Swisscom: Der 5G(+)-Netzausbau wichtig für die Zukunft
Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet.
Foto: Swisscom
Wenn Finanzzahlen vorgestellt werden, kann es knochentrocken sein, aber auch interessante Einblicke geben. Wie sieht es beispielsweise im ersten Quartal bei Schweizer Marktführer Swisscom aus? teltarif.de hat heute Morgen am Conference Call teilgenommen.
Solides Ergebnis
Für Urs Schaeppi, den CEO der Swisscom, sind die aktuellen Zahlen ein "solides Ergebnis", der Umsatz sei im Rahmen geblieben, das Betriebsergebnis (EBITDA) knapp über 1 Milliarde Euro. Die Zahlen des ersten Quartals liegen traditionell etwas schwächer. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Konzernumsatz (2,58 Milliarden Euro) um 4,3 Prozent unter dem Vorjahr geblieben. Der Grund ist klar: Der Schweizer Markt ist im Grunde gesättigt. Ein Teil des Rückgangs konnte durch Sparmaßnahmen aufgefangen werden. Somit bleiben unter dem Strich mit 370 Millionen Euro noch ein Reingewinn.
Auswirkungen durch Covid-19?
Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet.
Foto: Swisscom
Natürlich stellt sich die Frage, wie sich Covid-19 auf die Zahlen auswirkt, aber die 14 Tage im März haben noch keine direkt spürbaren Auswirkungen. Die Schweiz hat mit ähnlichen Fragen und Problemen, wie im "großen Kanton" (= Deutschland) zu tun, doch ist in einer weitaus komfortableren Position, was ihren Marktanteil betrifft.
Bündelangebote gefragt
Ähnlich wie in Deutschland sind Bündelangebote weiterhin gefragt, 68 Prozent der Privatkunden nutzen das Mobilfunkangebot von "inOne", das aus Mobilfunk und Festnetz mit spürbaren Rabatten besteht. Geschäftskunden interessieren sich für komplette Lösungen (plus 3,9 Prozent), die Swisscom betätigt sich seit vielen Jahren als Systemhaus.
Wachstum in Italien
Gute Nachrichten aus Italien, wo die dortige Tochter "Fastweb" in allen Kundensegmenten zulegt. Der Grund ist klar: Die Anschlussquote an moderne Technologien wie Internet aus dem Festnetz und über Mobilfunk ist in Italien noch deutlich niedriger als in der Schweiz.
Investition in den Netzausbau
Wie bei der Deutschen Telekom hat auch Swisscom viel in ihr Netz investiert: "Unser Netz ist das Fundament unseres Erfolges. Dies wird in der aktuellen Covid-19-Krise deutlich", betont Schaeppi. "Meetings per Videokonferenz im Homeoffice, Fernunterricht im Kinderzimmer oder der Kontakt mit Freunden über Telefon und Facetime gehören zum neuen Alltag – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Infrastruktur. Verglichen mit dem Vormonat verzeichnen wir im März 70 Prozent mehr Mobilfunkanrufe. Im Festnetz erreichen wir mit TV und Streaming jeden Abend zur Primetime Höchstwerte, wie vor der Krise jeweils nur sonntagabends." Schaeppi freut sich über vier Testsiege (bei CHIP, PC Magazin/PCgo, Ookla und nPerf) im ersten Quartal.
Doch in Bern weiß man, dass weiter investiert werden muss (487 Millionen Euro), um dem konstant steigenden Datenvolumen Herr zu werden. Deshalb plant Swisscom den weiteren Ausbau mit 5G im Mobilfunk sowie die Verdoppelung der Glaserfaserabdeckung (FTTH) bis Ende 2025.
