Scheinheilig: Kritik an potenziellem Huawei-Verbot
Die deutliche Kritik an Ministerin Faeser ist berechtigt, betrifft aber nicht nur Faeser, sondern große Teile der Bundesregierung, die vielen Politiker, die sich auf der einen Seite scheuen, ein klares Huawei-Verbot auszusprechen, auf der anderen Seite aber die Unternehmen nicht nur zum Verzicht, sondern auch zum Austausch qualitativ hochwertiger Technik zwingen wollen – und dies auch noch auf Kosten der Unternehmen selbst.
Die absurde Begründung, die Unternehmen hätten ja gewusst, worauf sie sich bei der Beschaffung einlassen, ist für einen Rechtsstaat wie Deutschland schlichtweg untragbar.
Netzbetreiber machen kein Single-Sourcing
Große TK-Netzbetreiber wie unsere Mobilfunknetzbetreiber, die auch international tätig sind, tun gut daran, für ihre Infrastruktur kein Single-Sourcing zu betreiben, sondern ihre Technik bei mehreren, großen und leistungsfähigen Ausrüstungsherstellern zu beziehen. Dadurch sinkt das Risiko von strategischen Abhängigkeiten und implizit auch für netzweite Störungen erheblich. Und da heute nur noch relativ wenige große, global operierende Ausrüstungshersteller zu finden sind, ist es schwierig, einen großen Anbieter wie Huawei zu ignorieren.
Klare Gesetzeslage
Im TKG (§ 169) in Verbindung mit dem BSI-Gesetz (§ 8a) sind bereits Anforderungen festgelegt, nach denen die Betreiber kritischer Infrastrukturen deren Funktionsfähigkeit und mögliche Störungen zu prüfen und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nachzuweisen haben. Und seit dem 1. Mai 2023 müssen explizit auch Systeme zur Angriffserkennung erfasst und berücksichtigt werden.
Warum jedoch die Hersteller von komplexen Ausrüstungskomponenten (inkl. der Software) für kritische Infrastrukturen von der Politik nicht in diese Prozesse einbezogen werden, ist nicht nachvollziehbar. Das wäre jedoch angesichts der immer wieder aufflammenden Diskussion über ein „Huawei-Verbot“ dringend geboten.
Das BSI-Gesetz greift jedoch auch ohne das TKG, da es in § 2, S 10 kritische Infrastrukturen definiert. Die Politik selbst hat zum Beispiel bei der Bahn oder an anderen kommunalen und staatlichen Einrichtungen den Einsatz von Huawei-Technik zugelassen. Man muss sich nun fragen, ob auch andere Unternehmen bis hin zu kommunalen Verwaltungen entschädigungslos mit hohem Aufwand auf Technik anderer Hersteller umrüsten sollen.
Grundsätzliches Problem
Das Problem ist viel grundsätzlicher und zerstört das Vertrauen in die Politik selbst. Denn es gibt gute Gründe, warum die Politik sehr zögerlich ist, derartige Verbote gegen Huawei zu erlassen, da sie gleichzeitig weiß, wie viele Arbeitsplätze in Deutschland am Export nach China hängen. Entsprechende Verbote hingegen würden deutsche Importe nach China entsprechend weiter zurückdrängen – das lehren uns die Erfahrungen aus anderen Ländern.
Es vollkommen richtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht nur um die TK-Branche und ihre berechtigten Ansprüche im Falle von möglichen Abschaltungsanweisungen geht, sondern um ein gesamtwirtschaftliches Problem, wenn wir auf Qualität und Preiswettbewerb mit anderen Industrienationen verzichten. Letztlich steht hier Digitalisierung und Klimawandel ebenso zur Disposition wie das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland. Denn bisher konnten sich die Unternehmen immer darauf verlassen, dass für ihre Investitionen das gilt, was im Gesetz steht und nicht das gilt, was der eine oder andere Politiker sich wünscht und in der Presse kundtut.
Zur Person
Andreas Walter
Bild: Dialog Consult GmbH
Andreas Walter ist geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsinstituts Dialog Consult GmbH. Er besitzt über 25 Jahre Erfahrung mit Marktanalysen in Telekommunikations- und Medienmärkten. Außerdem hat er Lehraufträge an der Hamburg Media School und der Hochschule Rhein-Main.
In einem früheren Beitrag hatte sich Andreas Walter mit dem Statement von Telekom Chef Tim Höttges befasst.