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Streaming: Welchen Weg geht Comcast in Europa?

In den USA zählt Comcast aufgrund seines Kabel­netzes zu den wich­tigsten Medi­enkon­zernen über­haupt. Auf dem euro­päi­schen Markt hingegen will man im Strea­ming den Ton angeben, der Weg zum Ziel ist jedoch steinig.
Von Björn König

Aktuell ging es in den großen US-Medi­enkon­zernen wieder einmal um das leidige Thema Quar­tals­zahlen. Wie so oft zeigen sich in den Bilanzen Stärken und Schwä­chen der Unter­nehmen, vor allem aber geben sie auch Aufschluss zu konkreten Stra­tegien. Comcast ist in dieser Hinsicht beson­ders inter­essant, denn der US-Kabel­gigant verfolgt im Medien- und Strea­ming­geschäft eine völlig andere Stra­tegie als die meisten Mitbe­werber. Während Amazon oder Netflix sich als Einzel­kämpfer auf dem Markt behaupten wollen, setzt Comcast auf Part­ner­schaften. Wie sieht die Situa­tion in Europa aus?

Stief­müt­ter­liches Euro­page­schäft

Foto: picture alliance/AP Wie wichtig ist Comcast-CEO Brian Roberts das europäische Streaming-Geschäft?
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Eine kleine Anek­dote dazu aus dem US-Portal "Dead­line" gibt viel­leicht bereits Aufschluss: Comcast-CEO Brian Roberts verdiente im vergan­genen Jahr rund 34 Millionen US-Dollar. Dana Strong, die inner­halb von Comcast für das gesamte Euro­page­schäft von Sky zuständig ist, brachte es "nur" auf 16 Millionen US-Dollar.

Man könnte fragen, warum diese Zahlen über­haupt wichtig sind. Das wird deut­lich, wenn man beispiels­weise auf die Deut­sche Telekom schaut. Der dama­lige T-Mobile US-Chef John Legere verdiente mehr als der gesamte Telekom-Konzern­vor­stand in Bonn zusammen, im Jahr 2020 sogar sagen­hafte fast 140 Millionen Dollar. Warum? Einer­seits wegen seiner großen Erfolge beim Wachstum von T-Mobile US und ganz beson­ders aufgrund des Umstandes, dass eben dieses US-Geschäft für die Deut­sche Telekom von eminenter Bedeu­tung ist. Oder kurz gesagt: Die Vergü­tung des Topma­nage­ments einer Sparte sagt in erster Linie etwas über Qualität, Erfolg und Rele­vanz eines Geschäfts­bereichs für den Gesamt­kon­zern aus. Bei Comcast hingegen ist es genau anders­herum: Das Euro­page­schäft ist nicht wich­tiger als der Heimat­markt USA. Das zeigt sich auch am Aspekt, dass die euro­päi­sche Tochter Sky in Vergan­gen­heit immer mehr an Eigen­stän­dig­keit verlor sowie auf allen Ebenen stärker an den Mutter­kon­zern ange­bunden wurde.

Fokus auf Eigen­pro­duk­tionen

Nun würde niemand Dana Strong unter­stellen, dass sie eine schlechte Mana­gerin für das Euro­page­schäft ist. Immerhin sind die Zahlen im Sky-Konzern noch vergleichs­weise solide, wenn man sich die äußeren Umstände und den scharfen Wett­bewerb anschaut. So stieg das Adjusted EBITDA (um Sonder­effekte berei­nigter Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschrei­bungen) im vergan­genen Jahr um 10,2 Prozent auf 2,4 Milli­arden Dollar, der Umsatz lag bei 20,3 Milli­arden Dollar. Klar ist aller­dings auch, dass Sky beim Thema Tech­nologie/Usabi­lity und Kunden­ser­vice in den vergan­genen Jahren keine Punkte sammeln konnte.

