Wandel

Aus AOL wird Yahoo

Wer erin­nert sich noch an AOL oder Yahoo? Die E-Mail- und Portal-Anbieter wech­seln zum x-ten Mal den Besitzer. Dieses Mal an Finanz­inves­toren in New York. Für die Kunden soll sich nichts ändern.
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Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören. Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Wer erin­nert sich noch an AOL? Der Wimbledon-Tennis-Star Boris Becker zeigte damals, wie "einfach" man mit AOL ins Internet kam. ("Bin ich schon drin?")

Damals brauchte man dafür zunächst noch eine proprie­täre Zugangs­soft­ware, die oft unge­fragt auf Millionen von CDs (zu Beginn sogar auf einer 3,5-Zoll-Diskette) ins Haus flat­terte und den Zugang zum Online-Dienst AOL nebst E-Mail und Inter­net­ver­bin­dung ermög­lichte. Wer seine E-Mail-Adresse (user­name@aol.com) im Auge behielt und Hinweise zu Ände­rungen und Umstel­lungen befolgte, kann diese Adresse noch heute haben und nutzen.

AOL auf Irrwegen

Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören. Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören.
Foto: Picture-Alliance / dpa
1997 hatte AOL-Bertels­mann die deut­schen Dienste von AOL und Compu­serve über­nommen. Die ameri­kani­sche Mutter AOL schluckte 1998 den legen­dären Online-Dienst Compu­serve komplett und verär­gerte durch Umor­gani­sation und Abschal­tung bewährter Ange­bote seine lang­jäh­rigen Internet-Pionier­kunden, was zu einem dras­tischem Kunden­rück­gang und dem Verlust von viel tech­nischem Wissen geführt hatte. Wer in den Wirren gut aufge­passt hatte, konnte seine AOL (nutzer­name@aol.com) oder Compu­serve E-Mail Adresse (z.B. 123456.789@compuserve.com) retten und bis heute nutzen. Später wurden auch E-Mail-Adressen im Format nutzer­name@aol.de ange­boten. Ihre Tätig­keit als Internet-Zugangs­pro­vider stellten AOL und Compu­serve schon vorher ein. Wer seinen Zugangs­ver­trag kündigte, konnte auf Wunsch seine AOL- oder Compu­serve-Adresse behalten.

Mobil­funk von AOL

Der Tele­fon­kon­zern VIAG-Interkom (heute o2) bot eine Zeit­lang einen eigenen AOL-Mobil­funk­tarif an. 2007 wurde das Angebot einge­stellt, Bestands­kunden konnten weiter tele­fonieren.

AOL-Mitglieder werden infor­miert

In diesen Tagen erhalten AOL- (und ehema­lige Compu­serve-)Nutzer eine E-Mail, dass die Mutter­gesell­schaft kürz­lich über­nommen wurde.

AOL war inzwi­schen beim US-Konzern Verizon gelandet, der auch Yahoo und weitere Dienste gekauft hatte und unter dem Namen "Oath" betreiben und neu aufstellen wollte. Doch bald stellte sich heraus, dass das alles viel zu teuer gewesen war und nichts einbrachte.

Verizon Media wird Yahoo

Am 1. November 2021 ändert die "Verizon Media EMEA Limited", das Unter­nehmen, das in Europa und dem Mitt­leren Osten und Afrika die AOL-Websites und -Apps anbietet, seinen Namen in Yahoo EMEA Limited. Dies habe keinen Einfluss auf die Art und Weise, wie die AOL-Dienste bereit­gestellt werden. Die AOL-E-Mail-Adresse, das Post­fach, eine mögli­cher­weise exis­tie­rende Home­page und andere Aspekte der AOL-Erfah­rung blieben unver­ändert, sichert das AOL-Team zu.

Apollo-Fonds schließen Über­nahme von Yahoo ab

Am 1. September hatte das Apollo Global Manage­ment in New York bekannt gegeben, dass die "Apollo-Fonds" die Über­nahme von Yahoo - ehemals Verizon Media - abge­schlossen haben. Mit dem Abschluss der Trans­aktion werde Yahoo nun "als eigen­stän­diges Unter­nehmen unter dem Dach der Apollo-Fonds" agieren. Verizon ist aber nicht ganz draußen und behält noch zehn Prozent der Anteile.

