Elektronisch

Mobile World Congress: Von der Plastik-SIM zur eSIM

Ein Netz­betreiber baut Netze, vergibt SIM-Karten, verkauft Minuten, MegaByte und "schenkt" ein Handy dazu. Das war gestern. Längst drängen sich neue Spieler in das System.
Vom Mobile World Congress in Barcelona berichtet

Ein wich­tiges Thema auf dem Mobile World Congress war die SIM-Karte, die nicht mehr als Plastik-Karte, sondern in Form von Soft­ware daher kommt. Ange­fangen hat die SIM-Karte im ISO-Kredit­kar­ten­format, beispiels­weise vom Hersteller Gemalto, der längst zum Thales-Konzern gehört.

Nach dem ISO-Format folgte schnell die Mini-SIM, die dem relativ spät neu dazu gesto­ßenen Smart­phone-Hersteller Apple viel zu groß erschien. Apple setzte erst die Micro- und später die Nano-SIM durch. iPhones gehören auch zu den Modellen, die eSIM unter­stützen.

Tief im Handy versteckt

Der SIM-Karten-Pionier Gemalto gehört heute zur Thales-Group Der SIM-Karten-Pionier Gemalto gehört heute zur Thales-Group
Grafik: Thalesgroup.com
Die eSIM findet in einem tief im Handy versteckten und fest­ein­gebauten SIM-Modul statt, das an seiner "eID" zu erkennen ist und zumeist mehrere eSIM-Subscrip­tions aufnehmen kann. Der Chip-Hersteller Qual­comm hat das noch weiter zur iSIM entwi­ckelt.

Da ist das sichere Element gleich in den zentralen Signal­pro­zessor des Tele­fons hinein inte­griert und spart noch mehr Platz und auch Energie.

Viele alte und neue Mitspieler

Neben den großen SIM-Karten-Herstel­lern wie Thales dringen klei­nere und noch klei­nere Unter­nehmen in den Markt vor. Da wäre z.B. Truphone. Der Anbieter hat in Deutsch­land die Vorwahl "01529" und erregte vor Jahren mit einer klas­sischen SIM-Karte mit vielen verschie­denen inter­natio­nalen Rufnum­mern Aufsehen. Das Produkt war ideal für Globe­trotter oder Viel­rei­sende. Man hatte verschie­dene Nummern auf seiner Karte und war unter der für das jewei­lige Land gedachten Rufnummer günstig erreichbar.

Ein Anruf in Austra­lien zeigte die austra­lische Nummer, der Kunde blieb aber auch unter seiner deut­schen oder spani­schen oder fran­zösi­schen Nummer erreichbar. Dieses Produkt bietet Truphone seinen Neukunden längst nicht mehr an, Bestands­kunden können es aber weiter nutzen.

Truphone setzt auf eSIM

Truphone möchte in der eSIM-Liga weit vorne mitspielen Truphone möchte in der eSIM-Liga weit vorne mitspielen
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Truphone ist auf die eSIM umge­schwenkt und bietet diese über eine eigene App zum Down­load auf passenden Handys (zumeist iPhone und noblere Samsung-Modelle) an.

Der Down­load kann über die Truphone-App (für iOS oder für Android) erfolgen oder über die Bekannt­gabe der eID, welche das iPhone durch "Anruf" der Nummer *#06# verrät und die gescannt werden kann.

Truphone-Chef Ralph Stef­fens stellt sich die Zukunft so vor, dass für den Kunden nicht nur Tele­fon­minuten oder SMS-Nach­richten "flat" sein sollten, sondern auch die Daten. Wer beispiels­weise in ein Land mit horrenden Roaming-Preisen fliegen möchte, könnte vor dem Abflug beispiels­weise die App eines güns­tigen Taxi-Dienstes instal­liert haben. Diese App würde dann im besuchten Land, eine eSIM instal­lieren und verwenden, die aber nur auf den Taxi-Dienst einen Zugriff erlaubt, dafür ist diese Verbin­dung kostenlos oder wird mit den Fahrt­kosten bezahlt.

Genauso könnte man sich bei Truphone vorstellen, dass viele Händler oder Marken ihren Kunden eine eSIM (von Truphone) anbieten, als Kunden­bin­dungs­instru­ment oder als Werbe­maß­nahme. Der Kunde würde dafür mögli­cher­weise nichts bezahlen, müsste dafür aber Werbung des Händ­lers oder der Marke akzep­tieren. Denkbar ist auch, eine eSIM am Fahr­kar­ten­auto­maten "herun­ter­zuladen", im Display des Handys würde "Truphone" erscheinen. Welches wahre Netz im Hinter­grund genutzt wird, bliebe dem normalen Kunden verborgen.

