Müssen Mieter für ungenutzten Kabelanschluss zahlen?
Viele Mieter müssen für den Kabelanschluss zahlen, unabhängig davon, ob sie ihn nutzen oder nicht.
Vodafone
Viele kennen das: Man zahlt als Mieter für einen Kabelanschluss, obwohl man ihn gar nicht nutzt und stattdessen über andere Verbreitungswege wie Antenne oder IPTV fernsieht oder gar nicht. Oder man würde gerne wechseln, aber lehnt aus Kostengründen eine Doppelzahlung ab. Die Kabelgebühren werden über die Miete einkassiert. Auch viele Bewohner von Eigentumswohnungen müssen zahlen, hier erfolgt die Abrechnung über das Wohngeld.
Um freien und fairen Wettbewerb im TK-Markt geht es in einem von der Wettbewerbszentrale geführten Grundsatzverfahren, in dem die Selbstkontrollinstitution eine höchstrichterliche Klärung anstrebt: Die Wettbewerbszentrale hat dem Bundesgerichtshof die grundsätzliche Frage vorgelegt, ob ein Wohnungsunternehmen bei der Vermietung von Wohnräumen, die mit einem Kabel-TV-Anschluss mit Signalübertragung für eine Vielzahl von TV-Programmen ausgestattet sind, an die Regeln des Telekommunikationsgesetzes gebunden ist (BGH, Az. I ZR 106/20). Sollte dies der Fall sein, müsste das Unternehmen seinen Mietern die Möglichkeit der Kündigung des Kabel-TV-Anschlusses unabhängig von der Laufzeit des Mietvertrages gewähren.
Wettbewerbszentrale sieht Verstoß gegen TKG
Viele Mieter müssen für den Kabelanschluss zahlen, unabhängig davon, ob sie ihn nutzen oder nicht.
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Die beklagte Wohnungsbaugesellschaft vermietet Wohnungen, die mit einem Kabelanschluss für den TV-Empfang ausgestattet sind. Die Mieter müssen in diesen Fällen - unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der Kabel-TV-Anschlüsse - die monatlich anfallenden Gebühren an den Vermieter zahlen. Eine Kündigung der Verpflichtung ohne gleichzeitige Kündigung des Mietvertrages wird den Mietern verwehrt. Die Wettbewerbszentrale sieht hierin einen Verstoß gegen § 43 b Telekommunikationsgesetz (TKG). Sie hat die in NRW ansässige Wohnungsbaugesellschaft, die über 100.000 Vermietungsobjekte betreibt, aufgefordert, es zu unterlassen, mit Verbrauchern Wohnraummietverträge abzuschließen, die die kostenpflichtige Bereitstellung von Kabel-TV-Anschlüssen vorsehen, ohne den Mietern die Möglichkeit zur Kündigung der Kabel-TV- Anschlüsse zum Ablauf von 24 Monaten Laufzeit einzuräumen. Da eine entsprechende Unterlassungserklärung nicht abgegeben wurde, hat die Wettbewerbszentrale Klage eingereicht.
Frist: TK-Verträge auf 24 Monate begrenzt
Nach § 43 b TKG ist die Mindestlaufzeit von Telekommunikationsverträgen auf 24 Monate begrenzt. Mit Verbrauchern dürfen keine Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen geschlossen werden, die länger als zwei Jahre laufen. Bei dem Kabel-TV-Empfang handelt es sich um einen Telekommunikationsdienst. Die Missachtung dieser gesetzlichen Verpflichtung ist geeignet, die Wahlfreiheit der Verbraucher sowie den freien Wettbewerb in der Telekommunikation zu beeinträchtigen. Da die Mieter bereits für den Kabel-TV-Anschluss Gebühren an den Vermieter zahlen müssen, werden sie zur Vermeidung von Doppelzahlungen faktisch davon abgehalten, ein anderes Marktangebot anzunehmen. Der Wettbewerb um die in den Mietverträgen gebundenen Kunden sei damit für Anbieter anderer TV-Angebote, wie zum Beispiel per Satellit, Antenne oder über Internet, faktisch massiv eingeschränkt.
Vorinstanz: Kabelanschluss kein "öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienst"
Das Landgericht Essen hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Beklagte erbringe mit der Zurverfügungstellung eines Kabel-TV-Anschlusses keine Telekommunikationsdienstleistungen, diese würden durch eine Tochterfirma der Vermieterin erbracht (LG Essen, Urteil vom 31.05.2019, Az. 45 O 72/18). Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm ist es nicht entscheidend, wer für die Vermietungsgesellschaft die Telekommunikationsdienstleistungen erbringe. Sie selbst sei als Vermieterin für die Signalübertragung verantwortlich. Dieser von der Vermieterin zu erbringende Dienst sei allerdings kein "öffentlich" zugänglicher Telekommunikationsdienst, wie von § 43b TKG gefordert. Er richte sich nur an die geschlossene Gruppe der Mieter (OLG Hamm, Urteil vom 28.05.2020, Az. I-4 U 82/19, nicht rechtskräftig). Gegen dieses Urteil des OLG Hamm hat die Wettbewerbszentrale nun Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt.
"Wir wollen jetzt von dem Bundesgerichtshof wissen, ob sich Vermieter an § 43b TKG halten müssen", erläutert Dr. Reiner Münker, Geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale, den Hintergrund des Verfahrens. Im Sinne des freien und fairen Wettbewerbs auf dem Telekommunikationsmarkt, sei diese Frage zu klären.