Digitalraio

DAB+: Die Erfolgsstory, die keine sein darf

2017 wurden so viele Digitalradios mit DAB+ verkauft wie noch nie. Dennoch werden Kritikern wieder jede Menge Argumente einfallen, um den Erfolg schlechtzureden. Weil sie sich nicht von ihrem alten, geliebten Geschäftsmodell UKW trennen wollen.
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2017 wurden so viele DAB+ Radios verkauft wie noch nie 2017 wurden so viele DAB+ Radios verkauft wie noch nie
Foto: VQ
Es klingt nach einer absoluten Erfolgsstory: Immer mehr Kunden sind überzeugt vom designierten, digitalen UKW-Nachfolger und kaufen DAB+ Radios. Wie aus dem Markt für Home Electronics-Produkte (HE), dargestellt im HEMIX (Home Electronics Market Index) hervor geht, gingen im letzten Jahr rund 1,3 Millionen DAB+ Geräte über den Ladentisch. Es sind so viele wie noch nie in einem Jahr, mehr sogar als die aktuell gehypten Smart Speaker mit Alexa und Co. Das entspricht einem Wachstum von 11,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie die gfu Consumer & Home Electronics GmbH mitteilt. 2016 fanden knapp 1,2 Millionen DAB+ Radios ihre Käufer. Der Umsatz stieg in diesem Segment auf 198 Millionen Euro (plus 13 Prozent im Vergleich zu 2016).

UKW verliert in allen Segmenten

2017 wurden so viele DAB+ Radios verkauft wie noch nie 2017 wurden so viele DAB+ Radios verkauft wie noch nie
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Das Ergebnis ist aus Sicht des Vereins Digitalradio Deutschland umso erfreulicher, da umgekehrt der Absatz von UKW-Radios von Jahr zu Jahr sinkt. Der Personal Audio-Bereich sei mit einem Minus von 12,7 Prozent im Vergleich zu 2016 insgesamt rückläufig, das Segment der HiFi-Tuner mit UKW-Empfang verzeichne sogar ein Minus von 35 Prozent.

Für das laufende Jahr rechnet die gfu mit einem weiteren Wachstum bei DAB+ im Handel. Ohne zusätzlichen Markteingriff durch die Politik sollen dann 1,4 Millionen DAB+ Radios verkauft werden, was ein nochmaliges Plus von 7,2 Prozent bedeuten würde.

Sollte es der Politik gelingen die sogenannte Interoperabilitätsverpflichtung auf den Weg zu bringen, würde dies den Absatz von DAB+ Radios weiter beflügeln, so die Hoffnung des Digitalradio-Vereins. Interoperabilitätsverpflichtung bedeutet, dass jedes künftig in der EU verkaufte höherwertige Radiogerät über eine Schnittstelle zum digitalen Radioempfang, zum Beispiel für DAB+, verfügen soll. Zuletzt hatten sich auch die CDU/CSU und die SPD in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, das digital-terrestrische Radio weiterzuentwickeln. Der Verein Digitalradio Deutschland begrüßt das Bekenntnis zu DAB+ als wichtigen und konsequenten Schritt im Rahmen einer bundesweiten Digitalisierungsoffensive.

gfu-Zahlen decken nicht den Gesamtmarkt ab

Die tatsächliche Zahl der verkaufen DAB+ Radios sei sogar noch höher als gemeldet, weil der HEMIX den Gesamtmarkt nicht vollständig abbildet. Der HEMIX berücksichtigt nur verkaufte Radios und die erzielten Umsätze im deutschen Endverbrauchermarkt. Käufe aus dem Ausland oder Autoradios ab Werk fließen nicht in die Statistik ein.

Auch im Neuwagen ist DAB+ eine Erfolgsstory: Im Vergleich zu 2016, in dem rund 21 Prozent der KFZ mit DAB+ Radio vom Band rollten, hat sich dieser Wert binnen eines Jahres auf knapp 40 Prozent fast verdoppelt. Dies meldete die Deutsche Automobil Treuhand (DAT) bei der Vorstellung ihres Jahresreports 2018.

Erfolg von DAB+ wird schlecht- oder kleingeredet

Was nach einem großen Erfolg klingt, wird an anderer Stelle jedoch konsequent klein- und schlechtgeredet. Vor allem der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT, künftig Vaunet) und viele Privatradios, hier und da aber auch Medienpolitiker verweisen in regelmäßigen Abständen darauf, wie wenig erfolgreich DAB+ doch sei. Vorrangig aus Gründen der Besitzstandswahrung und aus Angst vor mehr Konkurrenz, heißt es.

Gerne wird dabei auf die im Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten verankerte Messgröße "Meistgenutzte Empfangsart" verwiesen. Hiernach ist DAB+ erst für fünf Prozent der Bundesbürger der bevorzugte Weg um Radio zu hören. In dieser Messgröße geht es allerdings um die Gesamtradionutzung - aktiv und passiv. Wer zu Hause und im Auto aktiv über DAB+ hört, sich aber auf der Arbeit passiv vom UKW-Radio eines Arbeitskollegen berieseln lässt, für den ist UKW nach wie vor die meistgenutzte Empfangsart, da er insgesamt mehr Radio am Arbeitsplatz hört.

Gerne werden die inzwischen gut 12 Millionen DAB+ Radios in deutschen Haushalten auch mit den rund 140 Millionen UKW-Radios verglichen, ohne zu beachten, dass viele der analogen Empfänger tatsächlich gar nicht mehr im Betrieb sind und irgendwo in Schubladen oder auf Dachböden verstauben.

Doch auch bei der Abfrage von Hörerreichweiten in der Media Analyse Radio werden die Macher von Digitalradio-Programmen bislang diskriminiert: Eine gestützte Abfrage, sprich mit Namensnennung, erfolgt bislang nur für die regionalen UKW- und die überregionalen Kabel-UKW-Programme. Wer ein rein digital verbreitetes Programm wie Absolut Relax oder Kultradio hört und für die Media Analyse ausgewählt wurde, müsste selbstständig auf dieses Programm verweisen. Viele Befragte wissen von dieser Möglichkeit nichts, daher sind Digitalradio-Programme bislang im Werbemarkt benachteiligt.

Last but not least ist auch die Politik wieder vor den UKW-Veranstaltern und Gegnern des Digitalradios eingeknickt. Eine für die Entwicklung von DAB+ immens wichtige Festlegung eines UKW-Abschalttermins wurde wieder aus dem Koalitionsvertrag gestrichen. Es scheint somit, als bleibe DAB+ trotz der erneut guten Zahlen des Jahres 2017 eine Erfolgsstory, die keine sein darf.

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