Absage

Sinneswandel: Musk will Twitter nicht mehr kaufen

Elon Musk hat den Kauf des sozialen Netz­werks Twitter abge­sagt. Das will das betrof­fene Unter­nehmen nicht akzep­tieren und droht nun mit einer Klage.
Von dpa /

Musk sagt Kauf von Twitter ab Musk sagt Kauf von Twitter ab
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Die turbu­lente Twitter-Über­nahme durch Elon Musk hat die Chaos-Stufe erreicht: Der Tech-Milli­ardär tritt vom Kauf zurück, doch die Firma will den Deal vor Gericht durch­boxen. Musks Anwälte begrün­deten den Rück­zieher am Freitag mit angeb­lich unzu­rei­chenden Infor­mationen zur Zahl der Fake-Accounts bei dem Kurz­nach­rich­ten­dienst. Twitter zeigte sich über­zeugt, dass man sich in einem Rechts­streit durch­setzen würde. Die Twitter-Aktie sackte im nach­börs­lichen Handel am Freitag mehr als fünf Prozent ab.

Über­raschend kommt Musks Kehrt­wende nicht: Musk hatte schon seit Wochen die Twitter-Zahlen öffent­lich ange­zwei­felt. Das wurde von Beob­ach­tern als Versuch inter­pre­tiert, zumin­dest den Preis zu drücken. Zu seinem Gebot wäre der Deal mehr als 44 Milli­arden Dollar (rund 43 Milli­arden Euro) schwer, während Twitter an der Börse zuletzt rund 28 Milli­arden Dollar wert war. Beob­achter hatten speku­liert, dass Musk ange­sichts der Preis­dif­ferenz nicht mehr gewillt war, an dem ursprüng­lichen Gebot fest­zuhalten.

Musk wollte Trump zurück auf Twitter holen

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Musk hatte im Früh­jahr zum Kauf von Twitter ange­setzt. Er betonte wieder­holt, es gehe ihm dabei nicht um Geld, sondern vor allem darum, die Rede­frei­heit auf der Platt­form zu stärken. So sagte Musk, er würde den von Twitter verbannten ehema­ligen US-Präsi­denten Donald Trump wieder zurück auf die Platt­form lassen.

Der Verwal­tungsrat des Online-Dienstes sperrte sich zunächst gegen Musks Gebot von 54,20 Dollar je Aktie, akzep­tierte es dann aber doch. Als nächstes sollten in den kommenden Monaten die Aktio­näre über den Verkauf ihrer Anteile an Musk abstimmen. Musks Preis wäre für viele von ihnen ein guter Deal: Schon vor seinem Rück­zieher am Freitag ging das Papier bei nur 36,81 Dollar aus dem US-Handel.

Musk erklärte Deal schon im Mai für ausge­setzt

Musk versuchte schon seit Mitte Mai, angeb­lich falsche Schät­zungen von Twitter zur Zahl der Spam- und Fake-Accounts zum Thema zu machen. So erklärte er den Über­nah­medeal deswegen bereits für ausge­setzt. Musks Anwälte erklärten nun, Twitter habe es seit fast zwei Monaten versäumt, Musk und seinem Bera­ter­stab die benö­tigten Daten­zugänge zur Über­prü­fung der Angaben zu Fake-Accounts bereit­zustellen. Unter anderem seien Abrufe über Schnitt­stellen begrenzt worden. Musks Seite bezeichnet das als einen Bruch der Vertrags­pflichten, der eine Auflö­sung der Kauf­ver­ein­barung recht­fer­tige. Ob das Gericht in Dela­ware das genauso sieht, wird von US-Beob­ach­tern ange­zwei­felt.

Twitter schätzt - und zwar schon seit einiger Zeit - dass die Zahl der gefälschten Accounts bei weniger als fünf Prozent liegt. Musk zwei­felte das an - bereits nachdem er die Über­nah­mever­ein­barung unter­schrieben hatte.

Twitter: "Musk muss kaufen"

Twitter will Musk nicht aus dem Kauf­ver­trag raus­lassen. Man halte daran fest, den Verkauf zu dem mit ihm verein­barten Preis abzu­schließen und plane, dafür vor Gericht zu gehen, betonte Verwal­tungs­rats­chef Bret Taylor.

Musk und Twitter haben eine Strafe von einer Milli­arde Dollar verein­bart, falls eine Partei den Deal nicht umsetzen kann. Dabei geht es aber eher um Probleme wie eine geschei­terte Finan­zie­rung als eine Kehrt­wende.

Musk ist bereits Groß­aktionär mit einem Anteil von gut neun Prozent, den er vor Ankün­digung der Über­nah­mepläne an der Börse zusam­men­kaufte. Auch hier gab es Ärger. So hielt Musk die Frist nicht ein, in der das Über­schreiten der Betei­ligung von fünf Prozent öffent­lich gemacht werden muss. Da nach dieser Mittei­lung der Akti­enpreis hoch­sprang, wird Musk in einer Anle­ger­klage vorge­worfen, er habe mit der Verzö­gerung viel Geld beim Kauf weiterer Aktien gespart.

Musk hätte Teil seines Vermö­gens einsetzen müssen

Auch wenn Musk betonte, es gehe bei dem Twitter-Deal nicht um Geld, so hätte er dafür jedoch einen Teil seines Vermö­gens einsetzen müssen. Der Chef des Elek­tro­auto­bauers Tesla und der Raum­fahrt­firma SpaceX ist zwar der mit Abstand reichste Mann der Welt - sein auf über 220 Milli­arden Dollar geschätzter Besitz besteht jedoch haupt­säch­lich aus Aktien. Um Geld flüssig zu machen, trennte er sich zum Teil von Anteils­scheinen. Auch wollte er Kredite aufnehmen und andere Geld­geber ins Boot holen.

Für Twitter bedeutet die Entwick­lung poten­ziell weitere Monate der Unge­wiss­heit. Der Online-Dienst kürzte bereits seine Ausgaben.

Dass versucht wird, Über­nahmen in dieser Größen­ord­nung abzu­blasen, passiert selten, kommt aber vor. So wollte das fran­zösi­sche Luxus­artikel-Konglo­merat LVMH, die Über­nahme des US-Juwe­liers Tiffany unter Verweis auf Geschäfts­ein­brüche in der Corona-Pandemie absagen. Der Streit endete damit, dass Tiffany ein nied­rigeres Gebot von 131,5 Dollar pro Aktie statt der ursprüng­lichen 135 Dollar akzep­tierte.

Twitter hat laut Vorwürfen der US-Regie­rung Kontakt­daten von Nutzern für Werbung verwendet - das kostet den Online-Dienst nun 150 Millionen Dollar.

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