vor Gericht

avanio/Funsurf24 zahlt Internet-Gebühren zurück

Provider kündigt außerdem Rückzug aus Schmalband-Geschäft an
Von Björn Brodersen

Internetnutzer, die sich vom 10. bis zum 20.  Juni 2005 über das Einwahltool Smartsurfer von web.de im Zugang vanio.flexi des Internetproviders avanio bzw. Funsurf24 eingewählt haben, können jetzt endlich darauf hoffen, unwissentlich gezahlte "Monatsgebühren" zurückzuerhalten. Die Verbraucherzentrale Berlin berichtet, die Funsurf24 GmbH habe sich am 21. Januar dieses Jahres vor dem Landgericht Dresden dazu verpflichtet, bei Vorlage der entsprechenden Belege für die Einwahl zu dem betreffenden Zeitpunkt diesen Internetnutzern in Zukunft keine Gebühren mehr einzuziehen und für die Vergangenheit die Hälfte der bereits eingezogenen Gebühren zu erstatten. Damit könnte womöglich eines der für Verbraucher ärgerlichsten Kapitel der vergangenen Jahre im Internet-by-Call-Bereich abgeschlossen werden.

Der Vergleich zwischen der Funsurf24 GmbH und der Verbrauchernzentrale vor dem Landgericht Dresden beinhaltet unter anderem die Rückerstattung der Hälfte der bereits gezahlten Grundgebühren durch die Funsurf24, teilen die Verbraucherschützer mit, ansonsten drohe der Funsurf24 eine Vertragsstrafe. Für die Rückerstattung und die Beendigung weiterer Monatsbeitragsrechnungen durch die Funsurf24 müssen die Verbraucher allerdings folgende Nachweise vorlegen:

  • Nachweis, dass die Einwahl vom 10. bis zum 20. Juni 2005 bei "vanio.flexi" unter der Nummer 01935 1515 über den Smartsurfer erfolgt ist. Der Nachweis erfolgt durch die Kostenübersicht des Smartsurfers, in der alle Einwahldaten aufgelistet sind.
  • Telefonrechnungen, auf denen die Grundgebühr für den "avanio Internetzugang" berechnet wurde
  • Nachweis, dass die Telefonrechnungen bezahlt wurden
Betroffene Internetnutzer haben laut Verbraucherzentrale auch die Möglichkeit, ihre Rückzahlungsforderungen vollständig geltend zu machen. Dies werde in der Regel jedoch auf eine gerichtliche Auseinandersetzung zwischen dem Internetnutzer und der Funsurf24 GmbH hinauslaufen. Solche Klagen sind in der Vergangenheit oftmals gescheitert. Mit dem Vergleich mit der Verbraucherzentrale ist keine Anerkenntnis durch die Funsurf24 verbunden.

Stiftung Warentest geht von bis zu einer Million vanio-flexi-Nutzern aus

Wie bereits mehrfach von teltarif.de berichtet, hatten zahlreiche Internet-by-Call-Nutzer über das Einwahltool Smartsurfer automatisch eine Online-Verbindung im Tarif vanio.flexi aufgebaut. Durch die Einwahl entstanden vielen Nutzern sogenannte "Clubmitgliedschaftsgebühren", die der Anbieter für bestimmte Zusatzdienste erhob. Das Fatale: Die Nutzer wurden - wie im herkömmlichen offenen Internet by Call - bei der Einwahl ins Internet nicht über die zusätzlich anfallenden Kosten informiert, zudem berechnete avanio/Funsurf24 den Nutzern nach der ersten Einwahl die Gebühren jeden Monat auf Neue. Zahlreiche Betroffene bemerkten den Posten, der in den meisten Fällen bei 4,50 Euro lag, erst nach Jahren - selbst in den vergangenen Wochen erreichen die teltarif.de-Redaktion noch E-Mails von Internetnutzern, die die Kosten für das ungewollte Abo erst jetzt entdeckt haben.

Nach Schätzungen der Stiftung Warentest sind 800 000 bis eine Million Surfer über den Smartsurfer bei vanio.flexi gelandet. "Wohl weit über zehn Millionen Euro kassiert die Funsurf24 GmbH als avanio-Anbieter von Surfern, die sich auf der Suche nach dem günstigsten Minuten-Tarif über den Smartsurfer und vanio.flexi eingewählt haben", mutmaßte das Institut im November 2008.

Die Verbraucherzentrale Berlin ist gegen diese Form der unerwünschten Mitgliedschaft gerichtlich vorgegangen und hat die Funsurf24 GmbH im Dezember 2007 auf Unterlassung verklagt. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale hatten die Geschädigten lediglich einen Vertrag über die einmalige Nutzung des Internetzugangs geschlossen. Wie die Verbraucherschützer mitteilen, haben sich bei ihnen über 400 Betroffene gemeldet, zudem gehen sie von weiteren ahnungslosen "Beitragszahlern" aus. Die Verbraucherzentrale Berlin rät daher allen früheren Smartsurfer-Nutzern und avanio-Kunden, ihre Telefonrechnung daraufhin zu überprüfen, ob dort ein "avanio-Internetzugang" abgerechnet wird. Entsprechende Musterbriefe, um der Abbuchung zu widersprechen, und die genauen Bedingungen für die Rückerstattung sind auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Berlin unter http://www.vz-berlin.de/avanio [Link entfernt] zu finden.

Funsurf24: Kein Geschäft mehr mit Schmalband-Zugängen zu machen

Die Funsurf24 GmbH hat dagegen angekündigt, ihr Angebot von Schmalband-Internetzugängen demnächst einzustellen. Dies betreffe sowohl By-Call-Internetzugänge als auch "registrierungspflichtige Internet-by-Call-Tarife mit monatlicher Grundgebühr" wie etwa den vanio.flex. Die offizielle Begründung des Unternehmens: "Wegen der andauernden Wirtschaftskrise rechnen wir mit einem sprunghaften Anstieg von Kunden, die auf der Suche nach einer günstigen DSL-Flatrate sind", sagt Funsurf-Geschäftsführer David Gregor. Noch im Mai vergangenen Jahres hatte das seit Jahren in der Kritik von Verbraucherschützern stehende Unternehmen von einer "gegen die Funsurf24 GmbH angezettelten Kampagne" gesprochen. Zurzeit ist die Einwahl über den Zugang vanio.flexi noch möglich, die "monatlichen Grundkosten" liegen inzwischen bei 5,22 Euro.

Mit der Einstellung des Angebots von Schmalband-Internetzugängen wolle die Funsurf24 GmbH "auf die sich wandelnden technischen Voraussetzungen bei den Nutzern reagieren und sich zukünftig ganz auf profitable Geschäftszweige konzentrieren". Hierzu gehörten auch Zusatzdienstleistungen und werbefinanzierte Angebote. Bleibt abzuwarten, was sich dahinter verbergen wird.

Strafverfahren gegen zwei avanio-Verantwortlich

Laut einem aktuellen Bericht der Stiftung Warentest läuft gegen die zwei avanio-Verantwortlichen ein Strafverfahren. Sie würden gewerbsmäßigen Betrugs in 416 Fällen beschuldigt und hätten jetzt Gelegenheit, zur Anklageschrift Stellung zu beziehen. Danach werde der zuständige Strafrichter am Amtsgericht Dresden entscheiden, ob ein Hauptverfahren eröffnet oder das Verfahren vorläufig einstellt werde.