SIMon mobile im Test: Günstiger Tarif mit holprigem Start
Waschbären scheinen possierliche Tierchen zu sein, zumindest in der Werbung, in der Realität weniger. Hier der o2-Waschbär
Foto: o2 / Screenshot teltarif.de
Waschbären sind possierliche Tiere, zumindest in der Theorie. In der Praxis sorgen die aus den USA nach Europa "eingeschleppten" Tiere für große Probleme in der heimischen Natur. Und Exemplare, die sich in private Wohnhäuser "verirrt" hatten, sollen am Ende schon ganze Wohnungen "unbrauchbar" verwüstet haben.
Im Mobilfunk tauchte der Waschbär vor einiger Zeit bei o2 auf, wurde dort aber später wieder in Rente geschickt. Jüngst wurde das Tierchen bei dem Vodafone-No-Frills-Discounter "SIMon mobile" gesehen.
Vodafone war lange gegen Discounter
Waschbären sind en vogue. Der hier heißt SIMon und bietet 8 GB Datenvolumen ab 8,99 Euro im Monat an
Homepage: Simonmobile / Screenshot: teltarif.de
Vodafone hatte sich lange Zeit gegen allzugünstige No-Frills-Angebote gesträubt. Mit "SIMon mobile" wurde erstmals ein differenziertes Preismodell gewählt: Der monatlich zu zahlende Beitrag richtet sich nach dem Anbieter, von dem man seine Rufnummer mitbringt.
Los geht es bei 8,99 Euro im Monat, die man erzielen kann, wenn man etwa von Aldi-Talk oder Kaufland-Mobile zu SIMon wechselt. Wer von einem etablierten Anbieter wie Telekom, Vodafone oder o2 kommt, wird hingegen mit 14,99 Euro monatlich zur Kasse gebeten. Wer sich stattdessen eine neue Rufnummer zur neuen Karte geben lässt, zahlt "nur" 11,99 Euro.
Noch vor dem Start bestellbar
Am Dienstag, den 22. Juni, ist SIMon gestartet, aber schon am Montag war die Homepage für wenige Stunden im Netz verfügbar, da haben wir einfach über die Webseite bestellt.
Dort kann man seine aktuelle Mobilfunk-Rufnummer eintippen und den bisherigen Anbieter auswählen. Schon nach dem Eintippen der ersten Buchstaben zeigt sich, welcher Preis es sein wird. Kurios: Hat man einen Tarif "Bunte Mobil (Tarif Blau)", kann man für 8,99 Euro abschließen, hätte man den "Bunte Mobil (Tarif o2)" würde es 14,99 Euro kosten.
Einige Wechsel gehen nicht
Von Bild Connect darf man übrigens zu SIMon wechseln, von Bild Mobil (betrieben von der Vodafone Marke moconta) geht es aber nicht. moconta ist nämlich auch der Anbieter, der hinter SIMon steckt. Gut zu wissen, falls man eines Tages sich von SIMon trennen und seine Rufnummer woanders hin mitnehmen möchte.
Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat, wobei die Kündigung zum Ende eines laufenden Monats eingehen muss, damit sie am Ende des darauffolgenden Monats auch wirksam wird. Das mag manchem eher wie zwei Monate erscheinen, aber dennoch gibt es eine gewisse Flexibilität und Sicherheit: "Wenn das Angebot nichts für mich ist, kann ich relativ schnell wechseln."
Dass Vodafone all seine Verträge auf monatliche Kündigung umstellen könnte, was sicherlich das Vertrauen in die Marke und das Unternehmen stärken würde, ist leider nicht zu erwarten. Das "Handy für 1 Euro" wäre nur komplizierter zu realisieren. Unmöglich ist es nicht, wie o2-my-handy beweist.
Es gibt demnach kein "günstiges" Handy dazu, sondern nur eine SIM-Karte mit einem Tarif.
Der Bestellprozess
Im Bestellprozess werden die üblichen Daten wie Vorname, Name, Straße, PLZ-Ort, E-Mail und eine Kontakt-Rufnummer abgefragt (bitte ohne Trenn- oder Schrägstrich).
