Verkaufs-Gerücht

Geht T-Mobile NL nach Indien?

Seit 2015 wird über einen Verkauf von T-Mobile Nieder­lande disku­tiert. Jetzt will der indi­sche Öl- und TK-Magnat Mukesh Ambani 4,8 Milli­arden Euro bieten, berichten Einge­weihte.
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Update vom 07.09.20:

Mitt­ler­weile ist bekannt geworden, Telekom und Tele2 verkaufen T-Mobile NL für 5,1 Mrd. Euro.

Bishe­riger Text:

Mukesh Ambani hat Vodafone das Leben in Indien zur Hölle gemacht. Kommt er jetzt nach Europa und kauft T-Mobile-Niederlande? Mukesh Ambani hat Vodafone das Leben in Indien zur Hölle gemacht. Kommt er jetzt nach Europa und kauft T-Mobile-Niederlande?
Foto: Picture-Alliance / dpa
Wir haben schon mehr­fach berichtet, dass die Deut­sche Telekom schon länger darüber nach­denkt, sich von ihren Anteilen an T-Mobile in den Nieder­lande zu trennen.

Aktuell hält die Deut­sche Telekom 75 Prozent der Anteile an dem Unter­nehmen, der Rest gehört der schwe­dischen Tele2, die ihre Akti­vitäten anderswo in Europa stark redu­ziert hat. Die deut­sche Tele2 hatte sich von der Mutter frei­gekauft und ist unter anderem als Mobil­funk­ser­vice-Provider aktiv.

T-Mobile NL nach Indien?

Mukesh Ambani hat Vodafone das Leben in Indien zur Hölle gemacht. Kommt er jetzt nach Europa und kauft T-Mobile-Niederlande? Mukesh Ambani hat Vodafone das Leben in Indien zur Hölle gemacht. Kommt er jetzt nach Europa und kauft T-Mobile-Niederlande?
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Verschie­dene Quellen wollen nun erfahren haben, dass der indi­sche Konzern Reli­ance Indus­tries (RIL) an diesem Anteil von T-Mobile NL inter­essiert sei, er würde 5,7 Milli­arden US-Dollar (ca. 4,8 Milli­arden Euro) bieten.

Darüber berichtet aktuell u.a. die indi­sche Zeitung Hindu­stan Times und der der GSMA nahe­ste­hende Nach­richten-Dienst Mobi­leworld Live hat das aufge­griffen.

Offi­zielles Angebot in Kürze

RIL werde ein unver­bind­liches Angebot in Höhe von 5,7 Milli­arden US-Dollar unter­breiten, um sich damit eine Mehr­heits­betei­ligung an der T-Mobile Nether­lands BV zu erwerben, so zwei mit der Entwick­lung vertraute Personen.

Das konkrete Angebot solle inner­halb eines Monats unter­breitet werden. "RIL prüft das Geschäft seit mehr als drei Monaten, und die Gespräche sind seither erheb­lich voran­gekommen", beteu­erten die Quellen. Der Chef von Reli­ance Jio, Akash Ambani (Sohn von Mukesh Ambani), kümmere sich persön­lich um die Trans­aktion.

Stein­rei­cher Käufer

Nun ist Indien weit, doch Mukesh Ambani, der Chef und Gründer des Reli­ance Impe­riums, ist einer der reichsten Männer Asiens, der versucht, ein globales Tech­nolo­gie­unter­nehmen aufzu­bauen, was mit Google und Amazon konkur­rieren könnte. Reich wurde Ambani mit Öl und dessen Weiter­ver­arbei­tung.

Reli­ance Jio Incocom größter Anbieter in Indien

Unter Ambanis Führung wurde Reli­ance Jio Info­comm nach seinem Wieder­ein­stieg in die Branche im September 2016 zum größten Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter Indiens und macht dort der konkur­rie­renden Voda­fone Indien das Leben mit Tiefst­preisen zur abso­luten Hölle. Deswegen musste Voda­fone Indien sich mit der Aditya Birla Group zur Voda­fone Idea zusammen tun und sehr viel Geld abschreiben, was jetzt in Europa zum weiteren Netz­ausbau (z.B. in Deutsch­land) fehlt.

Einstieg in Europa?

