Joyn: ProSiebenSat.1 übernimmt Streaming-Dienst komplett
Schon bald ist der Streaming-Dienst Joyn wieder vollständig in deutscher Hand. Der US-Medienkonzern Warner Bros. Discovery gibt seinen 50 Prozent-Anteil an der gemeinsamen Plattform ab und konzentriert sich in Zukunft auf seine eigenen Aktivitäten im Streaming. So arbeiten die Amerikaner gerade am Aufbau eines namentlich noch nicht bekannten Streaming-Dienstes mit Inhalten von HBO Max und Discovery+, welcher voraussichtlich auch in Deutschland startet. ProSiebenSat.1 will Joyn nun weiter mit lokalen Inhalten ausbauen.
Fokus auf Community
ProSiebenSat.1 übernimmt Joyn komplett
Screenshot: Michael Fuhr
"Künftig setzen wir einen stärkeren Fokus auf die Interaktion mit und zwischen den Nutzer:innen und dem Community Management", so ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beaujean. "Dafür verzahnen wir unsere Streaming-Plattform noch enger mit unserem Influencer Business und unseren Marken aus dem Dating & Video- sowie Commerce & Ventures-Segment. Zum digitalen Ökosystem der Gruppe gehört auch der Single-Sign-On-Registrierservice 7Pass mit seinen über 20 Millionen registrieren Nutzer:innen. Über ihn können wir die Nutzer:innen im Zusammenspiel mit Joyn künftig noch zielgerichteter adressieren."
Aktuell ist Joyn vor allem ein Content-Aggregator mit Inhalten verschiedener Plattformen, welcher neben Live TV auch werbefinanziertes AVoD und kostenpflichtiges SVoD miteinander verbindet. Vor allem der werbefinanzierte Bereich soll nun weiter ausgebaut werden, hier will ProSiebenSat.1 zur zentralen Streaming-Plattform in Deutschland avancieren.
Keine Angaben zu Kaufpreis
Zum Kaufpreis machte der Konzern keine Angaben. Das Management rechnet mit einer Kartellfreigabe ab 1. Oktober. Durch den Zukauf rechnet Finanzchef Ralf Gierig zunächst mit Belastungen. So dürfte der Zukauf von Joyn das operative Ergebnis (Ebitda) von ProSiebenSat.1 um etwa 25 Millionen Euro belasten. Der Gesamterlös des laufenden Jahres soll weiter auf knapp 4,4 Milliarden Euro mit einem Spielraum von plus/minus 75 Millionen Euro steigen, nach einem Vorjahreswert von rund 4,3 Milliarden Euro.
Das bereinigte Nettoergebnis soll 2022 nun auf dem Vorjahresniveau von 362 Millionen Euro liegen. Zuvor hatte der Vorstand ein Niveau auf oder leicht über dem Vorjahreswert als Ziel im Blick. Die Dividende für das laufende Jahr soll bei 80 Cent je Aktie bleiben. Prinzipiell fällt der Joyn-Zukauf für ProSiebenSat.1 in eine ökonomisch ungünstige Zeit. Aktuell fahren vor allem US-Streamer ihre Investitionen in Content zurück.
Auswirkungen auf den deutschen Markt
Für Zuschauer in Deutschland dürfte sich durch den Warner-Ausstieg zumindest vorerst wenig ändern. "Neben Inhalten von ProSiebenSat.1 und weiteren Content-Partnern stehen Joyn-Nutzer:innen auch weiterhin die Inhalte von Warner Bros. Discovery im kostenfreien, werbefinanzierten Bereich zum Abruf zur Verfügung. Die Nutzer:innen des Abo-Angebots Joyn PLUS+ erhalten zudem Zugang zu discovery+, der dazu berechtigt, den Streamingdienst zwölf Monate lang zu nutzen. Die Kartellfreigabe wird ab dem 1. Oktober 2022 erwartet", heißt es in der Pressemitteilung.
Offen bleibt, ob Joyn-Zuschauer auch nach einem möglichen Launch der neuen Warner Bros. Discovery-Plattform Zugriff auf deren Inhalte bekommen. Zumindest mit Blick auf Premium-Inhalte dürfte dies mehr als unwahrscheinlich sein. Vorstellbar wäre aber zumindest eine Kooperation im Bereich Live TV. Immerhin haben in Deutschland auch Abonnenten von Waipu TV Zugriff auf die linearen Warner-Kanäle.