Swisscom: Jahresziele erreicht - 2 Milliarden Investitionen
Swisscom Chef Urs Schaeppi kann sich über seine italienische Tochter Fastweb freuen. Im Schweizer Heimatmarkt investiert er über 2 Milliarden Euro ins Netz.
Foto: Swisscom
"In einem herausfordernden Umfeld agierten wir im letzten Jahr mit Erfolg und erzielten bei einem leicht tieferen Umsatz ein starkes Betriebsergebnis", freut sich der Chef der Schweizer Swisscom, Urs Schaeppi. Der Erfolg sei "umso bemerkenswerter", da aufgrund der Pandemie über 80 Prozent seiner Mitarbeitenden von zu Hause aus arbeiteten und den Betrieb auch bei höherer Netzlast jederzeit sicherstellten.
Preisaggressive Angebote machen Druck
Schaeppi wies darauf hin, dass sein Marktumfeld weiter von aggressiven Angeboten ("Promotionen"), intensivem Wettbewerb und einem Preisverfall im Schweizer Kerngeschäft geprägt sei. Er ist stolz, bei allen Mobilfunknetztests in der Schweiz und bei der Kundenzufriedenheit von Privat- und Geschäftskunden ganz oben auf Siegertreppchen zu stehen.
Die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Roaming-Umsätze und fehlende Inhalte (z.B. Sport) beim TV-Dienst "blue" (in etwa vergleichbar mit MagentaTV oder Vodafone GigaTV etc.) konnte die Swisscom mit Wachstum bei Sicherheits- und Cloud-Lösungen und bei ihrer italienischen Tochter Fastweb sowie mit Effizienzsteigerungen kompensieren.
Für 2021 erwartet der Swisscom-Konzern trotz der aktuellen Unsicherheiten ein robustes Geschäft.
Reduzierter Umsatz - EBITDA stabil
Swisscom Chef Urs Schaeppi kann sich über seine italienische Tochter Fastweb freuen. Im Schweizer Heimatmarkt investiert er über 2 Milliarden Euro ins Netz.
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Der Konzernumsatz reduzierte sich um 3,1 Prozent auf etwa 10,26 Milliarden Euro (11,1 Milliarden Schweizer Franken). Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) stieg um 0,6 Prozent auf etwa 4,05 Milliarden Euro. Bereinigt um die Wechselkursschwankungen betrug der Umsatzrückgang etwa 2,3 Prozent, der EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) blieb stabil.
Wie auch bei anderen Mobilfunkanbietern, hat die aktuelle Pandemie vor allem die Roaming-Umsätze negativ beeinflusst, die Auswirkungen auf das operative Ergebnis blieben insgesamt aber gering, betont man in Worblaufen bei Bern, wo die Swisscom ihren Hauptsitz hat.
Im gesättigten Schweizer Kerngeschäft erwirtschaftete Swisscom einen Umsatz von etwa 8 Milliarden Euro (8,275 Milliarden Schweizer Franken), was einem Rückgang von 3,5 Prozent entspricht. Der Umsatzrückgang komme vor allem durch anhaltenden Preisdruck und die Pandemie. Rund ein Drittel des fehlenden Umsatzes (etwa 82 Millionen Euro) entfalle auf Roaming.
Fastweb macht Freude
Wie schon im letzten Jahr entwickelt sich das Geschäft in Italien weiter positiv: Das Umsatzwachstum bei der italienischen Internet-Tochter Fastweb beträgt im Vergleich zum Vorjahr 86 Millionen Euro oder plus 3,9 Prozent.
Das EBITDA im Schweizer Kerngeschäft stieg um 1,2 Prozent auf 3,5 Milliarden Franken, was aber bereinigt einem Rückgang um 0,5 Prozent entspricht. Der geringere Umsatz ließ sich durch höhere Effizienz größtenteils wieder auffangen.
Technologieführer dank hoher Netzinvestitionen
Die Swisscom unterstützt Startups, links außen CEO Urs Schaeppi, im Hintergrund das dreidimensionale Swisscom-Logo.
