Umsetzung umstritten

Digitalradio Deutschland veröffentlicht Masterplan zum UKW-Ausstieg

Der Verein Digitalradio Deutschland hat einen Masterplan mit Eckpunkten zum Ausstieg aus der analogen UKW-Verbreitung vorgelegt, um dem Digitalradio DAB+ den Weg zu ebnen. Ob dieser überhaupt Gehör findet darf allerdings bezweifelt werden.
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UKW-Radios dürften bald Empfangsschwierigkeiten bekommen. Die Frage ist nur: Wann? UKW-Radios dürften bald Empfangsschwierigkeiten bekommen. Die Frage ist nur: Wann?
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Über fünf Millionen Deutsche nutzen bereits Digitalradios mit DAB und DAB+ zum Radioempfang. Im Vergleich zum analogen UKW-Hörfunk mit über 65 Millionen Nutzern ist dies allerdings immer noch wenig. Laut dem Verein Digitalradio Deutschland e.V., in dem öffentlich-rechtliche und private Sender sowie Netzbetreiber aktiv sind, sei für eine Zukunftssicherung und Weiterentwicklung des Mediums Radio der Umstieg auf eine eigenständige digitale terrestrische Verbreitung im Standard DAB+ jedoch unumgänglich, ergänzt durch die digitale Verbreitung via Internet. Hierfür müsste der analoge UKW-Hörfunk nach einer möglichst kurzen Simulcast-Phase abgeschaltet werden. In einem Aktionsplan hat Digitalradio Deutschland nun die Wege zum Ausstieg aus der analogen Radioverbreitung erörtert und die Eckpunkte formuliert. Dabei müssten alle mitwirken – öffentlich-rechtliche und private Sender, die Politik und die Landesmedienanstalten. Der Aktionsplan dürfte auf wenig Gegenliebe der ARD stoßen, die sich gegen einen festen Abschalttermin ausspricht.

ARD soll sich eindeutig zu DAB+ bekennen

UKW-Radios dürften bald Empfangsschwierigkeiten bekommen. Die Frage ist nur: Wann? UKW-Radios dürften bald Empfangsschwierigkeiten bekommen. Die Frage ist nur: Wann?
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Zunächst sei die eindeutige Erklärung von ARD und Deutschlandradio zu DAB+ als dem Standard der künftigen Programmverbreitung und zum erforderlichen schnellen Aufbau der notwendigen flächendeckenden nationalen und regionalen Multiplexe nötig. Im nächsten Schritt soll die Investitions- und Aufwandsplanung mit der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Landesrundfunkanstalten (KEF) besprochen werden.

Es folgen die aktive Kommunikation der langfristig beabsichtigten Abschaltung von UKW und des Umstiegs auf die digitale Verbreitung von Hörfunk im Standard DAB+ im Rahmen von Werbe- und Marketingmaßnahmen in der Öffentlichkeit. Ziel sei zunächst die Abdeckung von mindestens 98 Prozent der Fläche und die mit digitalen Empfangsgeräten von mindestens 50 Prozent. In Zusammenarbeit mit der Politik soll ein verpflichtender Abschalttermin der UKW-Verbreitung erarbeitet werden.

Fixes UKW-Abschaltdatum 2025

Der Verein Digitalradio Deutschland nennt 2025 als Abschaltdatum der analogen Verbreitung. Eine Überprüfung des Datums sollte 2020/2021 und dann 2023 erfolgen. Nur ein solches Datum werde die notwendige Klarheit und Planungssicherheit schaffen für Programm-Veranstalter, für Radio-Nutzer, für Hersteller, den Handel und für die bei allen Markt-Akteuren notwendige Kommunikation und das Marketing. Die Voraussetzungen für einen digitalen Umstieg könnten bei einem bis 2015 erfolgten klaren Bekenntnis zu DAB+ und der Verabredung zu den skizzierten regulatorischen Maßnahmen in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren, also bis 2025, erfüllt sein, heißt es aus dem Verein.

