Editorial: Bringt Werbung für Disney+ die Wende?
Disneys neues Streaming-Preismodell ist nicht nachhaltig
Bild: Disney
Nun also ist die Katze aus dem Sack: In den USA können Fans von Mickey, Marvel und Star Wars künftig ein teils werbefinanziertes Preismodell von Disney+ buchen. Kostenpunkt: 7,99 US-Dollar im Monat. Gleichzeitig steigt der Preis für das werbefreie Premium-Abo auf 10,99 US-Dollar. Während die 10,99 Dollar gemessen am Inhalt durchaus angemessen sind, geht der Medienkonzern beim werbefinanzierten Preismodell ein Risiko ein. Denn dort liegt die Preissensibilität potenzieller Neukunden deutlich höher.
Werbung bringt Abonnenten kaum Vorteile
Disneys neues Streaming-Preismodell ist nicht nachhaltig
Bild: Disney
Ein Blick auf alle bisherigen Netflix-Angebote zeigt deutlich, dass die Erfolgsaussichten von Ad supported Modellen wenig Vorteile bieten. So liegt man zwar drei Euro unter dem werbefreien Basisabo, dafür fallen aber zahlreiche Inhalte weg. Werbeeinblendungen wirken darüber hinaus äußerst aufdringlich, wie sich zumindest in unserem kurzen Praxistest zeigte.
Somit bleibt die Frage: Sind Kunden wirklich bereit, diese erheblichen Nachteile für drei Euro Ersparnis zu akzeptieren? Bei Disney+ ist der Fall sogar noch problematischer, denn für 7,99 US-Dollar (wobei der Preis in Europa 1:1 in Euro umgerechnet werden dürfte) fallen die Vorteile offensichtlich noch geringer aus. Man darf nicht vergessen, dass Disney+ ursprünglich für unter sieben Euro in Deutschland werbefrei startete.
Weitere Preiserhöhungen sind sicher
Wer zwischen acht und zehn Euro im Monat für Streaming bezahlt, will dann verständlicherweise auch keine Reklame mehr sehen. Vor allem nicht, wenn Konkurrenten wie Prime Video oder Paramount+ zu diesem Preis bereits werbefrei sind. Disney kann in entsprechenden Preissegmenten also nicht mit großem Wachstum bei Abonnentenzahlen rechnen, wird aber höchstwahrscheinlich auf der anderen Seite sogar bisherige Kunden vergraulen.
Und das ist längst nicht alles. Wie in den vergangenen Wochen bekannt wurde, legte der Mickey Mouse-Konzern keine glänzenden Geschäftszahlen vor. Die Antwort auf Inflation und steigende Kosten sind Einsparungen und Preiserhöhungen. In dieser Hinsicht hat Disney im Prinzip nur zwei wesentliche Stellschrauben: Vergnügungsparks und Streaming. Doch gerade bei Preiserhöhungen in den Parks gab es erheblichen Aufschrei. Es ist so sicher wie das sprichwörtliche Amen in der Kirche, dass auch Konzernchef Bob Iger angesichts bestehenden ökonomischen Drucks weitere Preiserhöhungsrunden im Streaming verkündet.
Reine AVoD-Modelle sind akzeptiert
Mittelfristig sind "mischfinanzierte" Preismodelle aus AVoD und SVoD eher kritisch zu sehen. Werbung dürfte bei Abonnenten von Premium-Streamern nur wenig Anklang finden. Erfolgversprechender ist Werbung eher bei reinen AVoD-Services wie Pluto TV oder Freevee. Hier zeigt sich deutlich, dass Zuschauer bereit sind, für den kostenfreien Streaming-Genuss Werbung zu akzeptieren. Doch auch hier achtet vor allem Amazon darauf, dass die Spots dezent ausgespielt werden und zu den Interessen der Zuschauer passen.
Disney und Netflix dürften mit Werbung langfristig keine großen Sprünge machen. Schon gar nicht bei Preisen um acht Euro im Monat. Noch setzt der Mickey Mouse-Konzern auf seine starke Marke und werthaltigen Content von Marvel und Star Wars. Dieses Argument zieht beim Publikum sowohl in den USA als auch in Europa und dem Rest der Welt. Noch.