Projekt "Zeus"

Telekom hielt Daten vor Staatsanwaltschaft Bochum zurück

Betrügerische Scheingeschäfte in Millionenhöhe
Von ddp / Marie-Anne Winter

In Sachen Telekom-Spitzel-Affäre kommen immer mehr Details ans Licht und diese werfen den einen oder anderen Schatten auf die Deutsche Telekom. So soll der Konzern nach einem Zeitungsbericht bis heute intern ermittelte Daten zu einem Betrug in Millionenhöhe bei der Konzerntochter T-Systems gegenüber der Staatsanwaltschaft Bochum zurückgehalten haben. Die Frankfurter Rundschau (FR [Link entfernt] ) berichtete vorab, wie in der Spitzelaffäre habe die Telekom auch in diesem Fall die Berliner Firma Network mit Nachforschungen beauftragt. Unter dem Codewort "Zeus" habe die Firma Hunderttausende Daten der Telekom-Tochter T-Systems analysiert, um betrügerische Scheingeschäfte in Millionenhöhe aufzudecken. Das Ergebnis der Untersuchung habe die Telekom der Staatsanwaltschaft nicht zur Verfügung gestellt.

Die Telekom habe den Fall mit Hilfe der Firma Network intern ermitteln wollen, schrieb die Zeitung. Der Konzern habe das Projekt jedoch gestoppt, um den seinerzeit geplanten Verkauf von T-Systems nicht durch die laut Network-Chef Ralph Kühn "höchst kritischen Untersuchungsergebnisse" zu gefährden.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Bochum, Bernd Bienioßek, sagte dem Blatt, man sei durch Hinweise von Finanzbehörden selbst auf den Fall gestoßen und habe deshalb die Telekom-Zentrale durchsucht. Ein Projekt "Zeus" sei den Ermittlern unbekannt.

Die Vorwürfe treffen das Unternehmen ins Mark

Der ehemalige Vizepräsident des Bundeskriminalamtes, Reinhardt Rupprecht, der nach dem Bespitzelungsskandal die Konzernsicherheit der Telekom neu organisieren soll, sagte dem Blatt: "Nach allem was wir wissen, konnten Mitarbeiter, deren Aufgabe es war, Missbrauch zu erkennen und wirksam zu verhindern, selbst missbräuchlich Daten beschaffen." Die Vorwürfe träfen das Unternehmen ins Mark. Jetzt gehe es darum, kriminelle Missbrauchsfälle künftig möglichst wirksam zu verhindern. Derzeit werde der Datenschutz durch vielfältige organisatorische und technische Maßnahmen optimiert.

Der ehemalige Telekom-Kommunikationschef Jürgen Kindervater sagte, in der Späh-Abteilung der Telekom hätten Experten aus den höchsten Ebenen der Geheimdienste gearbeitet. "Es war ein Staat im Staate", sagte er dem Blatt.

Bundesnetzagentur weiß nichts von Spitzelattacke der Telekom

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hat bislang keine Erkenntnisse über einen möglichen Spitzelangriff der Telekom auf seine Behörde. Er gehe davon aus, unterrichtet zu werden, wenn sich ein derartiger Verdacht durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen erhärten sollte, sagte Kurth der Neuen Osnabrücker Zeitung. Zuvor hatte die Frankfurter Rundschau über einen solchen Verdacht berichtet.

Kurth sagte, nach Bekanntwerden der Bespitzelungsaffäre bei der Deutschen Telekom habe die auch für die Wahrung des Fernmeldegeheimnisses zuständige Netzagentur von der Telekom Auskunft verlangt, "welche Lehren sie aus den Vorfällen zieht, insbesondere im Hinblick auf ihre Sicherheitskonzepte". Das Unternehmen müsse jetzt entsprechende Vorschläge erarbeiten. "Wir werden dann im Dialog feststellen, ob diese geeignet sind, künftig derartige Vorkommnisse zu vermeiden", sagte Kurth.

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