Wechsel

Telekom-Chef Ricke räumt seinen Posten

Aufsichtsrat befasst sich heute mit der Nachfolge an der Konzernspitze
Von dpa / ddp / Björn Brodersen

Anlegerschützer haben die Ablösung des Telekom-Chefs begrüßt. Das Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), Reinhild Keitel, bezeichnete den Schritt in der Berliner Zeitung laut Vorabbericht als konsequent. "Durch die rasante Entwicklung im Festnetzgeschäft droht die Telekom, ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Ricke hat darauf keine Antwort gefunden", sagte Keitel.

Gegen die Billigkonkurrenz, die für wenig Geld Flatrates für Internet und Telefon anbiete, könne die Telekom nicht mithalten, sagte Keitel. Ricke habe zwar den Schuldenabbau der Telekom vorangetrieben, doch ihm sei es nicht gelungen, die Geschäftsstrategie des Konzerns weiterzuentwickeln. "Nur mit Personalanpassungen ist den Problemen der Telekom nicht zu begegnen", sagte Keitel. Die Tatsache, dass nun voraussichtlich Mobilfunkexperte Obermann das Ruder bei der Telekom übernehme, deute darauf hin, dass der Konzern künftig möglicherweise seine Aktivitäten noch stärker auf das Mobilfunkgeschäft verlagern werde.

Aktie hat längst ihren Schwung verloren

René Obermann könnte der neue Konzernchef werden. Trotz Rickes harten Sanierungs- und Entschuldungskurses sind der einstige Schwung und die Dynamik der T-Aktie vorbei: Bis heute dümpelt sie um den Ausgabekurs - mal niedriger, mal etwas darüber. Ihren Nimbus von einst als ein leuchtender Stern im DAX hat sie längst eingebüßt. Nach ihrem Höchstkurs am 6. März 2000 mit einer Notierung von 103,50 Euro kannte die T-Aktie nur noch eine Richtung: nach unten. Anfang Mai 2002 rutschte sie erstmals unter ihren Ausgabekurs von umgerechnet 14,57 Euro beziehungsweise 14,32 Euro für Frühzeichner, Mitte Juni waren es gar weniger als 10 Euro. Nach dem Rücktritt Sommers taumelte die T-Aktie weiter und erreichte am 30. September 2002 mit 8,42 Euro ihr Allzeittief. Am 18. November jährt sich der Börsengang der Telekom zum zehnten Mal.

Die T-Aktie ist für viele Kleinaktionäre nach Ansicht der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) eine schlechte Geldanlage gewesen. "Allen Anleger, die den Versprechungen gefolgt sind und bei den drei Börsengängen Papiere gezeichnet haben, ist nicht viel übrig geblieben", sagte der Rechtsanwalt und Telekom-Spezialist der DSW, Richard Schmitz, in einem dpa-Gespräch. Allerdings hätten Anleger in diesem Zeitraum auch Gewinne mitgenommen, wenn sie bei niedrigen Kursen ein- und rechtzeitig wieder ausgestiegen seien. Wie Schmitz weiter sagte, ist die T-Aktie beim Börsengang 1996 "in den Markt gedrückt worden, wie ein Discount- Artikel". Entsprechend groß sei die Nachfrage gewesen. "Aber man hat vergessen, den Leuten zu sagen, dass die Aktie auch ein Risikopapier ist", betonte er.

T-Aktie könnte noch interessant werden

Für die Zukunft könnte sich Aktie vor dem Hintergrund des derzeitigen Kursniveaus aber noch als "ein interessantes Investment" erweisen. Dies zeige auch das zunehmende Interesse von Finanzinvestoren und russischen Konzernen wie Sistema an einem Einstieg bei der Telekom. Dies würde dem Kurs gut tun, meinte Schmitz. "Wir werden noch sehen, dass die Russen in der Lage sind, Gelder zu generieren." Für das Management des Bonner Riesen hat sich nach Einschätzung des Aktionärsschützers der Druck erhöht, mehr für den Aktienkurs zu tun. Dabei räumte Schmitz ein, dass der Telekom-Vorstand keine einfache Aufgabe habe. Auf dem Heimatmarkt wachse das Unternehmen nicht mehr. Gleichzeitig sei der Konzern "heillos überpersonalisiert".

Inzwischen hat die Telekom Obermann zum neuen Vorstandschef bestellt. Mehr dazu lesen Sie in unserer Folgemeldung.

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