Rheinland-Pfalz will analogen UKW-Radios den Garaus machen
So wie viele setzen auch die DAB+ Radios von View Quest auf ein Retro-Design
Bild: View Quest
Im vergangenen Jahr wurden noch sechs Millionen rein analoge UKW-Radios verkauft. Dagegen gingen nur 950 000 Geräte mit Digitalradio DAB+ über die Ladentheke. Für dieses Jahr rechnet der Handel zwar erstmals mit über einer Million verkauften DAB+-Radios, trotzdem dürften rein analoge Modelle wieder deutlich die Mehrheit ausmachen.
Das Bundesland Rheinland-Pfalz hat davon jetzt genug und will eine Initiative zum Digitalradio starten. DAB+ biete mehr Radiovielfalt und sei nebenbei auch kostengünstiger, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer anlässlich des Digitalradiotages der ARD-Anstalten im Südwestrundfunk (SWR). Dreyer ist zugleich Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder. Die SPD-Politikerin ist zuversichtlich, dass Bund, Länder und Industrie einen Konsens darüber erzielen, um DAB+ weiter zu befördern. Grundsätzlich sei man sich einig, es gehe nur noch darum, wie.
Das Radio dürfte mit einer solchen Initiative dem Fernsehen folgen: Bereits seit 1997 ist in dem so genannten Fernsehsignalübertragungs-Gesetz (§ 5 FÜG) geregelt, dass ein TV-Gerät digitale Singale, zumindest den terrestrischen DVB-T/DVB-T2-Standard, verarbeiten können muss. Seither dürfen keine rein analogen TV-Geräte mehr auf dem deutschen Markt angeboten werden. Heute ist – bis auf den Verbreitungsweg Kabel – die Fernsehnutzung ausschließlich digital.
Malu Dreyer: DAB+ ist besser und soll daher Pflicht werden
So wie viele setzen auch die DAB+ Radios von View Quest auf ein Retro-Design
Bild: View Quest
Dreyer kündigte im SWR an, dass Rheinland-Pfalz im September eine Initiative starten werde, um den Verkauf von DAB+-fähigen Radiogeräten anzukurbeln. Die Hersteller von Radiogeräten sollen verpflichtet werden, dass diese Geräte auch digitale Signale empfangen können. Es sollen also nur noch Geräte auf den Markt kommen, die neben UKW auch DAB+ an Bord haben. Der Digitalfunk eröffne neue Perspektiven für ein altes, vertrautes Medium, sagt Dreyer: "Ich erwarte natürlich, dass wir dadurch eine bessere Hörfunk-Versorgung für die Bürger und Bürgerinnen erreichen. Auch niedrigere Verbreitungskosten und ein vielfältigeres Programmangebot mit wertvollen Zusatzdiensten, die leicht nutzbar sind - also eigentlich alle Vorteile der digitalen Übertragungstechnik."
Daher seien die Bundesländer der Auffassung, dass es wichtig ist, diese Technik auch voranzutreiben. DAB+ sei nach Ansicht von Dreyer auch notwendig, weil es die Zukunft des Radios als eigenständiges Medium in der digitalen Welt sichere. Die Hörer hätten es selbst in der Hand, sich von den Vorteilen des Digitalradios überzeugen zu lassen. Radio erreiche die unterschiedlichsten Zielgruppen und habe nach wie vor eine sehr große Ausstrahlungskraft, meint die rheinland-pfälzische Regierungschefin laut dem SWR.
Zuhörer noch nicht überzeugt von Technikumstieg auf DAB+
Im Rahmen des Digitalradiotages machten die ARD-Anstalten und das Deutschlandradio am Montag bundesweit in den Radio- und Fernsehprogrammen auf die Vorteile von DAB+ aufmerksam – rauschfreier Empfang, größeres Programmangebot, Zusatzinformationen in Text und Bild, ein besserer Verkehrsservice und vieles mehr. Bei den Zuhörern stieß das alles aber nicht nur auf Begeisterung. Viele zeigten im Internet in Reaktionen ihren Unmut über einen möglichen Technik-Wechsel beim Radio. Die Argumente pro DAB+ überzeugen viele nicht. Wer ein UKW-Programm ohne Probleme empfängt und damit zufrieden ist, fragt sich, warum er neue Radios kaufen soll.
Unterdessen wies ein Geschäftsführer eines Privatradiosenders, der sein Programm über DAB+ verbreitet, in einer Facebook-Gruppe darauf hin, dass viele seiner Hörer gar nicht wissen, dass sie digital-terrestrisch hören. Das sei beispielsweise der Fall, wenn DAB+ bereits serienmäßig ab Werk im Fahrzeug verbaut ist oder der Konsument einfach ein neues Küchenradio gekauft hat und dieses zufällig DAB+ an Bord hat.
Handelsverpflichtung fair gegenüber allen Programmveranstaltern
Alles in allem spricht - trotz Bedenken aus der Bevölkerung - vieles für eine Handelsverpflichtung. Wenn jedes Radio DAB+ an Bord haben muss, werden die Digitalradio-Chips bei hohen Abnahmemengen noch günstiger, die Preise für Radiomodelle steigen also nicht, bieten dafür aber einen deutlichen Mehrwert. Schon heute kosten Einstiegsmodelle mit DAB+ kaum mehr als rein analoge UKW-Radios. Bei kleinen Kofferradios beträgt der Aufpreis oft nur 10, bei größeren Anlagen zwischen 30 und 50 Euro. Nur die Fahrzeugbauer verlangen bei Werksmodellen zum Teil horrende Aufpreise für DAB+ von bis zu 1 000 Euro.
Eine Verpflichtung für DAB+ wäre auch fair gegenüber allen Programmveranstaltern, die aufgrund von Frequenzmangel keine UKW-Frequenzen besitzen und digital-terrestrisch senden müssen. Sie erhalten damit potenziell eine deutlich höhere Reichweite. Darüber ärgern dürften sich nur die UKW-"Platzhirsche", die DAB+ oft ablehnen: Sie werden es aufgrund der größeren Konkurrenz künftig schwerer haben. Nur darauf Rücksicht zu legen wäre aber ein fatales Zeichen: Der Konsument profitiert in jedem Fall von einem Radio, das auch DAB+ an Bord hat. Und wer weiter nur seinen Lokalradiosender hören möchte, kann das mit jedem Digitalradio weiter tun, denn ein UKW-Empfangsteil haben alle DAB+-tauglichen Modelle weiter an Bord.