Edeka und Netto: Bezahlen per Smartphone wird endlich real
Netto und Edeka geben jungen deutschen Startups bei Mobile Payment eine Chance
Bild: Edeka, Google
Bezahlen mit dem Handy galt schon seit Jahren als
Zukunftsgeschäft - doch es passierte nicht viel. Aber jetzt kommt es
Schlag auf Schlag, allein diesen Monat gab es mehrere neue
Ankündigungen. Edeka und Netto lassen über Smartphone-Apps an der
Supermarkt-Kasse bezahlen. American Express investiert in das
Berliner Start-up SumUp, einen von mehreren Anbietern von
Einsteck-Kartenlesern die Telefone und Tablets in Kassengeräte
verwandeln. SumUp-Konkurrent Payleven bringt seine Kartenleser in den
Apple Stores unter. Und das US-Schwergewicht PayPal bereitet mit
einer Werbekampagne den Boden für eine ernsthafte Ausweitung des
mobilen Geschäfts in Deutschland.
Der Markt ist in einer spannenden Pionier-Phase, in der verschiedenste Anbieter unterschiedliche Modelle ins Rennen schicken - und es ist noch völlig unklar, welcher Ansatz sich durchsetzen wird. Im vergangenen Jahr schossen die Kartenleser-Anbieter wie Pilze aus dem Boden. Auf den US-Vorreiter Square folgten neben Payleven und SumUp etwa auch iZettle aus Skandinavien. Inzwischen zeichnet sich jedoch ab, dass diese Dienste nur der Einstieg in eine neue digtale Servicewelt sein sollen.
Kundenbindung ist ein wichtiges Ziel der Anbieter
Netto und Edeka geben jungen deutschen Startups bei Mobile Payment eine Chance
Bild: Edeka, Google
"Wir sehen für uns als Zukunftspfad, dass wir den Händlern
Lösungen anbieten wollen, die über das Bezahlen hinausgehen", sagt
etwa Payleven-Mitgründer Konstantin Wolff. Die Bezahl-Funktion sei
einer "erster Schritt, um eine Service-Plattform für kleine
Unternehmer und mittelständische anzubieten, die ihnen hilft, ihr
Geschäft zu betreiben." Dabei seien verschiedene Möglichkeiten
denkbar: "Alles, was mit dem Thema Kundenbindung zu tun hat, oder
auch Kassensysteme, Verwaltung und Buchhaltung sowie Steuern und
Warenwirtschaft." Derzeit arbeite Payleven an der strategischen
Planung dafür: "Am Ende ist der Blumenstrauß ziemlich groß und man
muss sich fokussieren."
Auch SumUp hat große Pläne: "Unsere Vision ist es, den Bezahlprozess grundlegend zu verändern, das ganze damit verbundene Erlebnis", sagt SumUp-Mitgründer Stefan Jeschonnek. Das Berliner Unternehmen arbeitet an dem Projekt SumUp Pay, das noch in diesem Jahr starten soll. Die Grundidee: Geldbörse oder Smartphone können beim Bezahlen ganz in der Tasche bleiben. Etwa in einem Kaffeehaus erkennt das System per Geodaten, dass ein Stammkunde das Lokal betreten hat, der Verkäufer bekommt ein Foto und das Lieblingsgetränk eingeblendet, zur Verifizierung schaut er dem Käufer nur ins Gesicht, Zahlung wird abgebucht.
Ziel: "frictionless Payment" - reibungsloses Bezahlen
Auch die eBay-Tochter PayPal tüftelt an ähnlichen Modellen. "Unser Ziel ist, den eigentlichen Bezahlvorgang in den Hintergrund zu bringen", sagt PayPal-Chef David Marcus. In den USA heißt das Prinzip "frictionless Payment" - reibungsloses Bezahlen. Bei Payleven stößt der Ansatz bisher auf Skepsis. "Am Ende geht es um die Frage, wie tausche ich Informationen aus zwischen dem, der zahlen möchte und dem, der die Zahlung erhalten soll. Und einer muss es autorisieren, damit es einen Nachweis gibt", sagt Wolff. Es gehe darum, das Gleichgewicht zwischen Komfort und Sicherheit zu halten: "Die Industrie muss dafür noch Standards schaffen."
Edeka und die dazugehörende Discount-Kette Netto setzen auf einen ganz anderen Ansatz: Der Kunde soll über die hauseigenen Smartphone-Apps bezahlen. Dann kann er zum Beispiel von exklusiven Rabatt-Angeboten profitieren. Bei Netto kann man inzwischen in allen über 4 000 deutschen Märkten mit dem Handy bezahlen, Edeka will alle Supermärkte bis Ende 2015 einbinden. Dieses Ausmaß hat den öffentlich kaum bekannten Software-Anbieter Valuephone, der die Technologie für den Bezahldienst stellt, auf einen Schlag zu einem "heimlichen Champion" gemacht. "Am Ende werden die Händler entscheiden, welches Modell zum Einsatz kommt", zeigt sich Valuephone-Geschäftsführer Stefan Krueger überzeugt.