SWR prüft Verlagerung von DAB+-Welle ins Internet
Die ARD plant derzeit im Rahmen einer großen Strukturreform das Aus für mehrere lineare TV- und Radioprogramme. Der öffentlich-rechtliche Senderverbund will diese zum Teil on demand im Internet neu anbieten. Im Fernsehbereich könnte so etwas mit dem Programm "One" geschehen. Doch erstmals soll es jetzt auch eine Hörfunkwelle treffen.
SWR Aktuell nur noch per Abruf im Internet
SWR Aktuell soll komplett ins Internet verlagert werden
Quelle: SWR, Screenshot: Michael Fuhr
Der Südwestrundfunk (SWR) denkt darüber nach, seine vorrangig digital über DAB+ ausgestrahlte Nachrichtenwelle SWR Aktuell in bisheriger Form linear einzustellen und als reines Internetangebot mit Nachrichten und Beiträgen auf Abruf neu aufleben zu lassen. "Wir prüfen das gerade, ob wir das als lineares Radio fortsetzen oder ob wir sagen, die Menschen, die ein Info-Interesse haben, sind bereits so digital, dass sie das auch als ein Angebot nehmen, das sie nur im Netz haben", sagt Intendant Kai Gniffke bei einer Hörerbefragung.
Der Umfang der Berichterstattung soll dabei insgesamt bestehen bleiben. "Mit all den Berichten, die man heute schon im linearen Radio hat", verspricht Gniffke. Neu sei aber, dass Hörer alle Beiträge Zeit-souverän über Web und App hören können, was schon heute in großen Teilen der Fall ist.
SWR Aktuell wäre das erste ARD-Hörfunkprogramm, das diesen Weg von einer linearen Welle hin zu einem reinen Internetangebot gehen würde. Bislang hat es so etwas nur im Fernsehbereich gegeben: Das ZDF hatte das Angebot "ZDF Kultur" als lineares Programm eingestellt und als Internet-Angebot mit Beiträgen auf Abruf neu gestartet. Das junge Angebot "funk" ist gleich auf diesem Weg gestartet.
Eine Einschätzung (von Michael Fuhr)
In Richtung einer Digitalisierung des Hörfunks wäre die Verlagerung der Welle ins Internet ein fatales Signal. Denn SWR Aktuell besitzt nur eine UKW-Frequenz in Stuttgart und wird ansonsten digital-terrestrisch über DAB+ in ganz Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgestrahlt. Wenn das Angebot nun komplett ins Internet verlagert wird, könnten neue Zweifel aufkommen, ob die Zukunft des Hörfunks tatsächlich über DAB+ stattfindet oder das Digitalradio nicht doch bloß eine Übergangstechnologie hin zum Internet ist. Gerade die ARD hat sich immer für DAB+ stark gemacht, während der Privatfunk lange skeptisch war und zum Teil auch heute noch ist.
Auch das Einsparpotenzial ist fraglich, wenn der SWR die Inhalte seiner Nachrichtenwelle in bisherigem Umfang ins Internet auslagert. Das Personal für die Produktion benötigt man ohnehin, und auch bei der technischen Verbreitung wird nichts eingespart, denn die DAB+-Sender bleiben ja mit den anderen Programmen der ARD-Anstalt in der Luft. Lediglich die leistungsschwache UKW-Frequenz in Stuttgart kostet extra Strom, aber hier sind die Kosten überschaubar. Vor diesem Hintergrund sieht alles eher nach einer symbolischen Maßnahme aus, um Kritiker zu besänftigen, die immer behaupten, die ARD strahle zu viele Hörfunkwellen aus.
Letztendlich stellt sich freilich auch die Frage, ob Hörer ein solches Angebot überhaupt annehmen. Viele haben morgens nach dem Aufstehen gar keine große Lust, sich Audio-Inhalte extra über App mühevoll zu suchen, erst recht nicht, wenn sie auf dem Weg zur Arbeit sind. Hier ist das Autoradio und die lineare Beschallung der klassische Weg der Audionutzung. Die ARD Audiothek ist freilich eine sinnvolle Alternative, um Zeit-souverän Beiträge zu hören. Aber sie ist kein kompletter Ersatz für lineare Radioangebote.
Bei Aldi Süd gibt es aktuell ein DAB+-Küchenradio im Angebot.