Umstellung

IPv6 Day: Viele Unternehmen schalten dauerhaft neues Protokoll

Experten fordern Richtlinien für Datenschutz und Privatsphäre
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IPv6 Day: Viele Unternehmen schalten dauerhaft auf neues Protokoll IPv6 Day: Viele Unternehmen schalten dauerhaft auf neues Protokoll
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Wie bereits im Frühjahr angekündigt, wird der diesjährige IPv6 Day kein Testballon mehr sein: Viele Provider und Webseiten-Betreiber stellen dauerhaft auf das Internet-Protokoll der neuen Generation um. Gleichzeitig fordern Experten, mit der Umstellung auch neue Richtlinien für Datenschutz und Privatsphäre aufzustellen.

Nachdem anfänglich nur wenige Unternehmen eine dauerhafte Umstellung an die Internet Society gemeldet hatten, findet sich mittlerweile eine vierstellige Anzahl von Unternehmen unter den Teilnehmern. Momentan haben sich 2 539 Webseitenbetreiber und 58 Netzwerk-Firmen gemeldet. Bei den Herstellern von Heimroutern ist die Ausbeute allerdings nach wie vor gering: Dort sind nur Cisco, D-Link und ZyXEL gelistet.

IPv6: 340 Sextillionen IP-Adressen für die ganze Welt

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Im vergangenen Jahr hatten die meisten Anbieter den IPv6 Day lediglich für vorübergehende Testumstellungen genutzt. Auch in Deutschland haben sich mittlerweile einige Firmen dazu entschlossen, dauerhaft zu IPv6 zu wechseln. Unternehmen, die sich zu diesem Schritt entschlossen haben, können dies dem Deutschen IPv6-Rat mitteilen.

Der Informatikwissenschaftler Prof. Christoph Meinel, der Direktor des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) in Potsdam und Vorsitzender des deutschen IPv6-Rats, ruft Firmen explizit dazu auf, die Chance zu nutzen. Das "alte", auf IPv4 basierende Internet könne nicht mehr wachsen, da der Vorrat an IPv4-Adressen praktisch erschöpft sei.

Das Institut hat ausgerechnet, dass IPv6 340 Sextillionen IP-Adressen für Netzanschlüsse bereitstellt. Das ist eine Zahl mit 39 Stellen. Mit diesem Volumen könnten - bildlich gesprochen - umgerechnet für jeden einzelnen Quadratmillimeter Erdoberfläche rund 667 Billiarden IP-Adressen vergeben werden. Das HPI geht davon aus, dass IPv6 sicher nicht sofort alle Probleme des Internets lösen und das alte IPv4-Netz mit einem Schlag ersetzen wird. Vielmehr werde der IPv4-Standard weiter existieren und einen kleinen Teil des Internet-Adressraums ausmachen.

IPv6-Umstellung soll neue Regeln zu Datenschutz und Privatsphäre bringen

Meinel ist dafür, bei der flächendeckenden Einführung von IPv6 auch Regeln bezüglich Datenschutz und insbesondere im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre aufzustellen. Der deutsche IPv6-Rat hat dafür zusammen mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar im Frühjahr Leitlinien [Link entfernt] besprochen. Dort heißt es beispielsweise "Der Benutzer erwartet von ISP-Providern und Netzwerkgeräteherstellern eine Unterstützung, die Möglichkeit einer dauerhaften Identifikation bei der Nutzung von Ressourcen und Diensten im Internet gegenüber Dritten weitgehend zu verhindern bzw. zu erschweren. [...] Für den Benutzer muss je nach Notwendigkeit die Möglichkeit bestehen, sowohl mit statisch vergebenen IPv6 Adressen, d.h. dauerhaft identifizierbar, Transaktionen im Internet durchzuführen, als auch (teil-)anonymisiert und damit nicht (einfach) zurückverfolgbar, z.B. vermittels von dynamisch vergebenen Anteilen im IPv6 Adresspräfix oder vermittels dynamischer neu vergebener Präfixe auf Kundenwunsch z. B. per Knopfdruck, sein. Die jeweilige Entscheidung darüber soll/muss beim Benutzer liegen."

Besonders interessant ist das Fazit, zu dem der IPv6-Rat und der Datenschutzbeauftragte gemeinsam kommen: "Anstelle einer, die Erprobung von sinnvollen IPv6-basierten Techniken zum Datenschutz und zur Gewährleistung der Privatsphäre (zu) frühzeitig einschränkenden Reglementierung, soll eine umfassende Sensibilisierung und Aufklärung der Benutzer zur Erlangung der notwendigen Medienkompetenz für einen verantwortungsbewussten Umgang mit persönlichen Daten erfolgen."

IPv6-Einführung vom Arbeitsaufwand mit Euro-Einführung vergleichbar

Einer der deutschen Unterstützer des IPv6 Day ist Strato: Vorstandsvorsitzender Damian Schmidt möchte die Umstellung so durchführen, dass die Nutzer davon nichts mitbekommen. Den Arbeitsaufwand beschreibt er wie folgt: "Das ist die Herausforderung bei diesem Projekt: Es ist so, als würde man in ganz Deutschland ein zweites, besseres Autobahnnetz bauen - aber ohne auf den alten Autobahnen Baustellen einzurichten oder sie gar zu sperren", sagt Schmidt. "Die Einführung von IPv6 verursacht in der IT etwa den gleichen Aufwand wie die Einführung des Euro." Der Anteil des IPv4-Traffics könnte nach Auffassung von Schmidt bereits Ende dieses Jahrzehnts verschwindend gering sein.

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