Ausprobiert

Amazon-Smartphone im Test: Fire Phone mit 3D-Display enttäuscht im Alltag

Mit dem Fire Phone hat Amazon sein erstes Smartphone auf den Markt gebracht. Es will mit Gimmicks wie einem 3D-Display, der Scan-Funktion FireFly und Gestensteuerung punkten. In Deutschland gibt es das Fire Phone nur mit Telekom-SIM-Lock. Wir haben das Amazon-Smartphone getestet.
Von Rita Deutschbein

FireFly: Die Datenbank des Smartphones

Amazon hat an der linken Seite seines Smartphones unter der Lautstärkewippe einen speziellen Button angebracht, mit dem sich die Suchfunktion FireFly mit einem Klick starten lässt. Will man den vom Hersteller speziell entwickelten Scanner nutzen, braucht man zwingend eine Verbindung zum Internet, da sich das Fire Phone alle relevanten Daten zu gescannten Medien oder Produkten aus Datenbanken wie Wikipedia und IMDb oder aus dem Fundus von Amazon zieht.

Fire Phone im Detail: Kamera, Glasrückseite, Gummi-Rahmen Fire Phone im Detail: Kamera, Glasrückseite, Gummi-Rahmen
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Über die Hauptkamera kann so gut wie alles gescannt werden – angefangen von Gemälden, über Lebensmittel, elektronischen Gegenständen, Filmen, Musik oder klassischen Barcodes. FireFly ist in der Lage, auf einem Plakat hinterlegte Kontaktdaten wie die Webadresse und die Telefonnummer herauszufiltern und direkt im Adressbuch zu speichern. Auch erkennt die Funktion mithilfe der Lautsprecher Textpassagen in Filmen oder Songs und gibt Informationen zum Titel und den Interpreten bzw. den in der Szene vorkommenden Schauspielern. In Verbindung mit Prime Instant Video und dem Amazon-Musik-Dienst kann der gefundene Film oder das Musikstück gleich abgespielt werden - hier macht sich der eigentliche Gedanke hinter Amazons Dienst deutlich: der Nutzer soll zum Kauf animiert werden.

Ebenfalls scannen lassen sich Lebensmittel oder andere Gegenstände. Mithilfe von Gesundheits-Apps können die Nahrungsmittel der Liste der verzehrten Speisen unter Angabe der Kalorien zugefügt werden oder der Nutzer kann sich das Produkt im Online-Shop von Amazon anzeigen lassen und kaufen. Während FireFly mit Lebensmitteln oder Drogerie-Produkten kaum Probleme hatte und auch Filmsequenzen beispielsweise aus der Serie Big Bang Theorie innerhalb von Sekunden erkannte (vorausgesetzt der Ton der zu scannenden Sequenz war ausreichend laut), hatte der Scanner mit elektronischen Produkten Probleme. Kaum ein Technik-Produkt wurde zuverlässig erkannt.

Fotoqualität der Kamera

Die Hauptkamera mit f2.0-Blende macht Fotos mit maximal 13 Megapixel und wird von einem LED-Blitz sowie einem optischen Bildstabilisator unterstützt. Vorne am Smartphone gibt es für Selfies eine 2,1-Megapixel-Kamera. Die Kamera-App fällt jedoch sehr spartanisch aus. Wir haben keine Möglichkeit gefunden, die Auflösung manuell anzupassen. Lediglich Modi wie HDR, Best Shot und Panorama lassen sich einstellen. Nett ist die Funktion Linsenraster, bei der aus verschiedenen Perspektiven Bilder von einem Objekt aufgenommen werden, die im Anschluss zu einer 3D-Ansicht zusammengesetzt werden. So lassen sich animierte GIF-Dateien anfertigen, die auch auf anderen Geräten angeschaut werden können.

Beispielfoto bei Tageslicht: Unscharf im Detail Beispielfoto bei Tageslicht: Unscharf im Detail
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Positiv ist, dass die Kamera-App mit dem FireFly-Button schnell gestartet werden und durch die Lautstärketaste auch ohne Berührung des Touchscreens ausgelöst werden kann. Auch löst die Kamera zügig aus, sodass viele Fotos hintereinander aufgenommen werden können. Die Qualität der Fotos ist nicht überragend, reicht aber für gelegentliche Aufnahmen oder Schnappschüsse. Bei schwarzen Flächen gibt es selbst bei Tageslicht sichtbares Bildrauschen und im Detail wirken Aufnahmen etwas schwammig. Gut schlägt sich die Kamera jedoch bei Nachtaufnahmen. Im Dunkeln ohne Blitz sind noch detailreiche, wenn auch verrauschte Fotos möglich, da die Kamera die Bilder nachoptimiert, sprich im Nachhinein beleuchtet. Bei heller Umgebung führt diese Funktion jedoch dazu, dass Fotos überleuchten. Beispiele haben wir in Originalgröße zur Verfügung gestellt.

Technische Ausstattung nicht ganz zeitgemäß

Damit das System bei Funktionen wie FireFly oder der Darstellung von 3D-Abbildungen nicht ins Stocken gerät, wurde im Fire Phone ein Snapdragon 800 mit 2 GB Arbeitsspeicher sowie eine Adreno-300-Grafikeinheit verbaut. Amazon selbst sprach bei der Präsentation des Smartphones im Zuge der IFA 2014 von der aktuellsten Ausstattung, eine Meinung, die wir angesichts des Prozessors nicht teilen können. Immerhin gibt es mit dem Snapdragon 801 und 805 bereits zwei neuere Generationen. Die vier Kerne der CPU haben eine Taktrate von 2,2 GHz und sind leistungsstark genug, um auch anspruchsvolle Anwendungen zu meistern.

