Aus AOL wird Yahoo
Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Wer erinnert sich noch an AOL? Der Wimbledon-Tennis-Star Boris Becker zeigte damals, wie "einfach" man mit AOL ins Internet kam. ("Bin ich schon drin?")
AOL auf Irrwegen
Aus AOL (und Compuserve) wird jetzt Yahoo, die jetzt zu 90% einem Finanzinvestor gehören.
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1997 hatte AOL-Bertelsmann die deutschen Dienste von AOL und Compuserve übernommen. Die amerikanische Mutter AOL schluckte 1998 den legendären Online-Dienst Compuserve komplett und verärgerte durch Umorganisation und Abschaltung bewährter Angebote seine langjährigen Internet-Pionierkunden, was zu einem drastischem Kundenrückgang und dem Verlust von viel technischem Wissen geführt hatte. Wer in den Wirren gut aufgepasst hatte, konnte seine AOL (nutzername@aol.com) oder Compuserve E-Mail Adresse (z.B. 123456.789@compuserve.com) retten und bis heute nutzen. Später wurden auch E-Mail-Adressen im Format nutzername@aol.de angeboten. Ihre Tätigkeit als Internet-Zugangsprovider stellten AOL und Compuserve schon vorher ein. Wer seinen Zugangsvertrag kündigte, konnte auf Wunsch seine AOL- oder Compuserve-Adresse behalten.
Mobilfunk von AOL
Der Telefonkonzern VIAG-Interkom (heute o2) bot eine Zeitlang einen eigenen AOL-Mobilfunktarif an. 2007 wurde das Angebot eingestellt, Bestandskunden konnten weiter telefonieren.
AOL-Mitglieder werden informiert
In diesen Tagen erhalten AOL- (und ehemalige Compuserve-)Nutzer eine E-Mail, dass die Muttergesellschaft kürzlich übernommen wurde.
AOL war inzwischen beim US-Konzern Verizon gelandet, der auch Yahoo und weitere Dienste gekauft hatte und unter dem Namen "Oath" betreiben und neu aufstellen wollte. Doch bald stellte sich heraus, dass das alles viel zu teuer gewesen war und nichts einbrachte.
Verizon Media wird Yahoo
Am 1. November 2021 ändert die "Verizon Media EMEA Limited", das Unternehmen, das in Europa und dem Mittleren Osten und Afrika die AOL-Websites und -Apps anbietet, seinen Namen in Yahoo EMEA Limited. Dies habe keinen Einfluss auf die Art und Weise, wie die AOL-Dienste bereitgestellt werden. Die AOL-E-Mail-Adresse, das Postfach, eine möglicherweise existierende Homepage und andere Aspekte der AOL-Erfahrung blieben unverändert, sichert das AOL-Team zu.
Apollo-Fonds schließen Übernahme von Yahoo ab
Am 1. September hatte das Apollo Global Management in New York bekannt gegeben, dass die "Apollo-Fonds" die Übernahme von Yahoo - ehemals Verizon Media - abgeschlossen haben. Mit dem Abschluss der Transaktion werde Yahoo nun "als eigenständiges Unternehmen unter dem Dach der Apollo-Fonds" agieren. Verizon ist aber nicht ganz draußen und behält noch zehn Prozent der Anteile.
Im Portfolio von Apollo ist noch Cox Media Group, die aber nur in den USA aktiv zu sein scheint.
Reed Rayman, Partner bei Apollo freut sich "auf das nächste Kapitel von Yahoo, in dem wir in das Wachstum des gesamten Unternehmens investieren werden, einschließlich der Beschleunigung der kundenorientierten Angebote und Commerce-Fähigkeiten, der Ausweitung der Reichweite und der Verbesserung der täglichen Nutzererfahrung", was immer das auch heißen mag. Auch Guru Gowrappan, der aktuelle Chef von Yahoo findet, dass das "eine neue Ära für Yahoo sei". Beobachter bleiben skeptisch.
30 Jahre Yahoo - 900 Millionen Nutzer?
Yahoo gibt es seit etwa 30 Jahren, man habe nach eigenen Angaben fast 900 Millionen monatlich aktive Nutzer weltweit und betreibe "die drittgrößte Website im Internet". Apollo will Yahoo neues Wachstum ermöglichen, wovon Verbraucher, Werbekunden, Verlagspartner und Mitarbeiter profitieren würden.
Dennoch: Die goldenen Zeiten von Yahoo sind lange vorbei. Sichtbar ist Yahoo beispielsweise in Deutschland höchstens noch als E-Mail-Anbieter, der in der letzten Zeit sein Angebot in Sachen Sicherheitstechnologie aufgerüstet hat, nachdem die Mail-Systeme in großem Stil gehackt worden waren.
Neben E-Mail wird von Yahoo eine Portal-Webseite mit überwiegend belanglosen Boulevard-News betrieben, die wenig Unterschiede gegenüber ähnlichen Angeboten zeigt. Viele Yahoo-Dienste wie z.B. Yahoogroups wurden nach langer Vorankündigung schließlich eingestellt.
Auch AOL und Compuserve sind in Deutschland weitgehend unsichtbar geworden, da es längst auch deutsche E-Mail-Anbieter gibt, die teilweise als FreeMail oder als Bezahlangebote tätig sind, wie die zu 1&1 gehörende GMX oder Web.de, aber auch T-Online, was es in einer Basisversion als Freemail gibt, auch wenn man sonst kein Telekom-Kunde ist.
Hinzu kommen zahlreiche Internet-Provider, die ihren Kunden E-Mail-Adressen mit eigener Domain anbieten oder kleinere Spezialanbieter wie mailbox.org, die hohen Wert auf Sicherheit und Datenschutz legen.
Erschwerend kommt hinzu, dass gewisse Internet-Generationen ihre Kommunikation kaum noch per E-Mail, sondern eher über Messaging-Dienste (z.B. Facebook Messenger, WhatsApp etc.) abwickeln. Und wer ein Smartphone mit Android hat, bekommt den umfangreich ausgestatteten E-Mail-Dienst GMail kostenlos dazu, für iPhone-Nutzer hat Apple seinen iCloud-Mail-Service um neue Datenschutz-Features (Private Relay) erweitert.
AOL- oder Yahoo-Adressen nicht aufgeben
Wer eine Yahoo- oder AOL-E-Mail Adresse lange Jahre genutzt hat, sollte diese Adresse nicht einfach aufgeben. Moderne E-Mail-Dienste bieten heute einen POP3-Sammeldienst, der die Mails bei diesen alten Adressen abholen kann. Würden die alten weit bekannten AOL- oder Yahoo-Adressen jedoch aufgegeben oder gelöscht, könnten Unbekannte, diese Adressen vielleicht neu übernehmen und damit im übelsten Fall versuchen, Identitätsklau vorzunehmen.
Der Nachteil der alten Adressen ist, dass möglicherweise überwiegend Spam-Mails eintreffen können, was aber ein gut gewarteter Spam-Filter des aktuell genutzten Anbieters abfangen können sollte.
Derweilen führt man in Afrika die erste digitale Währung ein.