Nächste Generation

"NG eCall": Neuer Auto-Notruf der Deutschen Telekom

eCall im Auto wurde 2018 einge­führt. Es braucht drin­gend ein Update, weil 2G in die Jahre gekommen und 3G weit­gehend abge­schaltet ist. NG eCall könnte der Nach­folger werden.
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Die EU schreibt schon seit April 2018 einen auto­mati­schen Notruf im Auto ("ecall") vor. Doch der stützt sich in vielen Fällen nur auf 2G und theo­retisch auch 3G, was es aber in Deutsch­land nicht mehr gibt. Das bedeutet: Im Falle eines Falles können ältere Autos nur über 2G (GSM) Alarm schlagen.

Betrof­fene Kunden, die beim Auto­her­steller nach einem Nach­rüst­satz mit 4G fragten, seien bisher abge­wim­melt worden. Auch die Schnitt­stellen der Autos, worüber Dritt­lie­feranten Ange­bote machen könnten, scheinen auch eher "geheim" zu sein. Kein idealer Zustand.

Test eines zukunfts­fähigen Updates

Der eCall der Europäischen Union braucht ein Update: NG eCall kann 4G Der eCall der Europäischen Union braucht ein Update: NG eCall kann 4G
Foto/Montage: Deutsche Telekom
Nun bereitet die Deut­sche Telekom zusammen mit Qual­comm und dem Prüf­institut "cetecom advanced" das Mobil­funk­netz für die nächste Gene­ration der auto­mati­schen Notruf­sys­teme in Kraft­fahr­zeugen vor. Das von der Euro­päi­schen Union vorge­schrie­bene auto­mati­sche Notruf­system ist tech­nisch mitt­ler­weile veraltet. Mit dem Next Gene­ration Emer­gency Call (NG eCall) soll es "ein zukunfts­fähiges Update" erhalten.

Wohl­gemerkt: Die Produkte sind noch nicht im Handel oder bei den Auto­her­stel­lern erhält­lich. Es geht im Augen­blick um ein Pilot­pro­jekt. Die Kommu­nika­tion der Notruf­zen­trale mit Menschen in Not läuft dabei über die Fest- und Mobil­funk­netze der Telekom. "NG eCall" über­trägt die Daten über LTE und stellt auch eine Sprech­ver­bin­dung zum Fahr­zeug über das kommer­zielle 4G-Netz her. LTE ist in Europa "sehr stark verbreitet" und bietet somit eine große Netz­abde­ckung.

Fahr­zeug­her­steller und Betreiber von Notruf­zen­tralen können das neue Notruf­system ab sofort im Netz der Telekom deutsch­land­weit testen. Endkunden müssen noch warten.

Welche Vorteile hat "NG eCall"?

Beim NG eCall wird der Rufaufbau zu den Fahr­zeug­insassen deut­lich schneller verlaufen. Auch die bishe­rigen Einschrän­kungen bei der Über­tra­gung von Daten fallen weg. Während das bishe­rige System über 2G nur mini­male Daten­mengen über­tragen kann (falls über­haupt), sind in Zukunft sogar Live-Bilder aus dem Fahr­zeug denkbar. So könnten die Notruf­zen­tralen bei einem Unfall auf Onboard-Kameras zugreifen und die Situa­tion am Unfallort direkt selbst einschätzen.

Wenn die Insassen damit einver­standen sind, könnten optional sogar Gesund­heits­daten über die schnellen Daten­ver­bin­dungen an die Rettungs­dienste über­tragen werden. So ließen sich Rettungs­maß­nahmen bereits auf dem Weg zum Unfallort vorbe­reiten.

NG eCall erfüllt Anfor­derungen

Das Pilot­pro­jekt zeigt: Die Anfor­derungen an ein leis­tungs­fähiges Notruf­system mit dem "NG eCall" sind bereits heute erfüllt. Die Aktua­lisie­rung der EU-eCall-Verord­nungen wird seit Langem erwartet und ist drin­gend erfor­der­lich. Bis heute sind Fahr­zeug­her­steller noch immer zum Einbau der tech­nisch veral­teten 2G-Technik (GSM) oder 3G (UMTS) verpflichtet, die zum Teil in vielen Ländern abge­schaltet wurde. Hinter­grund für die Vorgabe war die damals im Vergleich zu 4G/LTE beson­ders gute Netz­abde­ckung.

Durch den rasanten Ausbau neuer Mobil­funk­netze ist die Aktua­lisie­rung der Vorgaben jedoch sinn­voll und zwin­gend nötig. So können die Vorteile der modernen Tech­nologie endlich auch in Notfall­situa­tionen dazu beitragen, den Unfall­opfern schneller und effek­tiver zu helfen.

Tech­nische Details

Für das Pilot­pro­jekt arbeitet die Telekom mit Qual­comm Tech­nolo­gies und cetecom advanced zusammen. Qual­comm ist nicht nur in Handys oder Sende/Empfangs­sta­tionen zu finden, sondern spielt auch eine Rolle in der Auto­mobil­indus­trie. Qual­comm stellt den Proto­typen der Bord­elek­tronik ("In-Vehicle System", kurz IVS) zur Verfü­gung. Der Dienst­anbieter cetecom advanced steuert die Test­ver­sion der Notruf­zen­trale (Public Safety Answe­ring Point, PSAP) bei.

Die Tech­nologie ist bereits jetzt im gesamten Netz der Telekom Deutsch­land verfügbar. Bei Bedarf wird sie regional für Tests durch Auto-, Zube­hör­her­steller oder Betreiber von Notruf­zen­tralen akti­viert. In den Test­regionen sendet das Netz dann den NG-eCall-Broad­cast-Indi­kator. Er infor­miert die Bord­elek­tronik des Fahr­zeugs über die Fähig­keiten des Netzes. So "weiß" das Fahr­zeug, dass der NG eCall bereit­steht.

Was passiert im Notfall?

Bei einem Unfall startet die Bord­elek­tronik einen NG eCall mit IMS-basierter Notruf­signa­lisie­rung. So lassen sich auch Multi­media-Daten über die Netze trans­por­tieren. Mobil­funk- und Fest­netz leiten den NG eCall an die Test-Notruf­zen­trale bei cetecom advanced weiter. Weitere Anfor­derungen werden in den kommenden Tests über­prüft. Dazu gehört beispiels­weise die Über­gabe von Notrufen zwischen neuer und alter Tech­nologie, während eines laufenden eCalls. Auf diese Weise soll die Konti­nuität eines eCalls - insbe­son­dere in der Über­gangs­zeit von alter zu neuer Tech­nologie - gesi­chert sein. Anbieter von Bord­elek­tronik, Fahr­zeug­her­steller und Betreiber von Notruf­zen­tralen können den NG-eCall-Piloten für Tests nutzen. So können sie ihre NG eCall-Lösungen im öffent­lichen Telekom-Netz über­prüfen. Bis wir diese Produkte kaufen bzw. nutzen können, wird es noch etwas dauern.

Wo es kein (terres­tri­sches) Netz gibt, kann ein Notruf per Satellit (z.B. mit einem iPhone) weiter­helfen.

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