Die endgültige Entscheidung über einen Umstieg im Jahr 2025 könne nach Prüfung der aufgestellten Kriterien 2020, spätestens 2023, getroffen werden. Auf Grundlage der Prüfung könne dann auch eine eventuelle kurzjährige Verschiebung nach vorne oder nach hinten verabredet werden.

Privatradios brauchen Anschubfinanzierung

Ein Problem: Die meisten privaten Programmanbieter wollen aktuell überhaupt keinen Technologiewechsel und lehnen einen Einstieg in die DAB+-Technologie und erst recht eine Abschaltung von UKW ab. Das hat einerseits eher marktrelevante Gründe: Die Wettbewerbssituation auf UKW ist wegen des Frequenzmangels stabil, während bei einer stärkeren Nutzung von DAB+ neue überregionale, regionale und lokale Player in Konkurrenz zu den etablierten Radioanbietern im Kampf um Hörer und Werbeeinnahmen treten.

Andererseits können die kommerziellen Programme den Senderaufbau und Simulcast-Betrieb von digitalen Angeboten nur schwer leisten. Auch ist für sie die Finanzierung des aufwändigen und unter Umständen langen Simulcast-Betriebs nicht finanzierbar. Es müsse daher laut Digitalradio Deutschland der gesetzliche Rahmen dafür geschaffen werden, dass diese Investitionen und der möglichst kurzfristige Parallelbetrieb zeitlich befristet gefördert werden können – ähnlich wie beim Aufbau der Kabelnetze in den 1980er-Jahren. Auch daher sei es notwendig, die Zeit des Parallelbetriebes und die Migration zu DAB+ so kurz wie möglich zu halten. Durch die zeitlich eingegrenzte "Anschubfinanzierung" würden private Programmanbieter motiviert, neue Programmangebote zu kreieren und anzubieten, hofft zumindest der Verein.

Medienanstalten sollen keine neuen UKW-Lizenzen mehr erteilen

Auch die Landesmedienanstalten sollen ihre Lizenzierungspraxis ändern. Für die nationalen Multiplexe sollte eine "Plattform-Lizenzierung" ermöglicht werden, ohne die bisherige aufwändige Zulassung einzelner Programmanbieter. Ein Plattformanbieter hätte somit die Möglichkeit, schnell und wirkungsvoll im Markt zu handeln und auf Veränderungen zu reagieren.

Die Landesmedienanstalten seien laut Digitalradio Deutschland zudem aufgefordert, ihre lizenzrechtlichen Zeiträume zu überprüfen und die Laufzeit der bisherigen UKW-Frequenzen bei Neulizenzierung so anzupassen, dass bei einem Abschaltdatum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch alle privaten UKW-Lizenzen enden. Neue UKW-Lizenzen sollen nur noch vergeben werden, wenn parallel dazu die DAB-Bespielung verpflichtend mit lizenziert wird (Vorbilder sind Bayern und Sachsen-Anhalt). Festzulegen sei zudem, ab wann keine UKW-Lizenzen mehr erteilt werden. Neue UKW-Lizenzen sollen gar nicht mehr vergeben werden, sondern die Frequenzen Veranstaltern von Hörfunkprogrammen via DAB+ befristet als Stützfrequenzen zugewiesen werden.

Erfolg von Aktionsplan eher unwahrscheinlich

Ob der Aktionsplan überhaupt bei Politik, Medienanstalten und privaten Veranstaltern Gehör finden wird, darf allerdings bezweifelt werden. Die Tendenz geht bei vielen Sendern, aber auch der Politik eher dahin, dass die Entwicklung bei digitalen Radiotechnologien weiter dem Markt überlassen werden soll und beim analogen UKW alles beim Alten bleibt. So hat Focus-Herausgeber Helmut Markwort anlässlich der Verleihung des Deutschen Radiopreises gefordert, dass auch in Zukunft alleine die Hörer entscheiden sollen, wie und auf welchem Verbreitungsweg sie Radio hören.

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