Editorial: Wende im Mobilfunkmarkt?
Kommt der deutsche Mobilfunkmarkt in Bewegung?
Foto/Montage: teltarif.de, Logos: Anbieter
Oft gibt es Grund zur Freude, wenn das eigene Land in Rankings einen Spitzenplatz belegt. Zum Beispiel bei der Wirtschaftsleistung oder Qualität von Hochschulen. Es gibt aber auch Rankings, in denen man wirklich nicht vorne liegen möchte. Zu nennen wären die Preise für Energieversorgung oder auch Mobilfunkdienstleistungen. In Deutschland hatten Mobilfunknetzbetreiber lange Zeit den Ruf, Apothekenpreise für ihre Dienstleistungen abzurufen.
Zumindest bei der Deutschen Telekom und Vodafone hat sich daran bis heute nicht wirklich viel geändert. Wer mit seinem Smartphone unlimitiert ins Netz möchte, zahlt dort auch im Jahr 2022 immer noch Mondpreise, welche durchaus die 80 Euro-Schallmauer knacken. Man hat fast den Eindruck, die Zeit würde bei der Telekom stillstehen: Schon im Jahr 2000 brachte T-Online eine "Unlimited"-Flatrate für 79 D-Mark unters Volk. Für das analoge Festnetz und ISDN, versteht sich.
Der Wind dreht sich
Kommt der deutsche Mobilfunkmarkt in Bewegung?
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Vermutlich wäre Deutschlands Mobilfunkmarkt schon ein ganzes Stück weiter, hätte man damals nicht mit E-Plus den wichtigsten Challenger aus dem Markt gezogen. Hätte, hätte - was bringt es, über die Fehler der Vergangenheit zu sprechen? Umso besser ist es, wenn mit 1&1 wieder ein vierter Netzbetreiber in Deutschland an den Start geht. Allein dies sollte (sofern das Netz endlich bundesweit steht) die Wettbewerbsbedingungen grundsätzlich verändern. Natürlich werden die Preise weiter sinken, wenn sich Telekom sowie Vodafone und Telefónica den Markt nicht mehr zu drei gleich großen Kuchenstücken sichern können.
Auch Deutschlands wichtigster Serviceprovider freenet kann ein zusätzliches Netz ins Angebot aufnehmen und entsprechende Tarifableger stricken. Für Mobilfunkkunden bedeutet das neben günstigeren Preisen auch mehr Vielfalt. Nicht zu vergessen: Alle Anbieter bekommen mehr Druck, ihre Netze weiter auszubauen bzw. zu optimieren. Denn auch dieser Druck ist bei lediglich drei Netzbetreibern am Markt in den vergangenen Jahren eher gesunken - sofern man von Auflagen der Netzagentur absieht.
Was wird aus Vodafone?
Insbesondere Vodafone galt in den vergangenen Jahren als Sorgenkind der Mobilfunkbranche. Immer wieder fühlten sich Kunden über den Tisch gezogen, wenn es um den Vertrieb der Düsseldorfer ging. Ob an der Haustür, im Vodafone-Shop oder am Telefon: Kunden hatten plötzlich Verträge am Hals, die sie gar nicht abschließen wollten. Nicht selten wendeten sich diese in ihrer Not an teltarif.de, um wieder aus ihren Verträgen zu kommen.
Trotz Premiumpreisen ließ allerdings auch die Netzqualität bei Vodafone immer wieder zu Wünschen übrig. Gut möglich, dass sich auch daran in Zukunft etwas ändert. So gibt es mittlerweile von Investorenseite Druck auf Vodafone, die Strategie grundsätzlich zu ändern. Dabei geht es aber nicht nur um den Rückzug aus spezifischen Märkten, ebenso steht eine Abspaltung des Netzbetriebs zur Debatte. Auch der Einstieg von Xavier Niel bei Vodafone könnte als Sinneswandel gewertet werden: Immerhin hat sich Iliad in Europa nicht im Hochpreissegment etabliert, sondern war als Challenger erfolgreich. Warum sollte das nicht auch in Düsseldorf Schule machen?
Druck durch freenet
Bislang galten vor allem die zahlreichen 1&1-Drillisch-Ableger wie sim.de, handyvertrag.de & Co. als Challenger im deutschen Mobilfunkmarkt. Doch freenet hat nicht aufgegeben. Mit MegaSIM demonstriert man erneut, dass Unlimited-Datentarife auch dauerhaft ohne Vertragslaufzeit für unter 20 Euro möglich sind und setzt Mitbewerber unter Druck. Ein gutes Zeichen, dass der Markt weiterhin in Bewegung bleibt.
Es versteht sich von selbst, dass auch dieser Schritt die Netzbetreiberkonkurrenz weiter animiert, ihre Tarifmodelle nach unten hin anzupassen. Gleichwohl ist übermäßige Euphorie vorerst nicht angebracht. Bei allen aus Verbrauchersicht positiven Entwicklungen werden die etablierten Netzbetreiber auch weiterhin alles daran setzen, sich im hochpreisigen Mobilfunkland Deutschland nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen.