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Swisscom: Der 5G(+)-Netzausbau wichtig für die Zukunft

70 Prozent mehr Tele­fo­nate, die 50 Prozent länger dauern, zeigen, dass das Fest­netz wichtig bleibt, aber auch der Mobil­funk wächst bei Post­paid noch. Einblicke aus der Schweiz.
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Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet. Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet.
Foto: Swisscom
Wenn Finanz­zahlen vorge­stellt werden, kann es knochen­tro­cken sein, aber auch inter­es­sante Einblicke geben. Wie sieht es beispiels­weise im ersten Quartal bei Schweizer Markt­führer Swisscom aus? teltarif.de hat heute Morgen am Confe­rence Call teil­ge­nommen.

Solides Ergebnis

Für Urs Scha­eppi, den CEO der Swisscom, sind die aktu­ellen Zahlen ein "solides Ergebnis", der Umsatz sei im Rahmen geblieben, das Betriebs­er­gebnis (EBITDA) knapp über 1 Milli­arde Euro. Die Zahlen des ersten Quar­tals liegen tradi­tio­nell etwas schwä­cher. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Konzern­um­satz (2,58 Milli­arden Euro) um 4,3 Prozent unter dem Vorjahr geblieben. Der Grund ist klar: Der Schweizer Markt ist im Grunde gesät­tigt. Ein Teil des Rück­gangs konnte durch Spar­maß­nahmen aufge­fangen werden. Somit bleiben unter dem Strich mit 370 Millionen Euro noch ein Rein­ge­winn.

Auswir­kungen durch Covid-19?

Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet. Mit Sicherheitsabstand: Swisscom CEO Urs Schaeppi (links) im Swisscom Shop. Inzwischen haben wieder 90 Prozent der Läden geöffnet.
Foto: Swisscom
Natür­lich stellt sich die Frage, wie sich Covid-19 auf die Zahlen auswirkt, aber die 14 Tage im März haben noch keine direkt spür­baren Auswir­kungen. Die Schweiz hat mit ähnli­chen Fragen und Problemen, wie im "großen Kanton" (= Deutsch­land) zu tun, doch ist in einer weitaus komfor­ta­bleren Posi­tion, was ihren Markt­an­teil betrifft.

Bünde­l­an­ge­bote gefragt

Ähnlich wie in Deutsch­land sind Bünde­l­an­ge­bote weiterhin gefragt, 68 Prozent der Privat­kunden nutzen das Mobil­funk­an­gebot von "inOne", das aus Mobil­funk und Fest­netz mit spür­baren Rabatten besteht. Geschäfts­kunden inter­es­sieren sich für komplette Lösungen (plus 3,9 Prozent), die Swisscom betä­tigt sich seit vielen Jahren als System­haus.

Wachstum in Italien

Gute Nach­richten aus Italien, wo die dortige Tochter "Fastweb" in allen Kunden­seg­menten zulegt. Der Grund ist klar: Die Anschluss­quote an moderne Tech­no­lo­gien wie Internet aus dem Fest­netz und über Mobil­funk ist in Italien noch deut­lich nied­riger als in der Schweiz.

Inves­ti­tion in den Netz­ausbau

Wie bei der Deut­schen Telekom hat auch Swisscom viel in ihr Netz inves­tiert: "Unser Netz ist das Funda­ment unseres Erfolges. Dies wird in der aktu­ellen Covid-19-Krise deut­lich", betont Scha­eppi. "Meetings per Video­kon­fe­renz im Home­of­fice, Fern­un­ter­richt im Kinder­zimmer oder der Kontakt mit Freunden über Telefon und Face­time gehören zum neuen Alltag – mit entspre­chenden Auswir­kungen auf die Infra­struktur. Vergli­chen mit dem Vormonat verzeichnen wir im März 70 Prozent mehr Mobil­funk­an­rufe. Im Fest­netz errei­chen wir mit TV und Strea­ming jeden Abend zur Prime­time Höchst­werte, wie vor der Krise jeweils nur sonn­tag­abends." Scha­eppi freut sich über vier Test­siege (bei CHIP, PC Magazin/PCgo, Ookla und nPerf) im ersten Quartal.

Doch in Bern weiß man, dass weiter inves­tiert werden muss (487 Millionen Euro), um dem konstant stei­genden Daten­vo­lumen Herr zu werden. Deshalb plant Swisscom den weiteren Ausbau mit 5G im Mobil­funk sowie die Verdop­pe­lung der Glaser­fa­ser­ab­de­ckung (FTTH) bis Ende 2025.

Urs Scha­eppi im Video

Breit­band: Verdop­pe­lung bei FTTH geplant

Bis Ende März 2020 meldet Swisscom über 4 Millionen oder rund 76 Prozent aller Wohnungen und Geschäfte mit Ultrab­reit­band (also mehr als 80 MBit/s) als erschlossen. Rund 2,65 Millionen oder 50 Prozent können schneller als 200 MBit/s ins Netz gehen, davon sind über 1,57 Millionen schon mit FTTH ausge­baut. Bis Ende 2021 will Swisscom alle Schweizer Gemeinden mit Ultrab­reit­band erschlossen haben und so auch abge­le­genen Ortschaften Zugang zu Ultrab­reit­band ermög­li­chen.

Bis Ende 2025 soll die Glas­fa­ser­ab­de­ckung mit (FTTH) gegen­über 2019 verdop­pelt werden. Mobil­funk- und Breit­band­netz sollen künftig "intel­li­gent zusam­men­spielen".

Umstel­lung auf IP abge­schlossen

Der Wechsel auf die VoIP-Tech­no­logie wurde sowohl bei Privat- als auch Geschäfts­kunden voll­ständig abge­schlossen. Bis Ende 2022 soll die alte nicht mehr benö­tigte "analoge" Infra­struktur komplett abge­baut sein.

Angst vor 5G könnte zu Kapa­zi­täts­eng­pässen führen

Seit Ende 2019 versorgt die Swisscom bereit 90 Prozent der Schweizer Bevöl­ke­rung mit 5G mit Geschwin­dig­keiten bis zu 1 GBit/s. Um das wahre Poten­zial von 5G nutzen zu können, um Daten noch effek­tiver und ener­gie­spa­render über­tragen zu können, ist aber die Erneue­rung bestehender und den Bau zusätz­li­cher Anten­nen­an­lagen mit 5G+ erfor­der­lich. Unter 5G+ versteht die Swisscom 5G auf 3,5 GHz.

Doch da hängt es: Aufgrund von "Bedenken gegen­über 5G" speziell gegen­über "adap­tiven Antennen" (=MIMO), gibt es aktu­elle Einschrän­kungen, beispiels­weise soge­nannte "Mora­to­rien" (wir tun erst mal nichts und denken in Ruhe drüber nach) und deshalb geht es mit dem Ausbau nicht weiter. Das sei gefähr­lich, warnt der Swisscom-CEO, weil damit drin­gend notwen­diger Kapa­zi­täten sowohl für 4G wie auch für 5G nicht gebaut werden können. Die mögli­chen Folgen werden erst später spürbar sein: Daten­stau.

Der Wechsel auf 5G sei vergleichbar mit dem Wechsel von der ener­gie­zeh­renden Glüh­birne zur strom­spa­renden LED-Lampe. Erst 5G erlaube ein weniger strah­lendes und ener­gie­ef­fi­zi­en­teres Netz.

Aktu­elle Lage: Netz­ausbau bleibt wichtig

Und gerade die aktu­elle Pandemie-Lage zeigt, wie "wichtig der stetige Ausbau ist, um flexibel auf komplette Nutzungs­än­de­rungen reagieren zu können". Swisscom sieht Politik und Behörden in der Pflicht, die Voraus­set­zungen für den Ausbau der Netze und für das Funk­tio­nieren der Gesell­schaft und Wirt­schaft zu sorgen.

Das 4G/LTE-Netz von Swisscom deckt per bis Ende März 2020 99 Prozent der Schweizer Bevöl­ke­rung ab. Über 97 Prozent der Bevöl­ke­rung können mit Geschwin­dig­keiten von bis zu 300 MBit/s surfen, über 72 Prozent schon mit bis zu 500 MBit/s und rund 27 Prozent errei­chen bis zu 700 MBit/s. Werte von den wir hier in Deutsch­land noch "Licht­jahre" entfernt sein dürften.

Mobil­te­lefon ersetzt Fest­netz?

Auf die Frage von teltarif.de, ob das Mobil­te­lefon das Fest­netz substi­tu­ieren werde, ist sich Scha­eppi sicher, dass der Mobil­funk das Fest­netz nicht ersetzen wird. Gerade aktuell haben viele Anwender im Home­of­fice das Fest­netz wieder entdeckt: "Es wird um 70 Prozent mehr tele­fo­niert und die Gespräche dauern um 50 Prozent länger", antwor­tete er.

Trotz Markt­sät­ti­gung kann Swisscom bei Post­paid-Anschlüssen im Mobil­funk einen Zuwachs von 66.000 Neukunden melden. Bei Prepaid waren es 145.000 Anschlüsse weniger. Insge­samt sind bei Swisscom 6,30 Millionen Mobil­funk­an­schlüsse aktiv.

Übri­gens: Wie die 5G-Technik funk­tio­niert haben wir in einem weiteren Artikel beschrieben.

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