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Test: Neuen WLAN-Radios fehlen wichtige Funktionen

Neueren WLAN-Radio­modelle mit Fron­tier-Novola-Chip­satz fehlen zum Teil wich­tige Funk­tionen. Das zeigte sich bei einem eher zufäl­ligen Test von teltarif.de.
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WLAN-Radios bieten die Möglich­keit, via Internet verbrei­tete Hörfunk­pro­gramme mit einem "normalen" Empfänger, unab­hängig von Computer, Handy oder Smart Speaker zu hören. Das Webradio-Strea­ming ist durchaus attraktiv. Neben den orts­üblich über DAB+ und UKW empfang­baren Radio­sta­tionen gibt es eine schier gren­zen­lose Programm­viel­falt aus fast allen Ländern der Erde.

Viele aktu­elle WLAN-Radios oder auch "Smart Radios", die zusätz­lich DAB+- und UKW-Empfang sowie Musik-Strea­ming bieten, sind mit einem Chip­satz von Fron­tier Nuvola ausge­stattet (früher auch unter dem Namen Fron­tier Silicon bekannt). Das Unter­nehmen schaffte vor drei Jahren den Kraftakt, fast alle Empfangs­geräte auf die Inter­net­radio-Daten­bank eines neuen Anbie­ters umzu­stellen. TechniSat DigitRadio 10 IR TechniSat DigitRadio 10 IR
Foto: teltarif.de

Ohne Daten­bank kein Webradio-Empfang

Diese Daten­bank ist wichtig, denn nur die Webradio-Programme, die das Gerät "kennt", können auch wieder­gegeben werden. Nachdem der frühere Daten­bank-Anbieter vTuner immer unzu­ver­läs­siger wurde, stellte Fron­tier Nuvola auf das Angebot von Airable um. Das ist bis heute die am besten gepflegte Inter­net­radio-Daten­bank, wie sich in regel­mäßigen Stich­proben der teltarif.de-Redak­tion zeigt.

Nach­teil der Umstel­lung war zunächst die fehlende Möglich­keit der Online-Favo­riten­ver­wal­tung. Auch eigene, nicht in der Airable-Daten­bank verfüg­bare Streams ließen sich zunächst nicht mehr nutzen. Wenige Monate später wurde auch diese Hürde genommen. Airable und Fron­tier Nuvola bieten seit Sommer 2019 ein neues Online-Portal an - über­sicht­licher als von vTuner und auch mit der Möglich­keit, Lieb­lings­pro­gramme gleich für mehrere WLAN-Radios in die Favo­riten zu packen, wenn über den glei­chen Account verschie­dene Geräte genutzt werden. Bislang unbekannte Menüstruktur für Internetradio-Empfang Bislang unbekannte Menüstruktur für Internetradio-Empfang
Foto: teltarif.de

Sorgt ein neuer Chip­satz für massive Einschrän­kungen?

Nun droht für WLAN-Radio-Inter­essenten neuer Ärger, wie sich in einem Test von teltarif.de mit dem TechniSat DigitRadio 10 IR gezeigt hat. Das Gerät verfügt ganz offen­sicht­lich über einen neuen Chip­satz von Fron­tier Nuvola, der nicht die glei­chen Funk­tionen wie die bekannten Chips des glei­chen Herstel­lers an Bord hat. Das zeigt sich recht schnell, wenn man durch das Menü des Empfän­gers für den Inter­net­radio-Empfang scrollt.

Als erstes fällt auf, dass nicht die glei­chen Menü­punkte als bei anderen Radios mit Fron­tier-Nuvola-Hard­ware zu sehen sind. Unter anderem fehlt die Rubrik mit neu in die Daten­bank aufge­nom­menen Programmen. Dafür werden die Kanäle offenbar will­kür­lich ausge­wählter ARD-Landes­rund­funk­anstalten promi­nenter als die Programme anderer Radio­sta­tionen darge­stellt. Nütz­licher ist da schon das Menü für Kanäle, die rund um den eigenen Standort auch terres­trisch zu empfangen sind.

