Forschung

Wider das Wurstfinger-Problem: Der Touchscreen der Zukunft

Potsdamer Professor forscht nach besseren Displays
Von dpa / Marc Kessler

Der berührungsempfindliche Bildschirm ist bei vielen Neuheiten der Berliner Funkausstellung IFA das Eingabegerät der Wahl. Doch der Potsdamer Professor Patrick Baudisch blickt bereits weiter: Zusammen mit Mitarbeitern und Studenten am Hasso-Plattner-Institut (HPI) treibt er mehrere Forschungsprojekte zur Zukunft des Touchscreens voran.

"Durch die Verschmelzung von Tastatur und Bildschirm sind mobile Geräte nicht kleiner, sondern größer geworden", erklärt der Experte für die "Human Computer Interaction" (HCI), also für das Zusammenspiel von Mensch und Computer. Ein Beispiel ist Apples iPad, das von Kritikern gern als zu groß geratenes iPhone bezeichnet wird.

Baudisch sieht in den kleinen mobilen Geräten ein großes Zukunftspotenzial, gerade auch in globaler Perspektive: "Wir haben knapp eine Milliarde PCs auf der Welt, aber viereinhalb Milliarden Mobiltelefone." Daher sei es sinnvoll, die Möglichkeiten der Handys so zu erweitern, dass sie alle wesentlichen PC-Funktionen mit übernehmen können.

Eingaben von der Rückseite des Displays?

Apple iPad Apple iPad: Zu groß geraten?
Foto: Apple
"Allerdings haben die kleinen Geräte eine zentrale Unzulänglichkeit, nämlich die Kleinheit des Displays", bemängelt Baudisch. "Unsere Forschungsagenda ist es, die inhärente Kleinheit dieser Geräte mit technischen Mitteln zu umgehen." So ist es ein Problem der bisherigen Touchscreens, dass der Finger ausgerechnet diejenigen Objekte auf dem Bildschirm verdeckt, mit denen eine Interaktion stattfinden soll. Dadurch kommt es immer wieder zu fehlerhaften Eingaben, die in der Fachwelt etwas frech als "Fat-Finger-Problem" bezeichnet werden.

Weil man den Finger nicht durchsichtig machen kann, verfolgt das Projekt nanotouch das Konzept, die Rückseite eines halb durchsichtigen Bildschirms berührungsempfindlich zu machen. "Durch die Verlegung der Eingabe auf die Rückseite nutzen wir die einzige Fläche dieser Geräte, die tatsächlich noch unbenutzt ist", erklärt Baudisch. Das Ergebnis ist eine deutlich präzisere Ansteuerung der Bildschirmobjekte: "In unseren Studien haben Testteilnehmer Ziele mit einer Größe von 2,8 Millimetern mit 98-prozentiger Sicherheit getroffen."

Lernfähige Touchscreen-Geräte geplant

Ein anderer Ansatz zur Vermeidung von "Wurstfinger"-Problemen besteht darin, dem Gerät die individuellen Touch-Gewohnheiten eines Nutzers beizubringen. So lässt sich für jeden Nutzer ein "persönliches Profil der Touchbedienung" ermitteln. Dabei wird unter anderem registriert, in welchem Winkel der Touchscreen berührt wird.

"Bei dem Projekt Ridgepad bestand die grundlegende Einsicht darin, dass sich Benutzer recht grundlegend unterscheiden, wenn es um Berührungseingabe geht, also dass es überhaupt etwas zu personalisieren gibt", erklärt der HPI-Professor. "Auf der Basis dieser Einsicht haben wir einen Prototypen gebaut, der doppelt so präzise ist wie alles, was vorher da war."

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