5G-Netz-Ausbau von 1&1: Weitere Standorte gesichert
Das Rätselraten um den vierten Mobilfunk-Netzbetreiber 1&1 geht in die nächste Runde: Wann und wo werden die ersten Stationen an den Sendestart gehen?
Neuestes Puzzle-Teil ist ein weiterer Vertrag mit einem Funkturm-Unternehmen. 1&1 gibt den Abschluss eines weiteren Rahmenvertrages zur Nutzung von Sendeturm-Standorten bekannt: Partner ist die ATC Germany Holdings GmbH, die deutsche Tochtergesellschaft der American Tower Corporation (ATC). Das Unternehmen besitzt bereits Standorte von Telefónica (o2). Nun hat 1&1 einen Rahmenvertrag zur Anmietung von Antennenstandorten für den "effizienten Roll-out des vierten deutschen Mobilfunknetzes" unterzeichnet, wie das Unternehmen mitteilte.
15.000 weitere Standorte möglich
Das Netz von 1&1 darf neben Vantage Towers jetzt auch American Towers als Senderstandort nutzen
Foto: Picture-Alliance / dpa
ATC versteht sich als "unabhängiger Eigentümer von Kommunikationsstandorten einer der weltweit führenden Anbieter für Funkturminfrastruktur", mit rund 15.000 Antennenstandorten in Deutschland. Im Zuge der Vereinbarung wird ATC seine Antennenmasten an 1&1 für die Installation der 1&1-Hochleistungsantennen zur Verfügung stellen.
Beide Unternehmen wollen eng zusammenarbeiten, "um die Verfügbarkeit von Co-Location-Standorten zu ermitteln", die in naher Zukunft schrittweise in Betrieb genommen werden können. Die Laufzeit der einzelnen Standortmietverträge beträgt 20 Jahre und kann seitens 1&1 mehrfach verlängert werden.
Langfristiger Deal
Ralph Dommermuth, Chef der 1&1 AG, freut sich: "Mit ATC haben wir einen dritten starken Partner für die passive Netzinfrastruktur, der unser Masten-Portfolio ideal komplementiert. Wir freuen uns auf die Kooperation und darauf, den Roll-out des europaweit ersten vollständig virtualisierten OpenRAN-Mobilfunknetzes gemeinsam voranzutreiben."
Bei American Tower ist Pieter Nel, Vorstand für Europa, der Gesprächspartner: "Wir setzen unser Wachstum in Europa fort, um American Tower als wichtigen, langfristigen Partner zu positionieren, der mit seinem umfangreichen Portfolio und erstklassigen, Effizienz steigernden betrieblichen Abläufen die Bereitstellung der wichtigen Mobilfunkverbindungen und -dienstleistungen sowie Innovationen für eine nachhaltige mobile Zukunft unterstützt. Die spannende neue Partnerschaft mit 1&1 bietet uns die Chance, weiter zu wachsen."
Wann geht es los?
Währenddessen rätseln Beobachter weiter, wann und wo die ersten Standorte wirklich live gehen. Zwar ist das OpenRAN-Konzept von der Idee her möglicherweise einfacher und schneller umzusetzen, aber alle Standorte müssen über Glasfaserleitungen erschlossen sein, die direkt zu den "Rechenzentren" von 1&1 führen. 1&1 setzt bei seinem OpenRAN-Konzept auf den japanischen Rakuten-Konzern.
Wer ist die 1&1 AG?
Die 1&1 AG ist ein börsennotierter Telekommunikationsanbieter. Das Unternehmen gehört zum Konzernverbund der United Internet AG. 1&1 bietet seinen Kunden verschiedene Mobilfunk- und Breitband-Zugängen an. Neben Bündel-Produkten aus Mobilfunk und Festnetz sind das "Mehrwert-Anwendungen" wie Heimvernetzung, Online-Cloud-Speicher, Video-on-Demand, Smart Home-Lösungen oder IPTV (Fernsehen über das Internet). Während die Marke 1&1 "hochwertige Kunden" ("Value & Premium") anspricht, richten sich die Discount-Marken des Konzerns (bisher unter dem Namen "Drillisch") preisbewusste Zielgruppen an.
Nach der erfolgreichen Teilnahme an der 5G-Frequenzauktion möchte 1&1 als Neueinsteiger und vierter deutscher Netzbetreiber das europaweit erste vollständig virtualisierte Mobilfunknetz auf Basis der innovativen OpenRAN-Technologie aufbauen.
Wer sind ATC Germany & American Tower Corporation?
ATC ist ein Betreiber von Infrastruktur für Mobilfunk und Indoor- und Smart City-Lösungen sowie WiFi-Netzen und -Dienstleistungen, die insbesondere der Mobilfunk- und Rundfunkindustrie den Netzausbau ermöglichen.
ATC Germany ist eine Tochtergesellschaft der American Tower Corporation, einer der nach eigenen Angaben "weltweit größten" Immobilien-Investoren und unabhängiger Betreiber von Kommunikationsstandorten, die für mehrere Nutzer geeignet sind. ATC hat weltweit mehr als 220.000 Kommunikationsstandorte auf sechs Kontinenten und in 25 Ländern.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Mit den Rahmenverträgen mit Vantage Towers (Vodafone-Türme) und American Towers (o2-Türme) hat 1&1 gute Startvoraussetzungen, um ein eigenes Netz aufbauen zu können. Wenn 1&1 die Anforderungen der Bundesnetzagentur erfüllen will, muss es jetzt aber extrem schnell gehen, denn das Jahr hat nur noch acht Monate.
Die benötigten Standorte müssen über eine schnelle Glasfaser verfügen, was bei nicht allen Türmen der Fall sein dürfte, und diese Glasfaser muss zu den "Rechenzentren" von 1&1 durchverbunden werden. Dann muss das Unternehmen beweisen, dass das OpenRAN-Konzept wirklich funktioniert. Kritiker aus der Branche bezweifeln das bislang eher.
Wenn das vierte Netz von 1&1 ein Erfolg werden soll, müssen die Preise spürbar günstiger als bisher sein, und das Netz muss schneller und zuverlässiger als alles andere bisher dagewesene sein. Dort, wo 1&1 selbst aufbaut, kann es die Flächendeckung selbst definieren, da wird es wohl einige Neubauten brauchen, wo bisher noch gar nichts ist.
Auch für den "Gastgeber o2", der das nationale Roaming bereitstellen soll, wird es einiges zu tun geben. Und am Ende wollen die Anteilseigener auch noch etwas davon haben. Das wird ein spannendes Unterfangen.
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