verkabelt

Editorial: Wohin mit der Glasfaser?

Der Wettkampf um die nächste Generation des Festnetzes beginnt
Von

Kupferkabel haben viele Nachteile: Der Rohstoff ist teuer, die Datenrate durch Dämpfung, Über- und Nebensprechen limitiert. Schon nach wenigen Kilometern Kabellänge ist Schluss für DSL, selbst in der so genannten light-Variante mit nur 0,384 MBit/s. Glasfaserkabel können hingegen pro Faser 10 000 MBit/s und mehr über Dutzende von Kilometern übertragen, bevor eine erneute Verstärkung erforderlich ist. Dafür sind Sende- und Empfangseinheiten ("Transceiver") teuer, und Glasfaserkabel generell schwierig zu handhaben: Bei zu starker Biegung brechen die Fasern, und das Verbinden von zwei Kabeln erfordert zumeist das aufwändige Verschweißen der haarfeinen Fasern mit speziellen Geräten (im Fachjargon "Spleißen" genannt).

Aufgrund des hohen Installationsaufwands ist es verständlich, dass Projekte, Glasfaser bis in die Wohnungen zu legen ("fibre to the home", kurz FTTH), zumeist wieder eingestellt worden sind. Um so mehr Bedeutung gewinnen die Abwandlungen FTTB ("fibre to the building", auch "fibre to the basement") und FTTN ("fibre to the neighborhood", auch "fibre to the node"), bei denen die Glasfaser fast bis zum Kunden gelegt wird und ein herkömmliches Kupferkabel die letzten Meter im Haus (FTTB) oder die letzten hundert Meter vom Kabelverteiler bis zum Kunden (FTTN) übernimmt.

Dank des forcierten VDSL-Ausbaus der Deutschen Telekom ist FTTN derzeit in Deutschland für deutlich mehr Kunden verfügbar als FTTB. Allerdings bietet die Telekom derzeit nur Bitraten von 25 bis im Höchstfall 50 MBit/s an, und das auch nur in Verbindung mit einem Entertain-Paket, so dass hohe monatliche Gesamtkosten auf den Nutzer zukommen.

Dank der derzeit ungewissen Regulierungssituation für VDSL-Vorleistungen, wozu insbesondere der Zugang zu Kabelverteilern der Telekom gehört, setzt die Konkurrenz schon aus Gründen der Investitionssicherheit auf FTTB. NetCologne in Köln, Martens und HanseNet mit Alice in Hamburg, wilhelm.tel in Norderstedt oder M-Net in München können dadurch auch mit Datenraten von bis zu 100 MBit/s glänzen - und das zu noch vertretbaren Kosten von knapp 50 Euro monatlich inklusive Telefonanschluss und DSL-Flatrate beispielsweise bei HanseNet. Es gibt aber auch eine Initiative für einen gemeinsamen VDSL/FTTN-Aufbau der Telekom-Konkurrenten.

Ausgang ungewiss

Beide Ausbaukonzepte - FTTN und FTTB - haben ihre spezifischen Vor- und Nachteile. FTTN ist zumeist günstiger, insbesondere dann, wenn man auf einer bestehenden Kupfer-Infrastruktur aufbauen kann. FTTB oder gar FTTO ("fibre to the office") erlaubt hingegen die höheren Datenraten. Entscheidend für den Markterfolg wird somit sein, wie sich die Bereitschaft der Kunden entwickelt, hohe Aufpreise für höhere Bandbreiten zu zahlen.

Entscheidend wird somit das Marketing. Gelingt es der Werbung, 50 MBit/s und mehr als die "absolute Untergrenze" für einen "vernünftigen" Internetanschluss in den Köpfen zu etablieren, dann wird sich der höhere Aufwand für FTTB schnell wieder reinholen lassen. Sind die Kunden etwas zurückhaltender und geben sich auch mit 25 MBit/s zufrieden, hat FTTN die besseren Karten. Reicht der überwältigenden Mehrheit der Kunden hingegen gar 1 bis 2 MBit/s von normalem DSL, dann rechnen sich die Glasfaser-Investitionen vielleicht erst in weiter Ferne oder nie.

Auf jeden Fall sollte die Telekom mehr über FTTB nachdenken, insbesondere also große Mietshäuser oder Gewerbeobjekte auch direkt ans Glasfasernetz anschließen und nicht nur den Verteilerkasten davor. Auch die diversen mit OPAL versorgten Häuser sollten dank moderner FTTx-Technik endlich in den Genuss von DSL kommen. FTTN eignet sich hingegen hervorragend, um auch entfernte Siedlungen ans Hochgeschwindigkeitsnetz anbinden zu können - vorausgesetzt, es gibt eine Möglichkeit, kostengünstig eine Glasfaser dorthin zu legen, etwa durch bereits bestehende Kabelkanäle.

Die Bundesnetzagentur ist hingegen aufgefordert, schnell für diskriminierungsfreien und wechselseitigen Zugang zu sorgen. Das hilft sowohl dem Kunden in einem mit NetCologne-FTTB versorgten Neubau, der sich einen "Telekom"-Anschluss wünscht, als auch für den Telekom-Kunden, der VDSL vielleicht nicht mit dem Entertain-Angebot der Telekom bündeln will, sondern mit einem Konkurrenzprodukt wie maxdome von 1&1, oder einfach nur als "nackten" Internet-Zugang zum bestmöglichen Preis nutzen will.

Weitere Editorials

Artikel zum Thema Regulierung des neuen VDSL-Netzes der T-Com