Danach geht es schon zur Zahlung, die nur per SEPA-Lastschrift erfolgen kann. Eine intensivere Prüfung der Identität des Kunden erfolgte nicht, offenbar reichen die angegeben Daten schon aus.
Umfangreiche Rückmeldungen
Waschbären scheinen possierliche Tierchen zu sein, zumindest in der Werbung, in der Realität weniger. Hier der o2-Waschbär
Foto: o2 / Screenshot teltarif.de
Die Bestellung wurde von zahlreichen E-Mails bestätigt: Erster Schritt, die verwendete E-Mail-Adresse bestätigen - dazu wird auch nochmal das Geburtsdatum abgefragt. Dann folgte eine weitere Mail mit der Vertragsnummer, angehängten AGB, Widerrufsbelehrung, Datenschutzhinweisen und ein Informationsblatt zu Internetzugangsdiensten, aber keine Preisliste.
Eine weitere Mail bestätigte, dass die Karte dem Versanddienstleister übergeben wurde und in wenigen Tagen eintreffen werde, eine Tracking-Nummer oder wenigstens der Name des Versand-Unternehmens (hier war es GLS) fehlten jedoch.
Na Du!
Da die Zielgruppe wohl eher jünger sein dürfte, wird man in einem lockeren Ton geduzt. "Na Henning, hieß es da, Deine Mobilfunknummer 49176.... ist jetzt freigegeben und wird zum 29.06.2021 zu SIMon mobile übertragen. Danach stehen dir alle Services von SIMon mobile zur Verfügung. Cool? Cool! Alles klar? Sauber! Dein Simon."
Eine weitere Mail von "service@simonmobile" folgte nach der Aktualisierung der Kundendaten im Portal.
"Na Henning?! - Die Aktualisierung deiner persönlichen Daten wurde erfolgreich durchgeführt. Thank me later. Solltest du die Änderung nicht selbst veranlasst haben, meld‘ dich bitte bei uns. Dann klären wir dat! - Weiterhin viel Spaß und jede Menge High Life für Low Budget. - Dein Simon."
Und noch eine Mail "Deine Meinung ist uns wichtig". Der allererste Eindruck, da gibt sich jemand Mühe.
Die Karte lag bald im Briefkasten: Ein DIN-A4-Umschlag mit Lieferschein, AGB und der 3-in-1-SIM-Karte (halbes ISO-Format) in einer wiederverschliessbaren Folientüte.
Freischaltung mit Hindernissen
Wie angekündigt, am 29. Juni 2021 (8 Tage nach der Bestellung) war es dann soweit: Pünktlich um Mitternacht hauchte die Kaufland-Mobil-SIM-Karte ihr Leben aus. Die SIM von SIMon wurde eingelegt und buchte sich ein. Mehr passierte aber nicht. Telefonieren, Surfen oder SMSen waren nicht möglich. Anrufer von außen wurden informiert, dass die Rufnummer "nicht vergeben sei".
Erst am Morgen des 29. Juni gegen 7.15 Uhr kamen erste Testanrufe durch, anfangs nur als Anrufe in Abwesenheit (der Anrufer erhielt ein Besetzt-Zeichen), dann gingen sie vollständig durch. Abgehend war weiter "besetzt".
Gegen 10.30 Uhr wurde die Hotline (reguläre Festnetznummer mit Düsseldorfer Vorwahl) angerufen, wo die Karten-Freischaltung bestätigt wurde. Man wolle das aber nochmal frisch anstoßen.
Bereits um 10.32 Uhr trudelte eine SMS von der "70220" ein: "Lieber SIMon mobile-Kunde! Deine SIM-Karte wurde erfolgreich aktiviert." Nun war Telefonieren möglich, allerdings war das 4G-Symbol des verwendeten iPhones verschwunden. Das konnte man durch "Ausschalten/Einschalten" des Handys wieder herbeizaubern, dann war Surfen mit 4G (LTE) möglich. Bei Sprachanrufen verschwand das 4G-Symbol sofort.
Ein weiterer Anruf am Nachmittag: "VoLTE funktioniert nicht". Antwort: "Das müsste eigentlich gehen. Kann bis zu 24 Stunden dauern. Ich aktiviere das nochmal." Es funktionierte nicht.
