Spitzenreiter seien die Niederlande mit 85 Prozent für die Mobilfunknetze und 81 Prozent für das Festnetz.
Wie kamen die Daten zustande?
Im Rahmen der Studie analysierte das Unternehmen BearingPoint die Aussagen von 10.850 Konsumenten aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Schweden, Österreich, der Schweiz, Irland und den Niederlanden. Ziel war, ihre Akzeptanz von und ihre Zufriedenheit mit 5G, ihre Wahrnehmung von Mobilfunk- und Festnetzen sowie deren künftige Nutzung und ihre Ansichten zur Nachhaltigkeit der Netzwerke zu untersuchen.
Die Teilnehmenden repräsentieren die durchschnittliche demografische Zusammensetzung der Bevölkerung (ab 18 Jahren) in den einzelnen Ländern.
Wer ist BearingPoint?
BearingPoint sieht sich als "unabhängige Management- und Technologieberatung" und berät bei Zukunftsfragen wie Unternehmensausrichtung (Strategie) und finanziellen Chancen und Risiken. Zu den Kunden gehören viele weltweit tätige Unternehmen und Organisationen. Für BearingPoint sind "mehr als 10.000 Mitarbeiter" in über 70 Ländern aktiv.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Dass die Leute mit den Netzen unzufrieden sind, ist eigentlich keine Neuigkeit. Es gibt eine kleine Menge an Kundschaft, die würden für Premium-Qualität mehr Geld bezahlen, bzw. tut das bereits. Aber auch beim "teuren" hiesigen Dauergewinner von Netztests gibt es immer noch Schwachstellen, sei es indoor in Städten oder auch an einsamen Orten fernab der großen Trampelpfade, wo selbst deren Kostenrechner nicht mehr mitspielen, wenn ein Dorf mit 200 oder weniger Einwohnern einen eigenen Sender bekommen soll.
Ob die Leute für Video-Telefonate oder Online-Spiele deutlich mehr bezahlen wollen, wäre zu erproben. Viele Kunden können schlicht nicht mehr ausgeben, weil das verfügbare Einkommen begrenzt ist.
Die große Mehrheit ist wohl der unerschütterlichen Ansicht, dass die angebotenen Netze viel zu teuer sind und erwartet im Mobilfunk oder Festnetz für maximal 20 Euro im Monat eine "Alles drin"-Flatrate. Und das ist nach allem, was bisher bekannt ist, entweder gar nicht möglich oder nur mit extremen "Nebenwirkungen" (z.B. keinerlei Beratung vor dem Kauf oder bei der Einrichtung des Anschlusses und auch keinerlei Hilfe bei Problemen, selbst wenn der Anbieter zweifelsfrei "Schuld" ist) realisierbar.
Im Durchschnitt hat jeder Deutsche 31 Apps auf seinem Smartphone, sagt der Branchenverband Bitkom.