Foto: Swisscom
Analog zu den Kollegen der Deutschen Telekom investiert Swisscom trotz aller Umstände "kontinuierlich in die Qualität, Abdeckung und Leistungsfähigkeit" seiner Netzinfrastruktur und habe damit die Technologieführerschaft ausgebaut, betont man bei dem ehemaligen rein staatlichen Unternehmen ("PTT" = Post, Telefon, Telegraph). Heute hält die Schweizer Eidgenossenschaft (= der Staat) 51 Prozent der Anteile am Unternehmen, das knapp 20.000 Mitarbeiter/innen beschäftigt.
Die konzernweiten Investitionen blieben mit etwa 2 Milliarden Euro (minus 8,6 Prozent) "immer noch hoch und auf vergleichbarer Basis stabil".
2019 hatte Swisscom etwa 181,2 Millionen Euro für alle neuen 5G-Mobilfunkfrequenzen ausgegeben, ein Wert, von dem die deutschen Kollegen nur träumen können.
Breitbandausbau im Festnetz wie geplant
Ende 2020 hat Swisscom in der Schweiz über 4,4 Millionen oder 82 Prozent der Wohnungen und Betriebe mit "Ultrabreitband" (also mehr als 80 MBit/s) erschlossen. Über 3,1 Millionen oder 59 Prozent der Wohnungen und Unternehmen könne auf mehr als 200 MBit/s zugreifen. Bei Geschwindigkeiten von 10 GBit/s betrage die schweizweite Abdeckung rund 32 Prozent. Bis Ende 2021 will Swisscom alle Gemeinden mit Ultrabreitband erschließen und so auch abgelegenen Ortschaften einen Zugang zu schnellem Internet ermöglichen.
Die Swisscom hegt den Anspruch, ihren Kunden "überall und jederzeit das beste Netz der Schweiz" bieten zu können. Deswegen soll bis Ende 2025 die Glasfaserabdeckung in Haushalten und Betrieben (FTTH) auf bis zu 60 Prozent ausgebaut werden, was Kenner als "ambitioniert" betrachten.
Wachsender Bedarf bei Mobilfunk
Bis zum Jahresende 2020 deckte das 4G/LTE-Netz der Swisscom etwa 99 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab. Gefragt sei jedoch noch mehr Geschwindigkeit: Auf einer Teststrecke wurde in einem fahrenden Zug über eine Kombination von 4G und 5G (DSS) eine Übertragungsgeschwindigkeit von 1 GBit/s erreicht.
Aktuell versorgt Swisscom nach eigenen Angaben 96 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit einer Basisversion von 5G (5G-DSS). Bis Ende 2020 verfügte Swisscom über 1239 Antennen in 522 Orten mit der "Vollversion 5G+", also "echtes" 5G auf 3,5-3,8 GHz.
Bei Swisscom stieg das Datenvolumen aufgrund des erhöhten Bedarfs im Mobilfunknetz im Vorjahresvergleich um 29 Prozent. Seit dem Jahr 2010 hat sich das Datenvolumen mehr als verhundertfacht. Um einen Datenstau im Netz zu verhindern und die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft weiter voranzutreiben, sei der Ausbau des Mobilfunknetzes wichtiger denn je, betont man bei Swisscom.
Bündelangebot inOne legt weiter zu
Was in Deutschland MagentaEINS oder Giga-Kombi-Vorteil hießt, ist bei Swisscom "inOne". Die Zahl der TV- und Breitbandanschlüsse bliebt hoch, Bündelangebote (Fest und Funk) bleiben gefragt. Ende 2020 hatte Swisscom 2,45 Millionen private inOne Kunden. 68 Prozent aller Mobilfunk-Verträge und 76 Prozent der Breitbandanschlüsse sind "inOne" Verträge. 46 Prozent aller Breitbandkunden nutzen ein kombiniertes Angebot.
Zweit- und Drittmarken wachsen
Die Märkte Breitband und TV sind eigentlich gesättigt, nur wenn ein "unschlagbares" Angebot kommt, kann noch ein "neuer" Kunde "überzeugt" werden. Die Zahl der Festnetz-Breitbandanschlüsse ging im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück, trotz eines Wachstums bei Zweit- und Drittmarken um 14.000 Neu-Anschlüsse. Bei den TV-Kunden änderte sich nichts.