Im Port­folio von Apollo ist noch Cox Media Group, die aber nur in den USA aktiv zu sein scheint.

Reed Rayman, Partner bei Apollo freut sich "auf das nächste Kapitel von Yahoo, in dem wir in das Wachstum des gesamten Unter­neh­mens inves­tieren werden, einschließ­lich der Beschleu­nigung der kunden­ori­entierten Ange­bote und Commerce-Fähig­keiten, der Auswei­tung der Reich­weite und der Verbes­serung der tägli­chen Nutzer­erfah­rung", was immer das auch heißen mag. Auch Guru Gowr­appan, der aktu­elle Chef von Yahoo findet, dass das "eine neue Ära für Yahoo sei". Beob­achter bleiben skep­tisch.

30 Jahre Yahoo - 900 Millionen Nutzer?

Yahoo gibt es seit etwa 30 Jahren, man habe nach eigenen Angaben fast 900 Millionen monat­lich aktive Nutzer welt­weit und betreibe "die dritt­größte Website im Internet". Apollo will Yahoo neues Wachstum ermög­lichen, wovon Verbrau­cher, Werbe­kunden, Verlags­partner und Mitar­beiter profi­tieren würden.

Dennoch: Die goldenen Zeiten von Yahoo sind lange vorbei. Sichtbar ist Yahoo beispiels­weise in Deutsch­land höchs­tens noch als E-Mail-Anbieter, der in der letzten Zeit sein Angebot in Sachen Sicher­heits­tech­nologie aufge­rüstet hat, nachdem die Mail-Systeme in großem Stil gehackt worden waren.

Neben E-Mail wird von Yahoo eine Portal-Webseite mit über­wie­gend belang­losen Boule­vard-News betrieben, die wenig Unter­schiede gegen­über ähnli­chen Ange­boten zeigt. Viele Yahoo-Dienste wie z.B. Yahoo­groups wurden nach langer Vorankün­digung schließ­lich einge­stellt.

Auch AOL und Compu­serve sind in Deutsch­land weit­gehend unsichtbar geworden, da es längst auch deut­sche E-Mail-Anbieter gibt, die teil­weise als FreeMail oder als Bezahl­ange­bote tätig sind, wie die zu 1&1 gehö­rende GMX oder Web.de, aber auch T-Online, was es in einer Basis­ver­sion als Free­mail gibt, auch wenn man sonst kein Telekom-Kunde ist.

Hinzu kommen zahl­reiche Internet-Provider, die ihren Kunden E-Mail-Adressen mit eigener Domain anbieten oder klei­nere Spezi­alan­bieter wie mailbox.org, die hohen Wert auf Sicher­heit und Daten­schutz legen.

Erschwe­rend kommt hinzu, dass gewisse Internet-Gene­rationen ihre Kommu­nika­tion kaum noch per E-Mail, sondern eher über Messa­ging-Dienste (z.B. Face­book Messenger, WhatsApp etc.) abwi­ckeln. Und wer ein Smart­phone mit Android hat, bekommt den umfang­reich ausge­stat­teten E-Mail-Dienst GMail kostenlos dazu, für iPhone-Nutzer hat Apple seinen iCloud-Mail-Service um neue Daten­schutz-Features (Private Relay) erwei­tert.

AOL- oder Yahoo-Adressen nicht aufgeben

Wer eine Yahoo- oder AOL-E-Mail Adresse lange Jahre genutzt hat, sollte diese Adresse nicht einfach aufgeben. Moderne E-Mail-Dienste bieten heute einen POP3-Sammel­dienst, der die Mails bei diesen alten Adressen abholen kann. Würden die alten weit bekannten AOL- oder Yahoo-Adressen jedoch aufge­geben oder gelöscht, könnten Unbe­kannte, diese Adressen viel­leicht neu über­nehmen und damit im übelsten Fall versu­chen, Iden­titäts­klau vorzu­nehmen.

Der Nach­teil der alten Adressen ist, dass mögli­cher­weise über­wie­gend Spam-Mails eintreffen können, was aber ein gut gewar­teter Spam-Filter des aktuell genutzten Anbie­ters abfangen können sollte.

Derweilen führt man in Afrika die erste digi­tale Währung ein.

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