Tag 2: Kein VoLTE
Der nächste Tag: Am 30. Juni funktionierte auch VoLTE nicht. Die Dame an der Hotline versprach "Ich aktiviere VoLTE erneut. Sollte innerhalb einer halben Stunde gehen. Notfalls Handy neu starten."
Tag 3: Endlich VoLTE
Trotz mehrfachem Ein- und Ausschalten des Handys funktionierte VoLTE erst einmal nicht. Schließlich - am Donnerstagnachmittag - funktionierte VoLTE dann doch, nachdem das Handy erneut in den Flugmodus versetzt und VoLTE aus- und wieder eingeschaltet wurde.
Auch andere SIMon-Kunden berichten, dass die VoLTE-Funktion zunächst nicht funktionierte. Die Hotline, die nach Insider-Informationen auch die Kunden von Lidl Connect betreut, hat auf ein spezielles Programm Zugriff, um die Funktion einzuschalten. Eigentlich sollte das bei der Kartenaktivierung automatisch ablaufen. Offenbar funktioniert das aber - aus welchen Gründen auch immer - noch nicht zuverlässig.
Originell: Visual Voice Mail
Wer die SIMon-Karte in einem iPhone betreiben möchte, kann die "Visual Voice Mail" aktivieren. Dazu muss die Kurzwahl "5500" angerufen und ins Menü "2" (Mailbox-Einstellungen), "4" (Benachrichtigungsoptionen), "5" (Visual Voice Mail) eingegeben werden.
Nach einem Handy-Neustart werden Nachrichten auf der Mailbox direkt aufs iPhone überspielt und können in beliebiger Reihenfolge abgehört werden.
App-Download im Mobilfunk
Wir haben mit der SIMon-mobile-SIM-Karte ein iPhone eingerichtet und die notwendigen Apps per Mobilfunk (4G) heruntergeladen.
Selbst der Download kleinerer Apps dauerte im südhessischen Ort Oberzent-Beerfelden (10.000 Einwohner) ungewöhnlich lange, obwohl 4G/LTE mit 10-20 MBit/s zur Verfügung stand.
Ein erstes Fazit
Die Preisgestaltung ist ungewöhnlich bis verwirrend: 8 GB für 8,99 Euro im Monat im Netz von Vodafone sind eine Hausnummer. Die Zielrichtung ist klar: Vodafone möchte dem "neuen" Konkurrenten 1&1, der in Kürze sein eigenes Netz starten will, etwas Contra geben. Zu diesem Preis darf man keinen Super-Service erwarten. Im Gegenzug hat aber 1&1 (Drillisch) mit seinen gefühlt 100 Marken seine internen Abläufe so optimiert, dass solche Basics einfach von selbst funktionieren und keinerlei Nachhilfe durch eine Hotline, die bei SIMon wohl beim Dienstleister Arvato (Bertelsmann Gruppe) im Brandenburgischen Schwedt sitzt, bedarf.
SIMon mobile ist eine gute Gelegenheit, das Vodafone-Netz auf Herz und Nieren zu testen. Es gibt Regionen, wo Vodafone gut dabei ist oder sogar vorne liegt. Und es gibt Regionen, beispielsweise in Hessen, wo es aktuell noch sehr ärgerliche weiße Flecken gibt, wo das Netz von Vodafone mit keinerlei Funk-Technologie hinkommt. Von einem Funkloch kann man hier nicht mehr sprechen.
Allerdings bleibt die Frage, wie lange Vodafone den Preispunkt 1 GB für etwa 1 Euro gemeinsam mit 1&1-Drillisch alleine besetzen wird. Man darf davon ausgehen, dass sowohl diverse Marken im Netz der Telekom als auch bei o2 (Original) nachziehen werden.
o2-Chef Markus Haas hat angekündigt, gemeinsam mit Telekom und Vodafone bis 2024 alle Funklöcher stopfen zu wollen. Das ist eine kühne Ankündigung, an der viele "Funkloch-gestresste" Anwender sehr stark zweifeln.