SXSW: Obama und die Nerds
Zum South by Southwest-Festival kam auch US-Präsident Barack Obama.
Bild: dpa
Wenn es um die Zukunft in der digitalen Welt geht, ist
das Interesse enorm. Über zwei Etagen stehen die Menschen im riesigen
Kongresszentrum in Austin Schlange, um den Vortrag von Kevin Kelly,
einst Chefredakteur des Branchenmagazins Wired, zu hören. Sein
Thema auf der diesjährigen Digital-Konferenz South by Southwest:
"Welche zwangsläufigen Technologietrends unsere Zukunft prägen".
Zum South by Southwest-Festival kam auch US-Präsident Barack Obama.
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Wie zu erwarten, sind es bei Kelly die derzeit angesagten Topthemen
künstliche Intelligenz, virtuelle Realität und das Tracken von Daten.
Der Autor und Publizist ruft zum Optimismus auf ("Ja, Roboter nehmen
Jobs weg - aber sie schaffen auch Neue") und sagt: "Wir müssen die
Zukunft umarmen." Die Entwicklungen seien ohnehin unvermeidbar.
Vielmehr gelte es, diese - etwa beim Tracking - so zivil wie möglich
zu gestalten.
Zehntausende Besucher aus aller Welt strömten zu dem sechstägigen Interactive-Teil der SXSW. Wie wichtig die Konferenz geworden ist, zeigt, dass sie am vergangenen Freitag von niemand geringeren als US-Präsident Barack Obama eröffnet wurde.
SXSW Accelerator für Berliner Start-Up
"Neue Technologien befähigen Menschen zu Dingen, die sie sich niemals erträumt hätten. Aber gleichzeitig ermächtigen sie auch gefährliche Menschen", sagte Obama zu Herausforderungen der Politik mit der digitalen Entwicklung. Beim aktuellen Streit zwischen Apple und dem FBI um verschlüsselte Daten auf einem iPhone blieb der Präsident aber recht vage.
Während das Thema Datenschutz - aus aktuellen Anlass - in den USA an Fahrt gewinnt, blieb die Debatte um Hasskommentare im Internet auf der SXSW nur ein Randthema. Bei vielen der rund tausend Vorträge, Interviews und Diskussionsrunden standen die von Kelly erwähnten Topthemen im Fokus - in all ihren Facetten.
Google-Manager Chris Urmson sprach als Chefentwickler der selbstfahrenden Autos des Internet-Konzerns. Der Zeitpunkt kam für ihn etwas ungünstig: Hatte doch erst kürzlich einer der Roboterwagen einen Unfall mitverursacht. Im "German Haus" standen Themen wie Smart Cities oder virtuelle Realität auf der Agenda. Großen Erfolg feierte das Berliner Start-Up Splash, das eine App entwickelte, die das unkomplizierte Produzieren von VR-Videos per iPhone ermöglicht. Dafür wurden es mit dem begehrten "SXSW Accelerator"-Preis ausgezeichnet.
Parallele Welten
Bei dem Wettbewerb war auch Nicolas Chibac in der Kategorie virtuelle Realität angetreten. Der Hamburger hat eine Drohne mit integriertem 360-Grad-Kamerasystem entwickelt. "Virtuelle Realität ist schon ein umstrittenes Thema", sagt Chibac. "Wie bei den meisten neuen Technologien habe sie gute und schlechte Seiten". Natürlich sei die Vorstellung beängstigend, dass Menschen künftig vielleicht mehrere Stunden am Tag in eine parallele, virtuelle Welt abtauchten. Aber mit Hilfe der Drohne - ausgestattet mit Wärmesensoren - könne etwa in Katastrophengebieten oder einsturzgefährdeten Gebäuden effizient nach Überlebenden gesucht werden.
Für die zahlreichen Startups, die sich in Austin tummeln, kann die SXSW das ideale Sprungbrett sein - ob durch mediale Aufmerksamkeit oder den Kontakt mit Investoren. Ein Vorbild für viele Jungunternehmer ist Kevin Plank. Der 43-Jahre alte Gründer des Sportartikel-Anbieters Under Armour ist Vorzeigebeispiel für den "Amerikanischen Traum". Vor 20 Jahren rief er das Unternehmen im Keller seiner Großmutter ins Leben. 2015 lag der Umsatz bei knapp 4 Milliarden Dollar.
Smarte Sportschuhe und das neue Öl
Auf Sportkleidung alleine setzt der ehrgeizige Unternehmer schon lange nicht mehr. In den vergangenen Jahren investierte Plank mehrere hundert Millionen Euro in digitale Zukäufe. Zu Under Armour zählen inzwischen vier Sport-Apps aber auch smarte Turnschuhe und viele andere Wearables und Tracking-Tools, die Schritte, Herzfrequenz oder Schlaf messen. "Daten sind das neue Öl", sagt Plank. Diejenigen Firmen, die Daten lesen und auswerten könnten, seien diejenigen, die gewinnen würden.
Aber wie sieht den nun die Welt in 20 Jahren aus? Sicher scheint, dass die Veränderungen rasant kommen und gravierend sind. "Die Zukunft ist schwer zu greifen", sagt "Wired"-Gründer Kelly. Eine Online-Enzyklopädie wie Wikipedia oder Verkaufsplattform wie eBay habe man sich vor ein paar Jahrzehnten auch nicht vorstellen können. "Wir müssen häufiger an das Unmögliche glauben." Eine konkrete Prognose für 2036 könne er daher nicht geben. "Die Dinge, die in 20 Jahren wichtig und bedeutend sind, wurden noch gar nicht geschaffen."