Kamera-Menü des Amazon Fire Phone hat nur wenige Einstellungsmöglichkeiten Kamera-Menü des Amazon Fire Phone hat nur wenige Einstellungsmöglichkeiten
Bild: teltarif.de / Rita Deutschbein
Der Snapdragon 800 hat einen guten Ruf und bietet eine solide Leistung. Im Test konnten wir weder beim Streamen von HD-Filmen noch beim Spielen von 3D-Games Ruckler oder lange Wartezeiten feststellen. Auf einen Vergleich mit anderen Smartphones müssen wir an dieser Stelle verzichten, da wir klassischerweise auf die Benchmark-Tests von AnTuTu und 3DMark zurückgreifen - beide Apps sind für das Fire Phone aber nicht verfügbar. Seltsam, denn auf dem Kindle Fire HDX konnten wir im App Shop die App von 3DMark herunterladen. Auf dem Fire Phone fanden wir das Programm hingegen nicht einmal in der Cloud unter den von uns bereits bezogenen Apps.

Der Akku des Fire Phone hat eine Kapazität von 2 400 mAh und ist fest verbaut. Eine Ladung reicht aus, um zwei etwa zweistündige Filme zu streamen. Bei üblichen Smartphone-Aufgaben ist nach einem Werktag die Puste aus. Gerade im Standby-Modus - beispielsweise über Nacht - verliert die Batterie vergleichsweise schnell Energie. Hatte der Akku am Abend noch 33 Prozent Ladung, war das Smartphone am nächsten Morgen aus, da die Batterie vollständig entladen war. Alles in allem eine unbefriedigende Leistung des Akkus, die in keinem Aspekt an die Angabe des Herstellers herankommt.

Schummelei mit dem internen Speicher

Bei unserem Testgerät handelte es sich um die Version mit 32 GB internem Speicher. Ein Blick in die Geräteangaben ließ uns aber etwas verwundert zurück, denn statt der angegebenen Kapazität brachte unser Fire Phone lediglich einen Speicher mit knapp 25 GB mit, von denen nach Abzug des Systems noch etwa 24 GB frei waren. Unterm Strich fehlen dem Telefon also 7 GB Speicherkapazität, was besonders ärgerlich ist, da das Fire Phone über keine Speichererweiterungsmöglichkeit mittels microSD-Karte verfügt.

Die einzige von Amazon vorgesehene Möglichkeit, Daten, Apps oder eigene Dokumente auszulagern, ist die Amazon Cloud. Apps, die einmal im App Shop erworben wurden, befinden sich in der virtuellen Wolke und lassen sich von dort jederzeit auf das Smartphone installieren - vorausgesetzt es besteht eine Internet-Verbindung.

Fire Phone und Telekom: Preisvergleich und Markteinordnung

Das Amazon Fire Phone ist nur über die Webseite des Online-Händlers oder bei der Telekom zu haben. In Verbindung mit einem Telekom-Vertrag Magenta Mobil M oder höher gibt es das Telefon für 1 Euro. Wird das Fire Phone zum günstigeren Tarif-Modell Magenta Mobil S bestellt, zahlt der Kunde einmalig 59,95 Euro. Details zu den neuen Tarifen der Telekom haben wir in einer weiteren Meldung zusammengefasst.

Vertragsfrei gibt es das Fire Phone mit 32 GB Speicher für 449 Euro, die 64-GB-Variante kostet 100 Euro mehr. Beide Modelle verfügen über einen SIM-Lock und können daher nur mit einer Telekom-SIM betrieben werden. Preislich ordnet sich das Mittelklasse-Smartphone somit im oberen Bereich ein. Zum Vergleich: Das Galaxy S5 in der 16-GB-Version kostet bei Media Markt derzeit 479 Euro und kann mit SIM-Karten beliebiger Provider betrieben werden.

Fazit: Fire Phone mit vielen guten Ansätzen, insgesamt aber enttäuschend

Die Einzelnoten im Handy-Test:
  • Technische Ausstattung: 3
  • Bedienung, Handling, Software: 3,5
  • Hardware, Verarbeitung, Material: 2
  • Basis-Feature des Handys: 2,3
  • Einschätzung des Redakteurs: 2,7
  • Gesamtnote: 2,7
Das Fire Phone muss sich vielen Erwartungen stellen, was nicht zuletzt daran liegt, das es bereits seit Jahren Spekulationen über das Telefon gegeben hat. Was Amazon dann aber präsentierte, enttäuschte. Es kommt nicht oft vor, das ein Smartphone einen derart kontroversen Eindruck hinterlässt. Einerseits ist die technische Ausstattung solide - Amazon setzt auf einen bewährten Prozessor, einen ordentlich großen Arbeitsspeicher und auch das HD-Display konnte im Test gut abschneiden. Beim Speicher hat der Hersteller aber geschummelt und bietet deutlich weniger Kapazität an als versprochen.

Auch ist die Bedienung des Gerätes sehr gewöhnungsbedürftig und viele Funktionen wie beispielsweise die 3D-Darstellung hatten nur zu Beginn den gewissen Coolness-Faktor. Im alltäglichen Betrieb blieb von diesem aber nicht viel übrig. Das K.O.-Kriterium im Test war vor allem aber der Akku, der über Nacht im Standby-Modus über 30 Prozent an Ladung verloren hat.

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