Urs Schaeppi im Video
Breitband: Verdoppelung bei FTTH geplant
Bis Ende März 2020 meldet Swisscom über 4 Millionen oder rund 76 Prozent aller Wohnungen und Geschäfte mit Ultrabreitband (also mehr als 80 MBit/s) als erschlossen. Rund 2,65 Millionen oder 50 Prozent können schneller als 200 MBit/s ins Netz gehen, davon sind über 1,57 Millionen schon mit FTTH ausgebaut. Bis Ende 2021 will Swisscom alle Schweizer Gemeinden mit Ultrabreitband erschlossen haben und so auch abgelegenen Ortschaften Zugang zu Ultrabreitband ermöglichen.
Bis Ende 2025 soll die Glasfaserabdeckung mit (FTTH) gegenüber 2019 verdoppelt werden. Mobilfunk- und Breitbandnetz sollen künftig "intelligent zusammenspielen".
Umstellung auf IP abgeschlossen
Der Wechsel auf die VoIP-Technologie wurde sowohl bei Privat- als auch Geschäftskunden vollständig abgeschlossen. Bis Ende 2022 soll die alte nicht mehr benötigte "analoge" Infrastruktur komplett abgebaut sein.
Angst vor 5G könnte zu Kapazitätsengpässen führen
Seit Ende 2019 versorgt die Swisscom bereit 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit 5G mit Geschwindigkeiten bis zu 1 GBit/s. Um das wahre Potenzial von 5G nutzen zu können, um Daten noch effektiver und energiesparender übertragen zu können, ist aber die Erneuerung bestehender und den Bau zusätzlicher Antennenanlagen mit 5G+ erforderlich. Unter 5G+ versteht die Swisscom 5G auf 3,5 GHz.
Doch da hängt es: Aufgrund von "Bedenken gegenüber 5G" speziell gegenüber "adaptiven Antennen" (=MIMO), gibt es aktuelle Einschränkungen, beispielsweise sogenannte "Moratorien" (wir tun erst mal nichts und denken in Ruhe drüber nach) und deshalb geht es mit dem Ausbau nicht weiter. Das sei gefährlich, warnt der Swisscom-CEO, weil damit dringend notwendiger Kapazitäten sowohl für 4G wie auch für 5G nicht gebaut werden können. Die möglichen Folgen werden erst später spürbar sein: Datenstau.
Der Wechsel auf 5G sei vergleichbar mit dem Wechsel von der energiezehrenden Glühbirne zur stromsparenden LED-Lampe. Erst 5G erlaube ein weniger strahlendes und energieeffizienteres Netz.
Aktuelle Lage: Netzausbau bleibt wichtig
Und gerade die aktuelle Pandemie-Lage zeigt, wie "wichtig der stetige Ausbau ist, um flexibel auf komplette Nutzungsänderungen reagieren zu können". Swisscom sieht Politik und Behörden in der Pflicht, die Voraussetzungen für den Ausbau der Netze und für das Funktionieren der Gesellschaft und Wirtschaft zu sorgen.
Das 4G/LTE-Netz von Swisscom deckt per bis Ende März 2020 99 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab. Über 97 Prozent der Bevölkerung können mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 MBit/s surfen, über 72 Prozent schon mit bis zu 500 MBit/s und rund 27 Prozent erreichen bis zu 700 MBit/s. Werte von den wir hier in Deutschland noch "Lichtjahre" entfernt sein dürften.
Mobiltelefon ersetzt Festnetz?
Auf die Frage von teltarif.de, ob das Mobiltelefon das Festnetz substituieren werde, ist sich Schaeppi sicher, dass der Mobilfunk das Festnetz nicht ersetzen wird. Gerade aktuell haben viele Anwender im Homeoffice das Festnetz wieder entdeckt: "Es wird um 70 Prozent mehr telefoniert und die Gespräche dauern um 50 Prozent länger", antwortete er.
Trotz Marktsättigung kann Swisscom bei Postpaid-Anschlüssen im Mobilfunk einen Zuwachs von 66.000 Neukunden melden. Bei Prepaid waren es 145.000 Anschlüsse weniger. Insgesamt sind bei Swisscom 6,30 Millionen Mobilfunkanschlüsse aktiv.
Übrigens: Wie die 5G-Technik funktioniert haben wir in einem weiteren Artikel beschrieben.