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Radiochef warnt: Rundfunk im Katastrophenfall alternativlos

Viele kommerzielle Radioveranstalter sehen die Zukunft des Hörfunks im Internet. Der Geschäftsführer einer der größten deutschen Radiogruppen warnt seine Kollegen nun eindringlich vor einem solchen Szenario: Das mobile Internet gewährleiste keine sichere und stabile Übertragung in Krisenfällen.
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Emergency-Warning-System bei DAB+ Emergency-Warning-System bei DAB+
Bild: Bayern Digitalradio
Willi Schreiner, Geschäftsführer des Hörfunkveranstalters Neue Welle Bayern, hat seine Radio­kollegen erneut ausdrücklich davor gewarnt, anstelle von DAB+ die Zukunft des digitalen Hörfunks ausschließlich im Internet zu sehen. Der größte Netzausfall bei der Telekom vom vergangenen Wochenende habe "leider bestätigt, dass das mobile Internet keine sichere und stabile Übertragungstechnologie für den Hörfunk ist", sagt Schreiner in einer Mitteilung. Außerdem stehe die Integration des Broadcast-Modus über LTE/5G erst ganz am Anfang, bis 2025 könnte vielleicht die Technologie marktreif sein. Allerdings stünden die dafür notwendigen Frequenzen erst ab 2030 zur Verfügung, so Schreiner.

Emergency-Warning-Funktion bei DAB+

Emergency-Warning-System bei DAB+ Emergency-Warning-System bei DAB+
Bild: Bayern Digitalradio
"Die furchtbaren Hochwasser-Überschwemmungen, die seit Wochen andauern, zeigen auch, dass als Erstes immer die Internet- und WLAN-Verbindungen ausfallen. Dies bestätigt noch einmal die Forderung nach einer eigenständigen Rundfunk­technologie für die Terrestrik im digitalen Zeitalter. Dies kann nur DAB+ leisten", so Schreiner weiter.

Gerade für diese Naturkatastrophen, die in der letzten Zeit zunehmen, sei auch die Emergency-Warning-Funktion, die mittels DAB+ möglich ist, von großer Bedeutung. "Es geht um die unmittelbare und zuverlässige Information der breiten Bevölkerung auf alltäglich genutzten Digitalradioempfängern mit Durchsagen und detaillierten mehrsprachigen Texten", erklärt Schreiner. So schalte sich der Empfänger beispielsweise automatisch ein, wenn eine Notfalldurchsage von einer zentralen Leitstelle aus getätigt wird. Neben diesem akustischen Signal gebe es auch ein optisches und die Durchsage kann für fremd­sprachige Mitbürger in deren Mutter­sprache getätigt werden. Bisher gibt es allerdings mit Ausnahme eines Prototypen von Noxon noch keine Hardware, die das EWF (Emergency Warning Functionality)-System unterstützt.

Baden-Württemberg: Radioveranstalter wollen landesweit über DAB+ senden

In Baden-Württemberg haben sich unterdessen zahlreiche Unternehmen auf einen Call-of-Interest der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) zum Thema DAB+ gemeldet. Dabei habe sich heraus gestellt, dass die Mehrzahl der Veranstalter eine landesweite Verbreitung in Baden-Württemberg präferiert und weniger an regionalen Ensembles interessiert ist. Das teilte LfK-Sprecher Axel Dürr im Gespräch mit teltarif.de mit. Aus diesem Grund werde die LfK den Status quo einer landesweiten Verbreitung im Kanal 11B zunächst beibehalten und keine regionalen Ensembles starten. In Zusammen­arbeit mit den Privatradios soll vielmehr ein Konzept erstellt werden, wie die technische Reichweite des Multiplex, der bisher vorrangig nur die Haupt­verkehrs­achsen (die Autobahnen A5, A6 und A8) versorgt, optimiert werden kann.

Die LfK hatte das Konzept für eine weitere Ausbaustufe für DAB+ erarbeitet und startete dafür den Call for Interest. Die Konzeption sah vor, die bisherige einheitliche landesweite Verbreitung von 14 privaten Sendern auf vier Verbreitungs­gebiete zu regionalisieren und damit zu flexibilisieren. Der Call for Interest sollte der LfK als Informations­grundlage dienen, ob die Umsetzung wegen bestehenden Interesses zeitnah erfolgen kann oder zunächst zurück­gestellt werden sollte.

Dennoch macht ein Veranstalter einen Rückzieher: Der Berliner Privatsender Radio Paradiso verlässt den Baden-Württemberg-Mulltiplex zum 1. Juli. Es gebe laut Dürr aktuell einen Interessenten für eine Nachfolge, so dass die Medienanstalt die Kapazitäten kurzfristig neu ausschreiben könnte.

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