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Darum ist DAB+ keine Brückentechnologie zu 5G Broadcast

Immer wieder hört man aus dem Kreis von Radio-Veran­stal­tern, dass DAB+ nur eine Brücken­tech­nologie auf dem Weg zu 5G Broad­cast sei. Wir klären auf, warum das sehr unwahr­schein­lich ist.
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Immer wieder wird eine Sau durchs Dorf getrieben: Der aktu­elle digital-terres­tri­sche Radio­stan­dard DAB+ sei ledig­lich eine Brücken­tech­nologie hin zu 5G Broad­cast. In der vergan­genen Woche kam diese Aussage von Schlager-Radio-Chef Oliver Dunk.

Nun ist es kein Geheimnis, dass viele private Hörfunk­ver­anstalter DAB+ nicht mögen. Die Tech­nologie wurde maßgeb­lich von der ARD entwi­ckelt. Radio­ver­anstalter müssen in einem Multi­plex senden, gleich­berech­tigt mit im Schnitt 15 Mitbe­wer­bern in einem Bouquet, während sie auf UKW eine Frequenz als Allein­stel­lungs­merkmal haben. Zudem hat sich DAB+ erst nach nun über zehn Jahren und auch nur dank poli­tischer Hilfe­stel­lungen wie einer Pflicht zum Einbau in Neuwagen so halb­wegs etabliert, obwohl noch immer der alte, analoge UKW-Hörfunk für mehr als 50 Prozent der Deut­schen der bevor­zugte Weg zum Radio­hören ist. Nur knapp über zwölf Prozent der Radio­hörer geben an, DAB+ primär zu nutzen. Und so ist es verständ­lich, dass ein Teil der Hörfunk­branche immer noch insge­heim auf etwas "Besseres" hofft. Aktuell wird 5G Broad­cast als eines der Allheil­mittel ange­sehen, wie zuvor bereits Smart­phone-Apps oder Smart Speaker. Aller­dings spre­chen viele Faktoren dagegen.

5G Broad­cast vor vielen unge­klärten Fragen

Empfang von 5G Broadcast per App auf dem Smartphone Empfang von 5G Broadcast per App auf dem Smartphone
Foto: teltarif.de
Zunächst einmal ist 5G Broad­cast, für dass es bisher keine Endge­räte gibt und dass ledig­lich in Pilot­ver­suchen erprobt wird, aktuell eher dafür vorge­sehen, Bewegt­bild-Inhalte auf mobile Endge­räte wie Smart­phones oder Tablets zu bringen. Beson­ders bei viel gefragten Events wie Fußball­spielen kommt das klas­sische Point-to-Point-Strea­ming an seine Grenzen, da die Nach­frage zu groß ist und es zu Problemen beim Strea­ming kommen kann. Der Broad­cast-Modus von 5G kann hier Abhilfe schaffen, da das Signal nur einmal an eine unbe­grenzte Zahl von Teil­neh­mern ausge­strahlt wird.

Wie bei jeder digi­talen Broad­cast-Tech­nologie kann bei 5G Broad­cast neben Video aber auch Audio über­tragen werden. Aktuell wird dies von den Prot­ago­nisten jedoch nicht ange­strebt. Es ist auch nicht vorge­sehen, 5G Broad­cast in weitere Endge­räte wie Koffer­radios oder Auto­radios zu imple­men­tieren. Doch selbst wenn man dies anstreben würde, stünde man vor den glei­chen Problemen wie bei der Einfüh­rung von DAB+: Nutzer müssten sich erneut neue Geräte anschaffen, nicht einmal aktu­elle Smart­phones wären ohne Modi­fika­tion dazu in der Lage, die 5G Broad­cast-Signale zu empfangen.

Außerdem müsste erneut ein komplett bundes­weites, neues Sender­netz in Betrieb genommen werden - und wie lange das dauern kann, zeigt sich bei DAB+. Der Aufbau der Sender­netze läuft nun schon über zwölf Jahre, und immer noch klaffen vor allem in länd­lichen Regionen viele Lücken.

Unklar­heit über Frequenzen

Stand heute soll 5G Broad­cast im UHF-Band verbreitet werden. Aufgrund der hohen Frequenzen könnte es zu noch größeren Problemen beim Indoor-Empfang kommen als bei DAB+. Und ob über­haupt ausrei­chend Frequenzen zur Verfü­gung stehen werden, ist ange­sichts des aktu­ellen Streits zwischen mehreren Akteuren frag­lich. Denn auch der Mobil- und Behör­den­funk will die begehrten Frequenzen haben, und selbst wenn der Rund­funk sie auch über 2030 hinaus nutzen darf, ist offen, wie viele Kanäle 5G Broad­cast über­haupt nutzen kann. Denn zumin­dest die ARD will auch weiter am digital-terres­tri­schen Fern­sehen DVB-T2 HD fest­halten, und auch dieses wird im UHF-Band ausge­strahlt.

Auch die Frage der Endge­räte ist bei 5G Broad­cast noch nicht geklärt. Die aktu­ellen Rund­funk­stan­dards DAB+ und DVB-T2 HD könnten ohne Probleme in Smart­phones oder Tablets inte­griert werden. Die Tele­kom­muni­kations-Konzerne blockieren dies aber erfolg­reich, da sie mobile Daten­volu­mina verkaufen wollen. Aus diesem Grund ist nicht in Stein gemei­ßelt, dass 5G Broad­cast tatsäch­lich kostenlos und ohne SIM-Karte den Weg in mobile Endge­räte findet, wie die Akteure dies wünschen.

DAB+ und Internet - ein Dream-Team

Letzt­end­lich haben wir aktuell schon ein Dream-Team im Bereich des digi­talen Hörfunks: DAB+ über­nimmt die Grund­ver­sor­gung. Wer mehr will - zusätz­liche Streams, Podcasts, weitere Audio-Ange­bote - findet jede Menge dieser Inhalte im Internet. Radio­ver­anstalter sollten also der Realität ins Auge schauen und die bestehenden Tech­nolo­gien weiter forcieren und aktiv bewerben anstelle von etwas "Besserem" zu träumen.

In einer weiteren Meldung lesen Sie: Die ARD stellt ab sofort histo­rische Radio-Mitschnitte per Strea­ming in der Audio­thek zur Verfü­gung.

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