Spannungen

Tiktok: Nutzer klagen gegen App-Verbot in US-Bundesstaat

Tiktok steht in den USA unter massivem poli­tischen Druck - und wird zum ersten Mal in einem Bundes­staat verboten. Kritiker sehen das Recht auf freie Meinungs­äuße­rung gefährdet. Nun gibt es eine erste Klage.
Von dpa /

Nur wenige Stunden nach dem Verbot der in China entwi­ckelten Video-App Tiktok in Montana haben fünf Nutze­rinnen und Nutzer aus dem US-Bundes­staat Klage einge­reicht. Sie sehen wie andere Kritiker des Verbots das Recht auf freie Meinungs­äuße­rung gefährdet.

"Montana kann seinen Einwoh­nern genauso wenig verbieten, Tiktok zu nutzen und dort Beiträge zu veröf­fent­lichen, wie es das 'Wall Street Journal' verbieten kann wegen dessen Eigen­tümers oder des Gedan­ken­guts, das es veröf­fent­licht", heißt es in einer bereits am Mitt­woch­abend bei einem Bundes­gericht in Missoula einge­reichten Klage­schrift.

Der Bundes­staat über­schreite seine Befugnis, wenn er unter Verweis auf die natio­nale Sicher­heit oder aus außen­poli­tischen Gründen ein solches Verbot erlasse. Montana dürfe auch nicht eine ganze Platt­form verbieten, nur weil der Bundes­staat einige der dort getä­tigten Äuße­rungen, die von der Meinungs­frei­heit geschützt seien, als gefähr­lich wahr­nehme.

Tiktok steht in den USA unter poli­tischem Druck

Die Tiktok-App wurde im US-Bundesstaat Montana verboten Die Tiktok-App wurde im US-Bundesstaat Montana verboten
Bild: picture alliance/dpa
Tiktok gehört zum aus China stam­menden Inter­net­kon­zern Byte­dance und steht in den USA unter starkem poli­tischen Druck. Die Regie­rung von Präsi­dent Joe Biden unter­sagte ihren Mitar­bei­tern die Nutzung der App auf Handys. Seit Monaten läuft eine Unter­suchung, die zu einem landes­weiten Verbot von Tiktok führen könnte, falls es keinen Eigen­tümer­wechsel geben sollte. Hinter­grund sind Sorgen, dass chine­sische Behörden und Geheim­dienste via Tiktok Infor­mationen über Ameri­kane­rinnen und Ameri­kaner sammeln und sie poli­tisch beein­flussen könnten.

Am Mitt­woch verbot Montana als erster US-Bundes­staat die Video-App, die auch außer­halb Amerikas - etwa in der EU - zuneh­mend als Sicher­heits­risiko gesehen wird. Das von Gouver­neur Greg Gian­forte unter­zeich­nete Gesetz soll es Down­load-Platt­formen vom 1. Januar 2024 an unter­sagen, die App anzu­bieten. Der Wider­spruch vor Gericht könnte das Inkraft­treten des Gesetzes verzö­gern.

"Um die persön­lichen und privaten Daten der Menschen in Montana vor der Kommu­nis­tischen Partei Chinas zu schützen, habe ich Tiktok in Montana verboten", twit­terte der Repu­bli­kaner Gian­forte nach der Unter­zeich­nung des Gesetzes, das vom Abge­ord­neten­haus des Bundes­staates im April verab­schiedet worden war.

Nutzer sollen nicht bestraft werden

Nutze­rinnen und Nutzer sollen nicht bestraft werden, wenn sie die App auf ihren Geräten behalten und verwenden. In dem nord­west­lichen Bundes­staat dürfte Tiktok dann aber nicht mehr als Unter­nehmen tätig sein. Für jeden Tag, den die App trotzdem erhält­lich wäre, müssten die App-Store-Betreiber und Tiktok 10.000 Dollar Strafe zahlen.

Wegen der großen Sicher­heits­bedenken musste Tiktok-Chef Shou Zi Chew Ende März im US-Kongress Rede und Antwort stehen. Dabei stieß er bei repu­bli­kani­schen wie auch demo­kra­tischen Abge­ord­neten auf Miss­trauen und Ableh­nung. Tiktok betont, man habe nie Daten-Anfragen von chine­sischen Behörden bekommen und würde solchen Auffor­derungen auch nicht nach­kommen. Das Unter­nehmen versucht, Washington mit dem Argu­ment einer abge­sicherten Daten­spei­che­rung in den USA zu über­zeugen.

Montana mit seinen etwas mehr als eine Million Einwoh­nerinnen und Einwoh­nern ist der erste Bundes­staat, in dem ein derart weit­rei­chendes Gesetz verab­schiedet wurde. Das Vorgehen der Behörden dort gilt deshalb auch als Test für ein mögli­ches Verbot in den gesamten USA. Tech­nisch dürfte sich solch eine Blockade jedoch leicht umgehen lassen.

Reak­tion von Tiktok

Tiktok kriti­sierte das Verbot in einer ersten Reak­tion als Verstoß gegen das Recht auf Rede­frei­heit. Man werde daran arbeiten, die Rechte der Nutzer zu schützen. Die Menschen­rechts­orga­nisa­tion ACLU warnte, das Gesetz lege die Grund­lage für eine über­mäßige staat­liche Kontrolle über das Internet.

Tiktok hat mehr als eine Milli­arde Nutzer und ist die erfolg­reichste Online-Platt­form in west­lichen Ländern, die nicht aus den USA stammt. Die Firma betont, man sehe sich nicht als Tochter eines chine­sischen Konzerns. Byte­dance sei zu 60 Prozent im Besitz west­licher Inves­toren, der Firmen­sitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik.

Kritiker kontern, dass die chine­sischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimm­rechte hielten und Byte­dance eine große Zentrale in Peking habe.

Tiktok hatte im März neue Sicher­heits­funk­tionen für Teen­ager einge­führt. Details dazu lesen Sie in einer weiteren News.

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