Jio möchte sich mit der Über­nahme von t-mobile.nl ein Stand­bein auf dem euro­päi­schen Tele­kom­muni­kati­ons­markt schaffen und sein Geschäft diver­sifi­zieren.

Erst­malig hatte der Wirt­schafts­nach­rich­ten­dienst Bloom­berg am 10. August über die geplante Trans­aktion berichtet. Die Bloom­berg-Reporter hatten heraus­gefunden, dass die Deut­sche Telekom etwa 5 Milli­arden Euro (5,9 Milli­arden US-Dollar) für ihren Anteil haben wollten.

Die Deut­sche Telekom war erst 2000 in den Nieder­landen einge­stiegen und hatte einen Anteil an einem Joint Venture mit Belgacom und Tele Danmark erworben. Das Unter­nehmen war 2003 in T-Mobile Nether­lands umbe­nannt worden, nachdem die Telekom den Rest der Anteile erworben hatte.

Verkaufs­ideen seit 2015

Bereits 2015 wurde schon über­legt, T-Mobile NL wieder zu verkaufen, um Geld für Mobil­funk­fre­quenzen in den USA zu beschaffen. Dann entschied man sich für die Fort­füh­rung des Geschäfts. 2019 fusio­nierte T-Mobile Nieder­lande mit Tele2 Nieder­lande, um einen der größten lokalen Anbieter aufzu­bauen. Tele2 gehören 25 Prozent des Unter­neh­mens, das 5,7 Millionen Kunden hat.

Was macht Jio?

Jio Plat­forms gehört zur Reli­ance Indus­tries und kümmert sich um digi­tale Dienst­leis­tungen, einschließ­lich der Reli­ance Jio Info­comm. 2021 verkaufte das Unter­nehmen einen Anteil von 33,52 Prozent an Jio Plat­forms an eine Reihe von Finanz- und stra­tegi­schen Inves­toren für 1,52 Milli­arden Euro. Dazu gehören Google, Face­book, Intel und Qual­comm sowie führende einige globale Finanz­inves­toren wie TPG und General Atlantic.

Reli­ance Jio hat im ersten Quartal seinen Gewinn um 45 Prozent auf 3,6 Milli­arden Euro gestei­gert, im Vorjahr waren es "nur" 2,5 Milli­arden Euro gewesen.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Schon in den vergan­genen Jahren tauchten immer wieder indi­sche Inves­toren in Europa auf und inter­essierten sich für den Tele­kom­muni­kati­ons­sektor. Ihre Stärke wäre Erfah­rungen in IT-Dienst­leis­tungen, die sie zu unschlagbar güns­tigen Preisen einkaufen und ihren euro­päi­schen Filialen zur Verfü­gung stellen könnten. Durch die gegen­über Europa unglaub­lich nied­rigen Lohn­kosten in Indien könnten sie Ange­bote zu Preisen fahren, von denen viele Kunden hier­zulande träumen. Die poten­ziellen Kunden sollten dann aber schleu­nigst Englisch lernen, und zwar die auch für geschulte Englisch-Kenner nicht immer leicht verständ­liche indi­sche Vari­ante. Hotlines in Mittel­europa sind nämlich "viel zu teuer".

Einstieg in den Einstieg?

Wenn es so kommen sollte: Der Einstieg in den Nieder­landen dürfte kein Einzel­fall bleiben. Derzeit gehört das Netz von T-Mobile Nieder­lande zu den besten Netzen in Europa, wie neutrale Test­insti­tute und Fach­zeit­schriften ermit­telten. Ob das nach einem Kauf durch indi­sche Inves­toren so bleiben würde, ist schwer zu sagen.

Der Einstieg könnte einen Preis­rutsch und Preis­druck auslösen, der nur dazu führen dürfte, dass weitere euro­päi­sche Quali­täts-Anbieter die Lust verlieren und irgend­wann aufgeben. Keine schöne Vorstel­lung.

Wenn die Deut­sche Telekom ein euro­päi­scher TK-Konzern sein möchte, so stelle ich mir das eher so vor, dass sie in jedem Land eine Depen­dance hat. Doch dieses Konzept gilt wohl schon länger nicht mehr. So ist die Telekom beispiels­weise aus Alba­nien wieder ausge­stiegen. Und alles, was sich nicht rentiert, steht bei Telekom-Chef Tim Höttges unter dem Motto "Clean the Garage" auf dem Prüf­stand.

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