Der lange rückläufige Trend bei der klassischen Festnetztelefonie verlangsamt sich aufgrund der abgeschlossenen IP-Migration: Ende 2020 verzeichnete Swisscom 1,52 Millionen Festnetz-Telefonie-Anschlüsse, was einem Rückgang von 71.000 Anschlüssen zum Vorjahr entspricht.
Der Bestand der Postpaid-Anschlüsse stieg im Mobilfunk um 81.000 gegenüber dem Vorjahr. 62.000 Anschlüsse gingen auf günstigere Zweit- und Drittmarken wie Wingo und M-Budget Mobile. Die Zahl der Prepaid-Anschlüsse sank um 190.000. Ende 2020 zählte Swisscom insgesamt 6,22 Millionen Mobilfunkanschlüsse.
blue für TV, Streaming, Kino und Gaming – Boom bei Smart Home?
Im Rahmen seiner Unterhaltungsangebote hat Swisscom im September die Produktfamilie "Swisscom blue" gestartet, die "ein übergreifendes Entertainment-Erlebnis mit neuen Angeboten und neuen Inhalten" bieten sollen, auf das sich von überall zugreifen lässt.
Die Basis für das neue Angebot bildet blue TV. Die Marke "Bluewin" wurde in "blue News" umbenannt, "blue+" soll der "führende Schweizer Streaming- und Pay-TV-Anbieter" werden. Wie auch in andern Ländern steht Blue auch Kunden der Mitbewerber offen.
Seit dem 20. Oktober können Swisscom-Kunden wieder Eishockey mitverfolgen. Die MySports-Kanäle lassen sich über die blue TV Plattform bestellen und die Swisscom Rechnung bezahlen.
Starkes Wachstum verzeichnet die Heimvernetzung (Smart Home). Ob Licht, Musik oder Alarmanlagen: Ende 2020 waren bereits 340.000 Geräte über die Home App von Swisscom verbunden, fast drei Mal so viel wie ein Jahr zuvor.
250.000 Kunden nutzten die App regelmäßig. Wie "Mein Magenta" erlaubt "My Swisscom" direkten Zugriff auf laufenden Kosten, Rechnungen und Produkte. Die App wurde bereits über 1,2 Millionen Mal heruntergeladen und wird von etwa der Hälfte regelmäßig genutzt.
Geschäftskunden Nachfrage nach ICT-Lösungen
Auf dem Markt für Geschäftskunden gibt es starken Wettbewerb und neue Technologien. Der Umsatz mit Telekommunikationsdiensten sank für Swisscom im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent auf etwa 1,5 Milliarden Euro. Swisscom sieht sich als "Full Service Provider", die Kundenzufriedenheit sei weiter hoch. Wachstum verzeichnen Cloud, Security sowie Unified Communication & Kollaborations-Lösungen (z.B. Konferenzdienste). Der Umsatz im Lösungsgeschäft blieb mit knapp 1 Milliarde Euro nahezu stabil (plus 0,9 Prozent).
Hohe Dividende
Aktionäre dürfen sich über eine Dividende von voraussichtlich 22 Franken pro Aktie freuen. Die Aktie notierte heute an der Schweizer Börse bei 486,30 Franken (449,47 Euro, um 14:56 Uhr).
Weiter Sparkurs und Effizienzsteigerung
Der hohe Wettbewerbs- und Preisdruck im Schweizer Kerngeschäft werde weiter anhalten, deswegen will Swisscom seine Kostenbasis in 2021 und 2022 um jeweils 100 Millionen Schweizer Franken (92 Millionen Euro) senken: Dazu sollen Arbeitsabläufe vereinfacht, Systeme effizienter werden - und einige Stellen werden auch dran glauben müssen. Dennoch will Swisscom 2021 rund 900 Lehrstellen bereitstellen.
Der detaillierte Jahresbericht kann im Netz eingesehen werden. Hier finden sich auch alle wichtigen Kennzahlen.