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Die nächsten 10 Jahre: Immer mehr Bits über immer kürzere Kabel

Festnetz im Wandel
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Vor zehn Jahren war ISDN der höchstwertige für Privatnutzer bezahlbare Telefonanschluss. Er bot bei Kanalbündelung die Bitrate von 2x64 kBit/s = 128 kBit/s. Heute sind DSL-Zugänge mit 16 000 kBit/s oder gar noch höherer Geschwindigkeit in vielen Gebieten verfügbar - die mehr als hundertfache Leistung.

In den nächsten zehn Jahre wird die für Privatnutzer verfügbare Bitrate weiter kräftig steigen, aber nicht nochmals um den Faktor hundert. Der Grund hierfür ist, dass DSL schon aktuell an physikalische Grenzen stößt, und ein immer höherer Aufwand getrieben werden muss, um noch mehr Bits in derselben Zeit durch dasselbe Kabel zu quetschen. Der Umstand, dass viele Kunden seit Jahren vergeblich auf Bereitstellung von DSL an ihrem besonders weit von der Vermittlungsstelle entfernten Anschluss warten, zeugt von den Problemen.

Glasfaser, VDSL und FTTx

Glasfasern kennen das Längenproblem hingegen nicht. Sie tragen etliche Gigabit pro Sekunde, entsprechend Millionen von Kilobit pro Sekunde, über Dutzende von Kilometern, ohne, dass ein Verstärker nötig wäre. Doch dafür sind die hauchdünnen Fasern sehr empfindlich und sehr schwer zu schalten. Die Lösung lautet daher, Glasfasern bis in Kundennähe zu verwenden und erst auf den letzten Metern wieder auf Kupfer zu wechseln.

Derzeit wird die Telekom für die entsprechenden Investitionen in VDSL viel gescholten. Auch die Bundesregierung steht wegen der Lex Telekom, die bei "neuen Technologien" wie V-DSL den Regulierungsdruck verringern soll, in der Defensive.

Der Streit um VDSL und verwandte Technologien wird die nächsten Jahre mit Sicherheit weitergehen, denn FTTx ("fibre to the office/building/neighborhood/curb etc.") ist die Zukunft des Festnetzes. Es ist nicht die Frage, ob sich die entsprechenden Investitionen rechnen, sondern ab wann. Dabei ist die Annahme eines Zeitraums von etwa fünf Jahren realistisch, bis die FTTx-Technologie sogar billiger wird als bestehende Konzepte, und folglich die langen Kupferkabel nach und nach überflüssig macht. In zehn Jahren wird der Rückbau der klassischen Vermittlungsstellen, voll im Gange sein. Die Kunden, auch solche ohne DSL, werden dann über aktive Technik in den Kabelverteilern oder Kellern der Mietshäuser versorgt. Nur noch an wenigen Knoten, an denen die Glasfasern zusammenlaufen, werden weiterhin große Vermittlungssysteme stehen. Aber auch diese werden zunehmend wie Rechenzentren aufgebaut sein, mit hunderten oder tausenden von Servern, und nicht mehr wie klassische Vermittlungssysteme.

Wettbewerb zum Breitbandkabel

Aufgrund besseren Aufbaus des Kabels kann das Breitbandkabel, wie es insbesondere für Kabelfernsehen eingesetzt wird, wesentlich höhere Bitraten tragen als normales Telefonkabel. Jedoch teilen sich diese Bitrate alle in einem Segment zusammengeschlossenen Haushalte. Pro Kunde bleibt am Schluss damit ähnlich viel üblich wie bei DSL, und Breitbandanschlüsse für Internet und Telefon über Breitbandkabel werden somit zunehmend zur Konkurrenz zum klassischen Telefonanschluss.

Da beide Systeme - Telefonkabel und Breitbandkabel - ein umfassendes Inhalteangebot liefern, wird es hier in den nächsten zehn Jahren zum Verdrängungswettbewerb kommen. Die meisten Haushalte werden in zehn Jahren nur noch einen Anschluss haben, der die drei Dienste Telefonie, Fernsehen und Internetzugang bereitstellt. In vielen Regionen wird der Kunde zwischen beiden Systemen wählen können, in anderen Regionen kann es auch passieren, dass das dort beliebtere System das andere fast vollkommen verdrängt: "The winner takes it all".

Ebenso wird die Zahl der Haushalte steigen, die das Handy zum Telefonieren verwenden und das Festnetz nur noch für Internetzugang und/oder Fernsehversorgung brauchen. Ein nicht unerheblicher Teil der Haushalte wird sogar den Festnetzanschluss komplett abschaffen und alle Dienste rein über mobile Netze nutzen.

Normale Telefonie immer billiger, "Service" immer teurer

Telefonate zum Nachbarn oder zum Bekannten in der nächsten Stadt werden immer öfters in der Flatrate enthalten sein, die die Kunden zum immer kleineren Preis zu ihrem Anschluss zubuchen können. Flatrates für Anrufe zum Handy werden in den nächsten zehn Jahren ebenfalls deutlich beliebter, dank der hohen Interconnect-Entgelte aber auch in zehn Jahren nicht zum Standardprodukt werden, das die Mehrheit der Kunden bezieht.

Bei Service- und Sondernummern ist der Preistrend hingegen genau anders herum. Hier sind die Betreiber der Nummern an immer höheren Auszahlungen interessiert.

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