Diese Probleme exis­tieren nicht erst seit dem Comcast-Einstieg. Auch beim Content hat man sich viel zu sehr auf Partner wie Warner oder Disney verlassen. Lange Zeit warb man nicht etwa für eigene Origi­nals, sondern dafür "Home of HBO" zu sein. Dass das in einer Zeit von Direct-to-Consumer-Stra­tegien konkur­rie­render Studios und gera­dezu brutalem Strea­ming-Wett­bewerb nicht mehr aufgeht, ist wohl mitt­ler­weile auch in der Comcast-Konzern­zen­trale ange­kommen.

Eben diese Fehler wurden mit dem Sky-Studios-Neubau in Groß­bri­tan­nien sowie einer gemein­samen Comcast Strea­ming-Platt­form ausge­bügelt. Auch bei Preisen und Vertrags­bedin­gungen hat sich durchaus eine Menge zum Kunden­vor­teil getan, wenn­gleich immer noch Luft nach oben ist. Trotz des Stra­tegie­schwenks bleibt die Erkenntnis, dass man selbst mit einem deut­lichen Ausbau bei Eigen­pro­duk­tionen auf Dauer nicht die Nase vorn haben kann. Es braucht weiter solide Part­ner­schaften, wenn Warner höchst­wahr­schein­lich 2025 von Bord geht.

Para­mount als HBO-Ersatz

Dieser Rettungs­anker soll nun Para­mount sein. Beide Medi­enkon­zerne sitzen mehr oder weniger im glei­chen Boot: Sie müssen den Abstand zu Disney und Warner deut­lich redu­zieren und auch Amazon sowie Netflix auf Abstand halten. Aus eigener Kraft ist das jedoch für beide kaum möglich, Über­nah­meop­tionen sind im US-Medi­enge­schäft zudem rar gesät und würden auf kartell­recht­liche Probleme stoßen.

Die Lösung ist somit vorerst eine Koope­ration ohne formalen Zusam­men­schluss. Das passiert in Europa beispiels­weise unter der Marke "SkyShowtime" sowie dem gemein­samen Angebot aus Sky und Para­mount+ in den euro­päi­schen Comcast-Kern­märkten wie Deutsch­land, Groß­bri­tan­nien und Italien. Ange­nehmer Neben­effekt: Der Einstieg in den euro­päi­schen SVoD-Markt ist für Para­mount mit denkbar gerin­gerem Aufwand verbunden.

Ein letzter Versuch?

Sollte aller­dings diese Wachs­tums­stra­tegie schei­tern, könnte das Ende von Sky unter dem Dach von Comcast in Europa besie­gelt sein. Insbe­son­dere der Geschäfts­bereich von Sky Deutsch­land galt schließ­lich noch zu Zeiten von Premiere bereits als Sanie­rungs­fall. Viele Abon­nenten waren nur zähne­knir­schend wegen der Bundes­liga-Rechte und nicht etwa Filmen und Serien an Bord.

Auch die Part­ner­schaft mit Para­mount ändert nichts am Umstand, dass es Sky schlicht an Exklu­sivität und Strahl­kraft mangelt. Letzt­end­lich sieht man im Hinblick auf Content nicht wirk­lich viel, was es ebenso an anderer Stelle teils sogar güns­tiger gibt. Selbst der kürz­lich gestar­tete Streamer "Peacock" ist im Prinzip nur ein Schau­fenster für abge­stan­dene Inhalte von Universal Pictures, welche schon vor Jahren im Free TV liefen. Insbe­son­dere Disney entwi­ckelt sich mit seinem Strea­ming-Dienst hingegen prächtig. Sollte der Mickey-Mouse-Konzern seine Inhalte künftig sogar noch werbe­finan­ziert anbieten, wird das die Situa­tion von Comcast in Europa zwei­fels­ohne nicht nach­haltig verbes­sern.

Comcast: Weitere Part­ner­schaften neben ViacomCBS möglich.

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