Pläne

EU will verschlüsselte Kommuni­kation nicht schwächen

Innen­minister Horst Seehofer und seine EU-Kollegen dringen darauf, dass Ermittler auf verschlüs­selte Kommu­nika­tion zugreifen können. Daten­schützer laufen dagegen Sturm. Nun bezieht die verant­wort­liche EU-Kommis­sarin Stel­lung.
Von dpa /

Die EU will nun offenbar doch nicht die Verschlüsselung von Messengern aushebeln Die EU will nun offenbar doch nicht die Verschlüsselung von Messengern aushebeln
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Die Verschlüs­selung von Nach­richten-Diensten wie WhatsApp oder Tele­gram soll nach dem Willen der EU-Kommis­sion nicht aufge­weicht werden. Die Brüs­seler Behörde plant keinen Vorschlag für ein allge­meines Verbot verschlüs­selter Kommu­nika­tion, heißt es in einem Schreiben von EU-Innen­kom­mis­sarin Ylva Johansson an drei EU-Abge­ord­nete. Es werde keine Lösung in Betracht gezogen, die Verschlüs­selung grund­sätz­lich für alle Bürger schwä­chen oder direkt oder indi­rekt verbieten würde.

Sie könne bestä­tigen, "dass es keine Pläne gibt, in diese Rich­tung zu gehen", heißt es in dem Schreiben, das der Deut­schen Presse-Agentur vorliegt. Darin schließt die Schwedin auch "die Einfüh­rung von "Hinter­türen" für den Zugriff auf verschlüs­selte Daten aus. Davor hatten vor allem Daten­schützer gewarnt.

Innen­minister wollen Zugriff auf die Daten

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Die EU-Staaten dringen hingegen darauf, im Kampf gegen Terror und orga­nisierte Krimi­nalität auf verschlüs­selte Kommu­nika­tion zugreifen zu können. Auch Bundes­innen­minister Horst Seehofer (CSU) will das. In einer Erklä­rung der EU-Innen­minister vom Dezember heißt es, zustän­dige Behörden müssten in der Lage sein, recht­mäßig und ziel­gerichtet Zugriff auf die Daten zu bekommen. Zugleich müssten tech­nische Lösungen unter anderem die Grund­sätze der Lega­lität und Propor­tio­nalität beachten sowie den Schutz persön­licher Daten. Man wolle eine "aktive Debatte mit der Technik-Indus­trie" schaffen. Wichtig ist das aus Sicht der EU-Staaten deshalb, weil Ermittler und Behörden immer mehr von elek­tro­nischen Beweis­mit­teln abhängen - und diese oft verschlüs­selt sind.

Die EU-Kommis­sion griff diesen Vorstoß zuletzt im Anti-Terror-Plan auf. Man wolle mit den EU-Staaten an mögli­chen recht­lichen, opera­tiven und tech­nischen Lösungen für den legalen Zugang zu verschlüs­selten Daten arbeiten. Zivil­gesell­schaft­liche Orga­nisa­tionen und Daten­schützer liefen Sturm und warnten davor, den Zugriff auf die Daten über eine "tech­nische Hintertür" zu ermög­lichen. Dies beschä­dige die Vertrau­lich­keit der Kommu­nika­tion.

Johans­sons Schreiben vom Montag ist nun eine Antwort auf einen Brief der libe­ralen Euro­paab­geord­neten Moritz Körner, Claudia Gamon und Sophie in 't Veld vom November, der auch an weitere EU-Kommis­sare sowie EU-Rats­chef Charles Michel und Innen­minister Seehofer ging. Dem Brief hatten sich mehr als 50 weitere Abge­ord­nete ange­schlossen. Johansson wird in ihrer Antwort nun so deut­lich wie noch nie. Dabei erin­nert sie an frühere Zusagen der EU-Kommis­sion, verschlüs­selte Kommu­nika­tion nicht schwä­chen zu wollen. Zuletzt waren solche Klar­stel­lungen ausge­blieben.

"Es ist gut, dass die Kommis­sion klar­stellt, dass sie keine Geset­zes­initia­tiven zu einem Verschlüs­selungs­verbot und auch keine Hinter­türen für Sicher­heits­behörden plant", sagte FDP-Poli­tiker Körner der dpa. "Die Kommis­sion zeigt sich von den unter deut­scher Rats­prä­sident­schaft im Rat voran­getrie­benen Plänen zur Verschlüs­selung entweder unbe­ein­druckt oder nimmt den massiven öffent­lichen Wider­stand gegen die Pläne ernst. Beides ist gut für die Bürger­rechte in Europa!" Seehofer müsse endlich erkennen, dass seine Pläne zum Thema Verschlüs­selung "in eine Sack­gasse geführt haben".

Bei Ende-zu-Ende-Verschlüs­selung kann niemand außer den Gesprächs­part­nern lesen, was gesendet wurde, nicht einmal der Messenger-Dienst selbst. Wie dies funk­tioniert und warum die Daten der WhatsApp-Nutzer trotzdem nicht voll­kommen anonym sind, erfahren Sie in einem sepa­raten Ratgeber.

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