Gastbeitrag

Scheinheilig: Kritik an potenziellem Huawei-Verbot

In seinem Gast­bei­trag beschäf­tigt sich Andreas Walter mit dem poli­tisch heiß disku­tierten "Huawei-Verbot" und zeigt deut­liche Wider­sprüche auf.
Von Andreas Walter

Die deut­liche Kritik an Minis­terin Faeser ist berech­tigt, betrifft aber nicht nur Faeser, sondern große Teile der Bundes­regie­rung, die vielen Poli­tiker, die sich auf der einen Seite scheuen, ein klares Huawei-Verbot auszu­spre­chen, auf der anderen Seite aber die Unter­nehmen nicht nur zum Verzicht, sondern auch zum Austausch quali­tativ hoch­wer­tiger Technik zwingen wollen – und dies auch noch auf Kosten der Unter­nehmen selbst.

Die absurde Begrün­dung, die Unter­nehmen hätten ja gewusst, worauf sie sich bei der Beschaf­fung einlassen, ist für einen Rechts­staat wie Deutsch­land schlichtweg untragbar.

Netz­betreiber machen kein Single-Sourcing

Große TK-Netz­betreiber wie unsere Mobil­funk­netz­betreiber, die auch inter­national tätig sind, tun gut daran, für ihre Infra­struktur kein Single-Sourcing zu betreiben, sondern ihre Technik bei mehreren, großen und leis­tungs­fähigen Ausrüs­tungs­her­stel­lern zu beziehen. Dadurch sinkt das Risiko von stra­tegi­schen Abhän­gig­keiten und implizit auch für netzweite Störungen erheb­lich. Und da heute nur noch relativ wenige große, global operie­rende Ausrüs­tungs­her­steller zu finden sind, ist es schwierig, einen großen Anbieter wie Huawei zu igno­rieren.

Klare Geset­zes­lage

Im TKG (§ 169) in Verbin­dung mit dem BSI-Gesetz (§ 8a) sind bereits Anfor­derungen fest­gelegt, nach denen die Betreiber kriti­scher Infra­struk­turen deren Funk­tions­fähig­keit und mögliche Störungen zu prüfen und dem Bundesamt für Sicher­heit in der Infor­mati­ons­technik nach­zuweisen haben. Und seit dem 1. Mai 2023 müssen explizit auch Systeme zur Angriffs­erken­nung erfasst und berück­sich­tigt werden.

Warum jedoch die Hersteller von komplexen Ausrüs­tungs­kom­ponenten (inkl. der Soft­ware) für kriti­sche Infra­struk­turen von der Politik nicht in diese Prozesse einbe­zogen werden, ist nicht nach­voll­ziehbar. Das wäre jedoch ange­sichts der immer wieder aufflam­menden Diskus­sion über ein „Huawei-Verbot“ drin­gend geboten.

Das BSI-Gesetz greift jedoch auch ohne das TKG, da es in § 2, S 10 kriti­sche Infra­struk­turen defi­niert. Die Politik selbst hat zum Beispiel bei der Bahn oder an anderen kommu­nalen und staat­lichen Einrich­tungen den Einsatz von Huawei-Technik zuge­lassen. Man muss sich nun fragen, ob auch andere Unter­nehmen bis hin zu kommu­nalen Verwal­tungen entschä­digungslos mit hohem Aufwand auf Technik anderer Hersteller umrüsten sollen.

Grund­sätz­liches Problem

Das Problem ist viel grund­sätz­licher und zerstört das Vertrauen in die Politik selbst. Denn es gibt gute Gründe, warum die Politik sehr zöger­lich ist, derar­tige Verbote gegen Huawei zu erlassen, da sie gleich­zeitig weiß, wie viele Arbeits­plätze in Deutsch­land am Export nach China hängen. Entspre­chende Verbote hingegen würden deut­sche Importe nach China entspre­chend weiter zurück­drängen – das lehren uns die Erfah­rungen aus anderen Ländern.

Es voll­kommen richtig, darauf hinzu­weisen, dass es nicht nur um die TK-Branche und ihre berech­tigten Ansprüche im Falle von mögli­chen Abschal­tungs­anwei­sungen geht, sondern um ein gesamt­wirt­schaft­liches Problem, wenn wir auf Qualität und Preis­wett­bewerb mit anderen Indus­trie­nationen verzichten. Letzt­lich steht hier Digi­tali­sie­rung und Klima­wandel ebenso zur Dispo­sition wie das Vertrauen in den Wirt­schafts­standort Deutsch­land. Denn bisher konnten sich die Unter­nehmen immer darauf verlassen, dass für ihre Inves­titionen das gilt, was im Gesetz steht und nicht das gilt, was der eine oder andere Poli­tiker sich wünscht und in der Presse kundtut.

Zur Person

Andreas Walter Andreas Walter
Bild: Dialog Consult GmbH
Andreas Walter ist geschäfts­füh­render Gesell­schafter des Bera­tungs­insti­tuts Dialog Consult GmbH. Er besitzt über 25 Jahre Erfah­rung mit Markt­ana­lysen in Tele­kom­muni­kations- und Medi­enmärkten. Außerdem hat er Lehr­auf­träge an der Hamburg Media School und der Hoch­schule Rhein-Main.

In einem früheren Beitrag hatte sich Andreas Walter mit dem State­ment von Telekom Chef Tim Höttges befasst.

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