Spitzel-Affäre

Telekom wollte möglicherweise Bundesnetzagentur bespitzeln

Auch Daten anderer Mobilfunk-Netzbetreiber wurden ausgewertet
Von ddp / dpa / Marie-Anne Winter

Die Telekom wollte nach einem Zeitungsbericht möglicherweise auch die Bundesnetzagentur als zuständige Aufsichtsbehörde ausspähen. Die Frankfurter Rundschau (FR [Link entfernt] ) berichtete vorab, der Geschäftsführer der Firma Network habe Ende April an die Telekom geschrieben, "Konkret geplant und beauftragt" sei auch die Überwachung der "wichtigsten Entscheidungsträger" einer "nicht unwichtigen Regulierungsbehörde mit Sitz in Bonn" gewesen. Alle Überwachungsprojekte seien direkt vom Vorstand beauftragt und über das Büro des Aufsichtsrats bezahlt worden. Eine Sprecherin der Bundesnetzagentur sagte dem Blatt, dazu lägen keine Informationen vor.

Der Zeitung zufolge könnte die Telekom bei der Bespitzelung von Journalisten auch auf Daten anderer Kommunikationsunternehmen zurückgegriffen haben. So habe ein von der Telekom überwachter Journalist ein Mobiltelefon des Konkurrenten E-Plus benutzt. E-Plus-Sprecher Guido Heitmann sagte dem Blatt, sein Unternehmen müsse zu Abrechnungszwecken Gesprächsdaten an die Telekom liefern. Dies geschehe jeden Tag millionenfach. Da ein Großteil der Telefonate in Deutschland das Netz der Telekom berühre, bekomme die Telekom zur Abrechnung auch fast alle Daten.

Unterdessen gab der frühere Telekom-Kommunikationschef Jürgen Kindervater Ex-Konzernchef Kai-Uwe Ricke Rückendeckung. Es sei abwegig, anzunehmen, Ricke habe Aufträge zum Ausspionieren der Telefonverbindungsdaten von Aufsichtsräten des Konzerns und von Journalisten erteilt, sagte Kindervater der Berliner Zeitung. Auch Rickes Vorvorgänger Ron Sommer wäre niemals so weit gegangen.

Gegen Ricke sowie den früheren Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und sechs weitere Personen ermittelt die Staatsanwaltschaft Bonn wegen des Verdachts auf Verletzung des Fernmeldegeheimnisses sowie möglicher Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Auslöser war das Eingeständnis der Telekom, es seien jahrelang Telefongesprächsdaten von Aufsichtsräten des Konzerns sowie von Wirtschaftsjournalisten analysiert worden, um so Informationslecks in den eigenen Reihen aufzuspüren.

Sicherheitslecks bei T-Mobile schon seit 2006 bekannt

Die Mobilfunksparte der Telekom soll nach einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) im Jahr 2006 Sicherheitslücken aufgewiesen haben. Zu diesem Schluss kommen konzerninterne Untersuchungen bei T-Mobile, deren Ergebnisse der Zeitung Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ) vorlägen. Die Prüfer bemängelten unter anderem, dass Telekom-Mitarbeiter unerlaubt vertrauliche Informationen aus jenem Teil des Telekom-Netzwerks abrufen könnten, der laut Gesetz allein staatlichen Ermittlern offensteht. Chef von T-Mobile war damals der heutige Telekom-Vorstandsvorsitzende René Obermann.

Zudem habe eine simulierte Attacke auf die IT-Infrastruktur durch interne Hacker nach Einschätzung der Prüfer "ernst zu nehmende Schwächen" erkennen lassen: Die Angreifer hätten auf finanzielle oder kundenbezogene Daten zugreifen und diese manipulieren können, heißt es laut FTD in dem streng vertraulichen Bericht für das Telekom-Management.

Ein Konzernsprecher sagte, dass die 2006 im Rahmen der Untersuchungen festgestellten Mängel inzwischen behoben seien. "Unsere Kundendaten sind grundsätzlich sicher", sagte er. Die Erkenntnisse von 2006 stünden zudem in keinem Zusammenhang mit den aktuellen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Obermann hatte nach Bekanntwerden der Spitzelaffäre gesagt, er habe erstmals im Sommer 2007 von Ermittlungen gegen Journalisten erfahren.

Die Untersuchung, die Telekom-intern unter dem Projektnamen "Linda" lief, sei seinerzeit von Obermann angestoßen worden, sagte der Sprecher. Anlass für die Untersuchung sei ein im gleichen Jahr bekanntgewordener Abhörskandal in Griechenland gewesen, bei dem Handygespräche von Politikern belauscht wurden.

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