Tech­nisch wäre auch denkbar, seine Plastik-SIM-Karte in ein älteres Handy einzu­legen, um sich dann aus dem Netz die passende eSIM herun­ter­zuladen. Die Technik ist prin­zipiell vorhanden, aber die prak­tische Umset­zung schei­tert an zig Faktoren: Geräte sind unter­schied­lich gebaut, haben unter­schied­liche Soft­ware­stände, wo bestimmte wich­tige Funk­tionen fehlen und dann schleicht sich auf der Verdacht ein, dass viele Anbieter, gerne ihre "eigenen" Ange­bote promoten wollen. Zu viel Konkur­renz wirkt da eher (ver)störend.

DENT Wire­less

DENT Wireless bietet eSIMs über eine App an. Denkbar wären aber Angebote für Wiederverkäufer DENT Wireless bietet eSIMs über eine App an. Denkbar wären aber Angebote für Wiederverkäufer
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
DENT Wire­less, ein eSIM-Anbieter, stellte sich persön­lich in Barce­lona vor. Man kann deren App im Apps­tore (für Android oder für iOS herun­ter­laden und bekommt zum Auspro­bieren 200 MB geschenkt.

Weitere Daten­volu­mina können gekauft oder über DENT-Punkte verdient werden, genaueres wird in der App erklärt. Eigent­lich möchte das Team eher als Anbieter von B2B-Dienst­leis­tungen (Geschäft­liche Kunden) auftreten, d.h. ein Dienst­leister könnte die eSIMs von DENT beziehen und dann an Privat­kunden verkaufen. Es gibt für die DENT-App sogar eine eigene Kunstwährung Es gibt für die DENT-App sogar eine eigene Kunstwährung
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

Ende der Plastik-SIM

Ob eines Tages die Plastik-SIM vom Markt verschwindet, wird von verschie­denen Spie­lern unter­schied­lich gesehen. Vermut­lich bleibt sie noch länger erhalten. Handy-Hersteller HMD, der unter der mit der Marke Nokia aktiv ist, verkauft selbst in Deutsch­land nach wie vor unglaub­liche Mengen an super einfa­chen Tasten­tele­fonen (z.B. dem Modell 105), die meist zwei SIM-Karten und viel­leicht auch eine SD-Spei­cher­karte verdauen und rudi­men­täres oder gar kein Internet verstehen.

Bis diese Geräte auch mit einer eSIM betankt werden können, dürfte es noch dauern.

Neue Spieler kommen, alte Spieler gehen

Mit dem Auftau­chen neuer eSIM-Anbieter treten die waren Netz­betreiber in den Hinter­grund und werden zu reinen "Daten­pump­sta­tionen" degra­diert. Das wollen die etablierten Marken aber nicht auf sich sitzen lassen. Ob die neue Konkur­renz zu güns­tigeren Preisen führen wird, muss man sehen, denn der Netz­ausbau kostet nach wie vor Geld und das zuneh­mende Daten­auf­kommen, macht ein perma­nenten Austausch und Umrüs­tung erfor­der­lich. Die klassische SIM-Karte könnte künftig mit eSIMs beladen werden Die klassische SIM-Karte könnte künftig mit eSIMs beladen werden
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Eins sollte klar sein: Es gibt eSIM-Anbieter, die 1 GB Daten "welt­weit" anbieten, aber am Ende brau­chen sie ein lokales Netz. Truphone nutzt in Deutsch­land beispiels­weise das Netz von Voda­fone, weil die Telekom bestimmte von den Anbie­tern benö­tigte Netz­funk­tionen ihren Service-Provi­dern nicht anbieten kann oder will.

Unsere Test-"Karte" von DENT buchte sich hier­zulande im Netz von o2 ein. Beide Karten fanden zunächst nur GSM, um dann nach einer Weile fest­zustellen, dass es auch 4G gibt. Bis alle diese eSIM-Karten auf 5G "roamen" können, scheint es noch eine Weile zu dauern, weil dieser Prozess tech­nisch nicht ganz trivial zu sein scheint.

Im Podcast zum Mobile World Congress teilt teltarif.de-Redak­teur Henning Gajek seine Erfah­rungen auf der dies­jäh­rigen Tech­nik­messe.

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