Handy-Fasten

Eine Woche ohne Handy und Smartphone: Ein Schüler-Experiment

Rund 45 Zehntklässler verzichten auf ihre mobilen Begleiter
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Eine Woche ohne Handy und Smartphone: Ein Schüler-Experiment Eine Woche ohne Handy und Smartphone: Ein Schüler-Experiment
Bild © O.M. - Fotolia.com
Für rund 45 Schüler aus zwei zehnten Klassen des Gymnasiums Martino-Katharineum und der Freien Waldorfschule in Braunschweig sind SMS, Mobilgespräche und Handyspiele seit heute tabu: Sie trennen sich freiwillig von ihren Handys und Smartphones. Für eine Woche sind die Geräte in einem Banksafe eingeschlossen. Das Experiment wurde von der Stadt angeschoben und wird in Kooperation mit der Diakonie veranstaltet. Nach dieser Woche wollen die Schüler dann berichten, wie sie die handyfreie Zeit erlebt haben.

"Es fehlt etwas", stellt eine Schülerin namens Leonie bereits wenige Minuten nach der Abgabe ihres Smartphones fest. Sie benutzt das Gerät auch als Uhr und Wecker. "Die ersten Tage sind sicher schwer, aber dann fühle ich mich vielleicht freier, entspannter", schätzt die 16-Jährige das Ende des Experiments ein.

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Auch ihre Mitschülerin Isabel ist sich sicher: "Es wird mir fehlen. Es wird auch schwerer, mich mit meinen Freundinnen zu verabreden. Aber ich will das ernsthaft eine Woche versuchen", beteuert sie. Max, ein weiterer Schüler, hat zwar erst seit sechs Wochen ein Smartphone, doch auch er hat dessen Vorteile schon schätzen gelernt: "Ich bin in der Schülervertretung, wir kommunizieren über WhatsApp", erzählt er.

Welchen Stellenwert haben Handy oder Smartphone?

Fast alle Schüler kommunizieren miteinander über diese App. "Das hat enorm in den vergangenen Monaten zugenommen", sagt Michael Roos vom Elisabethstift der Diakonie Braunschweig. Roos ist Medienberater und begleitet das Projekt. Für ihn stellt sich die Frage, wann aus Gewohnheit Sucht wird. "Es gibt keine verlässlichen Untersuchungen, wie viele Jugendliche ein Suchtproblem mit digitalen Medien haben", stellt er fest und schiebt hinterher: "Man kann auch von Sport süchtig werden".

Unter anderem hatte der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (MPFS) kürzlich zu einer ähnlichen Aktion aufgerufen: "Es geht darum, dass sich Jugendliche darüber klar werden sollen, welchen Stellenwert das Handy oder Smartphone für sie hat", erläutert Thomas Rathgeb vom MPFS. Manfred Wildhage, Leiter des Martino-Katharineum, stellt fest: "Wir wollen die digitalen Medien nicht verteufeln, sie bieten auch Chancen." Die Schüler sollten aber lernen, die Medien bewusst zu nutzen.

Die 16-jährige Isabel sieht in diesem Punkt auch bei sich Lernbedarf: "Ich werde ständig 'beschrieben', und da ich neugierig bin, muss ich immer gleich nachschauen. Die Hausaufgaben ziehen sich dadurch". Der gleichaltrige Nidal gibt ihr Recht: "Alle 20 bis 30 Minuten schaue ich auf mein Smartphone", räumt er ein.

Nahezu jeder Schüler über zwölf Jahren hat ein Handy

Nach einer Statistik des Marktforschungsinstitus GfK hatten im Frühsommer 2012 annähernd 100 Prozent aller Schüler über zwölf Jahre ein Handy, etwa die Hälfte davon waren Smartphones. "Nach meinen Beobachtungen haben mittlerweile schon 85 oder mehr Prozent der Jugendlichen ein Smartphone", schätzt Medienberater Roos.

81 Prozent aller Befragten nutzten soziale Netzwerke. Die erste Anmeldung erfolgte der Studie zufolge mit durchschnittlich 12,7 Jahren. Die am häufigsten genutzten Funktionen innerhalb einer Community waren das Verschicken von Nachrichten und das Chatten mit anderen Mitgliedern des Netzwerks. Die durchschnittliche Zahl der "Freunde" lag bei 272 (2011: 206 Freunde).

Pascal gehört zu den wenigen Schülern, die zwar ein Handy, aber kein Smartphone haben. "Ich habe schon weniger Kontakt als die anderen", stellt er fest. Auf den Computer müssen die Schüler im Rahmen des Experiments übrigens nicht verzichten.

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