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Wirbel um "Joyn": Telekom rechtfertigt Preise für Messaging-Dienst

Dt. Telekom nimmt Stellung zu teltarif.de-Bericht und Kommentaren
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In ihrer Reaktion auf den teltarif.de-Artikel hat die Telekom geschrieben, dass es sich bei Joyn nicht um einen Nachfolger für SMS oder MMS handelt. Angesichts der Preise für Joyn-Messages in den Tarifen, bei denen die Mitteilungen einzeln berechnet werden, kann man für diese Ankündigung durchaus dankbar sein: Viele Nutzer von Discount-Tarifen, bei denen der Anwender für 9 Cent oder weniger Kurzmitteilungen versenden kann, werden es sich wohl gut überlegen, ob sie zu Joyn wechseln. Von daher ist es zu begrüßen, dass uns die klassische, bei vielen Discounter-Tarifen und Netzbetreiber-Optionen mittlerweile recht günstige SMS, noch eine Weile erhalten bleibt.

Viele Leser und Teilnehmer der Diskussion kennen und/oder nutzen bereits Whatsapp oder alternative Dienste, bei denen - außer eventuell einer einmaligen oder jährlichen Gebühr im Cent-Bereich - keine Kosten anfallen. Gerade bei den Whatsapp-Nutzern mit Internet-Flat, die für das Messaging im Gegensatz zu Joyn bei der Telekom Datenvolumen verbrauchen - war das Unverständnis über die mitgeteilten Joyn-Preise überdurchschnittlich stark ausgeprägt.

Gleichzeitig stellte sich die Frage, ob für die Nutzung von Whatsapp und Co. - wie von der Telekom behauptet - tatsächlich eine Internet-Flat oder ein mobiler Datentarif mit hohem Inklusivvolumen notwendig ist. Anscheinend gibt es auch Wenig-Nutzer, die lediglich ein kleines Datenvolumen monatlich zur Verfügung haben und trotzdem Messaging-Apps nutzen - mit Augenmaß. Aufschlussreich ist auch die Koppelung von inkludierten Joyn-Nachrichten bei einer SMS-Allnet-Flat: Wenn man sowieso schon für eine SMS-Flat bezahlt, gibt es - außer der Bequemlichkeit - kaum einen Grund, Joyn oder Whatsapp zu nutzen. Und wer seine SMS-Flat kündigt, um endgültig auf eine Messaging-App umzusteigen, wird sein Nutzungsverhalten so gut kennen, dass er einen entsprechenden Datentarif bucht (notfalls bei einem Mobilfunk-Discounter) oder nur wenig schreibt. Warum nutzt die Telekom den Joyn-Dienst nicht, um gerade preisbewusste und Wenignutzer mit kostenlosen Joyn-Nachrichten für den Dienst zu ködern?

Sinn und Unsinn von (kostenpflichtiger) Videotelefonie

Die Diskussion um Joyn bei der Telekom hat auch wieder eine jahrzentealte Diskussion aus der Versenkung geholt: Die Debatte um Sinn und Unsinn von Videotelefonie. Die Nutzerkommentare zeigen, dass viele Jahre nach der technischen Realisierung wohl nur ein überschaubarer Personenkreis Videotelefonie auf einem Mobilgerät nutzt (Skype auf Notebook oder Netbook einmal ausgenommen). Auch die Bereitschaft, für Videotelefonie extra zu bezahlen hält sich sehr in Grenzen.

Wenn die Telekom Joyn tatsächlich dazu nutzen möchte, der Videotelefonie zu einem Durchbruch zu verhelfen, wäre es eher angebracht, über ein pauschales Abrechnungsmodell für diesen Service nachzudenken. Denn ein ständig tickender Gebühren - oder Freiminuten-Rückwärts-Zähler wird die Freude an Videotelefonie, für die ja in der Regel längst die entsprechende Bandbreite und Hardware zur Verfügung steht, arg in Mitleidenschaft ziehen.

Fazit: Joyn weniger Preis-Katastrophe, dafür mehr kultureller Schock

Die Reaktionen auf die Joyn-Preise zeigen, dass die Nutzer sich weniger an den von teltarif.de mitgeteilten Preisen für Joyn beziehungsweise hohen Tarif-Grundgebühren bei Joyn einschließenden Tarifen festbeißen. Nicht nur die Gratis- und Kostenlos-Kultur bei Messaging-Apps, sondern auch schon zuvor die SMS-Flats und Discount-Angebote haben bei Nutzern mobiler Geräte gewisse Preispunkte im Kopf manifestiert: Eine einzelne Nachricht darf nicht mehr als 9 Cent kosten, eine unlimitierte SMS-Flat zwischen 5 und 10 Euro pro Monat. Das sagt der Markt.

Und genau diese Orientierungsmarken hat die Telekom bei ihrer Preisgestaltung für Joyn "missachtet". Dass Joyn ein Gratis-Dienst wird, damit wird wohl kaum jemand gerechnet haben. Doch die zum Teil recht starke Abweichung von den genannten Preispunkten hat die Web-Community in kultureller Hinsicht erschüttert. Nicht umsonst wurde die Frage gestellt, wer sich das Joyn-Preismodell ausgedacht hat und ob die betreffenden Telekom-Manager überhaupt - technisch, kulturell und tariflich - verstanden hätten, welche Anforderungen von den in der Regel gut informierten Nutzern heutzutage an eine moderne Kommunikation gestellt werden. Denn ein richtig attraktiver und gut kommunizierter Joyn-Dienst könnte für die Netzbetreiber durchaus erfolgreich werden.

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