Trend

Mit dem Smartphone im Urlaub: Apps machen das Reisen einfacher

Informationen beliebter als Buchung
Von Susanne Kirchhoff mit Material von dpa

Mobiles Internet im Urlaub Foto: Yuri Arcurs - Fotolia.com Wer in naher Zukunft nach Paris fliegt, setzt sich womöglich erst einmal an die Champs Élysée, bestellt einen Café au Lait und bucht in bester Kaffeelaune das Hotelzimmer über sein Smartphone. Klingt abgehoben, ist aber schon heute möglich. Laut dem "Mobil Travel App Guide", der zur Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin erschienen ist, gibt es allein im deutschen Apple-Appstore mehr als 26 000 Reise-Apps. Die kleinen Programme können Flüge und Hotels buchen, Wissenswertes zu Sehenswürdigkeiten erzählen und ein Restaurant in der Nähe empfehlen. Die große Frage lautet: Wird sich das Reisen dadurch grundlegend verändern?

Mobiles Internet im Urlaub Foto: Yuri Arcurs - Fotolia.com Feststeht, dass das Internet für den Reisemarkt jedes Jahr wichtiger wird. Immer mehr Urlauber informieren sich online und buchen gleich im Netz. Zwar galt "mobile" bereits 2011 auf der ITB als Schlagwort der Zukunft, doch das Surfen unterwegs spielt auf Reisen noch eine untergeordnete Rolle. Man sei "sicher erst am Anfang einer spannenden Entwicklung", formulieren die Autoren der Reiseanalyse 2012 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR).

Hauptmotiv im Urlaub: E-Mails lesen

Laut der Untersuchung der FUR nutzte Anfang 2012 rund ein Viertel (24 Prozent) der deutschsprachigen Bevölkerung einen mobilen Internetzugang, worunter allerdings auch ein Laptop auf der Couch zu fassen ist. Rund jeder Siebte (14 Prozent) ging per Smartphone oder Tablet ins Netz. Weiter befragt wurden diejenigen, die einen mobilen Internetzugang hatten und in den vergangenen zwölf Monaten verreist waren. Das Ergebnis: Fast die Hälfte (48 Prozent) gab an, unterwegs schlicht E-Mails zu empfangen und zu lesen - die Hauptmotivation für das mobile Surfen im Urlaub.

Mobiles Internet im Ausland: Teures Daten-Roaming

Ein Grund für die Zurückhaltung der Smartphone-Besitzer könnte sein, dass das mobile Surfen im Ausland immer noch ziemlich teuer sein kann und daher darauf achten, das Daten-Volumen im Ausland klein zu halten. Abhilfe können hier zum Beispiel Prepaid-Karten lokaler Anbieter schaffen.

Immerhin können sich Reisende innerhalb der EU mittlerweile relativ einfach vor Horror-Rechnungen durch Daten-Roaming schützen: Seit dem Sommer 2010 müssen alle Mobilfunk-Anbieter kostenlos eine Option anbieten, welche beim Erreichen von knapp 60 Euro fürs Daten-Roaming die Verbindung kappt und auf die entstandenen Kosten hinweist. Will der Kunde weitersurfen, so muss er dies aktiv bestätigen. Allerdings bieten die meisten Provider auch noch andere Roaming-Optionen an, die den EU-Tarif aufheben.

Gesucht: Orientierung und Infos vor Ort

Jeweils rund ein Viertel der Befragten für die Reiseanalyse 2012 der FUR gab aber auch an, auf Reisen per Smartphone Informationen über Angebote vor Ort (24 Prozent) oder über das Reiseziel im Allgemeinen (23 Prozent) zu sammeln, auch zur Navigation und Orientierung nutzte jeder Vierte (23 Prozent) seinen mobilen Netzzugang. Die große Auswahl an Apps macht es möglich.

Flüge suchen, buchen, einchecken: Viele größere Fluglinien bieten dazu mittlerweile ihre eigenen Apps an, zum Beispiel Airways, Lufthansa oder Easyjet. Flughäfen wie Frankfurt oder Heathrow in London informieren per App über den Flugstatus, Parkmöglichkeiten und Restaurants. Zugreisende können Abfahrtszeiten per App nachschlagen und Handy-Tickets buchen, zum Beispiel bei der Deutschen Bahn, Eurostar oder Rail Europe. Und über die Apps von Sixt, Avis oder Europcar ist ein Mietwagen schnell verfügbar. Ebenfalls beliebt: Vergleichsportale wie Booking.com für Hotels oder Skyscanner für Flüge.

Noch dienen Apps vornehmlich zur reinen Information. Nur sechs Prozent der Befragten in der FUR-Analyse nutzten zum Beispiel das mobile Internet, um eine Unterkunft zu reservieren. "Das Buchen von Leistungen spielt unterwegs (noch) keine große Rolle", so das Fazit der Autoren. Im Vordergrund steht für die meisten Smartphone-Nutzer derzeit Orientierung und Information.

Verhindern Apps spontane Entdeckungen und Abenteuerlust?

"Apps optimieren das Reisen, sie revolutionieren es aber nicht", sagt Prof. Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg. "Apps bieten immer dann einen Vorteil, wenn ich Zeit spare und schneller den Weg finde", erklärt der Tourismusforscher. "Zeit ist im Urlaub eine kostbare Ressource, wir verreisen immer kürzer."

Doch das Optimieren hat eine Kehrseite: "Die Spontanität geht verloren", sagt Reinhardt. "Früher war es so: Ich schlendere durch die Altstadt und bleibe in einer kleinen Gasse hängen, bei diesem unscheinbaren Restaurant." Mit einer App können sich Urlauber schon vorher informieren, wo es welche Küche gibt und wie viele Menschen die Gastronomie empfehlen. Heute ist es so: "Ein Restaurant hat 120 gute Bewertungen und zehn schlechte, und man geht trotzdem nicht hin, denn irgendwas muss da faul sein."

Durch lokale Empfehlungen einer Community, die stets per Smartphone verfügbar ist, entsteht - so die These - eine Art Gruppenzwang. "Da ist immer die Angst, die bessere Alternative zu verpassen", beschreibt es Reinhardt. Sogenannte Location Based Services mit auf den Ort zugeschnittenen Tipps können zwar das Risiko eines Fehlgriffs mindern. Das gehe aber zum Beispiel auf Kosten der realen Kommunikation mit den anderen Reisenden und mit den Menschen im bereisten Land.

"Im Urlaub geht es darum, sich auch mal angenehm täuschen zu lassen", findet Reinhardt. "Reisen ins Unbekannte, das kommt der Suche nach dem Paradies am nächsten. Jeder sucht die kleine unbekannte Insel, auf der noch niemand vorher war." Durch den Zugriff und Abgleich ständig verfügbarer Informationen ginge diese Erfahrung verloren. Der Zukunftsforscher fragt: "Muss ich wirklich noch reisen, wenn nichts mehr zu entdecken ist?"

Seine Empfehlung lautet: Apps dann nutzen, wenn sie Zeit und Aufwand sparen. "Aber wir sollten aufhören, alles zu dokumentieren. Es geht viel verloren, wenn man nur noch mit Smartphones herumläuft. Wir sollten im Urlaub abschalten, auch unsere Geräte." Vielleicht kommt diese Mahnung ein paar Jahre zu früh: Denn diejenige Reiseinformation, die Urlauber in 2011 unterwegs häufiger als jede andere über das mobile Internet abriefen, war laut FUR-Analyse die Wettervorhersage.

Mehr zum Thema Reise