Keine Anmel­dung am Smar­tradio-Menü möglich

Ein Daten­schutz-Hinweis verweist auf die Fron­tier-Nuvola-Webseite, es fehlt aber die "Hilfe"-Seite im Menü. Über diesen Menü­punkt ist bei anderen WLAN-Radios mit Fron­tier-Nuvola-Chip­satz der Code abrufbar, mit dem sich das Gerät beim Airable-Portal anmelden lässt. Ohne diesen Code ist die Verknüp­fung mit dem Portal nicht möglich - und somit auch nicht die Online-Favo­riten­ver­wal­tung (inklu­sive Synchro­nisa­tion für alle Geräte, die mit dem glei­chen Account genutzt werden). Auch das Hinzu­fügen eigener Streams ist nicht möglich.

Hat TechniSat als Hersteller mögli­cher­weise einen "kastrierten" Zugang zu den Diensten von Fron­tier Nuvola und Airable gebucht? Schließ­lich handelt es sich beim DigitRadio 10 IR "nur" um einen DAB+/Inter­net­radio-Adapter, der zur Erwei­terung von HiFi-Anlagen gedacht ist. Wird der volle Funk­tions­umfang per Soft­ware-Update mögli­cher­weise zu einem späteren Zeit­punkt nach­gereicht? Hinweis auf die verbaute Frontier-Nuvola-Hardware Hinweis auf die verbaute Frontier-Nuvola-Hardware
Foto: teltarif.de

Insider: "Neuer Chip­satz ohne Portal-Zugang"

Die TechniSat-Pres­sestelle hat auf unsere dies­bezüg­liche Anfrage nicht reagiert. Unsere Recher­chen haben aber ergeben, dass das Unter­nehmen an den Einschrän­kungen keine Schuld trifft. Aus Insider-Kreisen war viel­mehr zu erfahren, dass die Probleme dieses Mal von Fron­tier Nuvola haus­gemacht sind. So ist der Zugang zum Online-Portal bei bestimmten neueren Chip­sätzen für "Smart Radios" nicht mehr vorge­sehen.

Immerhin gibt es auch eine Verbes­serung - und zwar für den Empfang des terres­tri­schen Digi­tal­radios DAB+. Boten vor rund zwei Jahren verkaufte Geräte mit Fron­tier-Nuvola-"Innen­leben" wie das Hama DIT2100MSBT keine manu­elle Kanal­wahl mehr, so lassen sich die DAB+-Kanäle beim TechniSat DigitRadio 10 IR neben dem obli­gato­rischen auto­mati­schen Such­lauf auch wieder händisch einstellen. Das ist in Regionen mit schwa­chem Empfang durchaus von Vorteil.

Nicht bekannt ist, warum Fron­tier Nuvola frei­willig bei bestimmten Chips für Inter­net­radio-Empfänger auf ein wich­tiges Feature wie den Portal-Zugang verzichtet. Offen bleibt auch die Frage, welche Radios neben dem TechniSat DigitRadio 10 IR die neuen Bauteile an Bord haben. Das TechniSat DigitRadio 10 IR bietet auch DAB+-Empfang Das TechniSat DigitRadio 10 IR bietet auch DAB+-Empfang
Foto: teltarif.de

So sind die "kastrierten" Radios zu erkennen

Von "außen" ist nicht erkennbar, welcher Chip­satz bei welchen Empfangs­geräten an Bord sind. Das heißt: Käufer können im Zwei­fels­fall erst nach der Inbe­trieb­nahme des Radios fest­stellen, ob das Gerät noch den Zugang zur Online-Favo­riten­ver­wal­tung bietet oder ob es ähnli­chen Einschrän­kungen unter­worfen ist wie das TechniSat DigitRadio 10 IR. Es empfiehlt sich, direkt nach Akti­vie­rung des Empfän­gers im Menü "Inter­net­radio" nach dem Punkt "Hilfe" zu suchen. Dort sollten die Daten zur Anmel­dung am Portal zu finden sein.

Fehlt das Hilfe-Menü, so hat man mit hoher Wahr­schein­lich­keit ein Gerät erwischt, dem mögli­cher­weise dauer­haft die Online-Favo­riten­ver­wal­tung fehlt. Auch eigene Streams lassen sich unter Umständen auch länger­fristig nicht hinzu­fügen. Die Programm­aus­wahl über die von Fron­tier Nuvola für Android und iOS ange­botene UNDOK-App ist hingegen möglich. Radio­fans, die nicht auf den vollen, von anderen Inter­net­radio-Empfän­gern bekannten Funk­tions­umfang verzichten möchten, bleibt nur die Rück­gabe und der Kauf eines anderen Modells.

In einer weiteren Meldung haben wir über den fort­schrei­tenden DAB+-Sender­netz­ausbau berichtet.

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