Verkehr

Forscher kritisieren und loben autonomes Fahren

Wenn Autos automatisch fahren, scheidet der Mensch als Unfallursache aus, hoffen Optimisten. Doch solange Fahrer beim teilautomatisierten Fahren eingreifen müssen, steige das Risiko sogar, mahnen Forscher.
Von dpa / Stefan Kirchner

Autonomes Fahren Autonomes Fahren hat Nachteile - birgt aber auch Vorteile
Foto: picture alliance / dpa
Automatisiertes Autofahren könnte viele Unfälle verhindern - denn der Mensch scheide als Risiko­faktor aus, glauben Experten. Maschinen werden nie müde, sie können schneller reagieren als der Mensch und sie können gleichzeitig mehrere Objekte im Blick behalten, wie eine Sprecherin des Autoclubs ACE am Rande des Verkehrs­gerichtstags (VGT) in Goslar sagte. Das erhöhe die Sicherheit. Allerdings gibt es auch Skepsis gegenüber teil­automatischen Systemen, bei denen die Fahrer einspringen müssen.

Zu klären sei zum Beispiel, wer haftet, wenn automatische Systeme Fehler machen, sagte VGT-Präsident Kay Nehm in der Eröffnungs-Pressekonferenz. "Es muss gewährleistet werden, dass der Geschädigte eines Verkehrs­unfalls seine Schadensersatz­ansprüche auch dann sicher durchsetzen kann, wenn der Unfall beim automatisieren Fahren verursacht worden ist", mahnte auch Verkehrs­jurist Martin Diebold vom Deutschen Anwalt Verein (DAV).

Allerdings ist offen, ab wann die vom DAV geforderte Rechts­sicherheit für Autofahrer tatsächlich gebraucht wird. "Denn bis Autos wirklich voll­automatisch fahren, wird es noch lange dauern", sagte der Unfall­forscher Siegfried Brockmann. Teil­automatisiertes Autofahren dagegen, bei dem die Fahrer das Fahrzeug überwachen müssen, werde es schon bald geben. Und genau dabei sehe er große Risiken, sagte der Leiter der Unfall­forschung der Versicherer (UDV).

Ablenkung vom Verkehr

Autonomes Fahren Autonomes Fahren hat Nachteile - birgt aber auch Vorteile
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Einer Änderung des Straßen­verkehrs­gesetzes zufolge ist es Fahrern zwar erlaubt, sich während einer hoch- und voll­automatisierten Fahrt vom Verkehrs­geschehen abzuwenden. Sie müssen aber so aufmerksam bleiben, dass sie die Fahrzeug­steuerung unverzüglich übernehmen könnten, wenn das System sie dazu auffordert oder sie aufgrund offensichtlicher Umstände erkennen müssen, dass die Voraus­setzungen für den Einsatz des Systems nicht mehr vorliegen.

Nach Ansicht des ADAC ist derzeit noch unklar, was die Nutzer hoch- und voll­automatisierter Fahr­funktionen während der Nutzung tun dürfen, beziehungs­weise zu unterlassen haben - etwa mit dem Tablet im Internet surfen, Zeitung lesen oder schlafen. "Die Nutzer benötigen Rechts­sicherheit", sagte der Verkehrs­jurist Markus Schäpe.

Unfallforscher Brockmann vermutet: "Die meisten Fahrer dürften nicht in der Lage sein, das Kommando in Sekunden­schnelle selbst zu übernehmen, wenn das System aussteigt." Das sei aber in vielen Fällen nötig, etwa bei einer fehlenden Fahrbahn­markierung oder bei plötzlich einsetzendem Schneefall.

Nach derzeitigem Stand müssten Fahrer dann in der Lage sein, innerhalb von vier Sekunden die vollständige Kontrolle über das Fahrzeug zu übernehmen. "Unsere Studien zeigen allerdings, dass man mindestens zwölf Sekunden dazu braucht", sagte Brockmann. In der Zeit dazwischen bestehe größte Unfallgefahr.

Technik und Versicherungen müssen besser werden

"Grundsätzlich können autonom fahrende Autos und Lkw zwar einen Gewinn für die Verkehrs­sicherheit darstellen, wenn sie fehler­frei funktionieren", glaubt Brockmann. "Aber die Technik muss besser werden."

Bei der Frage nach der Haftung für Unfälle mit automatisierten Fahrzeugen ist für den ADAC klar: Die Kfz-Haftpflicht­versicherung müsse alle Schäden regulieren. Sollte ein Unfall auf die automatische Fahr­funktion zurück­gehen, müsse die Versicherung des Herstellers übernehmen.

Nach Ansicht des ACE Auto Club Europa müssen die rechtlichen Rahmen­bedingungen dringend geklärt werden, auch wenn das automatisierte Fahren noch in weiter Ferne liege. In einem Papier des Verbraucher­zentrale Bundes­verband zum Verkehrs­gerichtstag heißt es dazu, die Gefährdungs­haftung sollte den Hersteller treffen. Denn nur dieser habe Einfluss auf die Sicherheit seiner Produkte.

Die Kfz-Haftpflicht­versicherer sehen keinen großen Handlungs­bedarf. "Kommen Dritte beim Betrieb eines Fahrzeugs zu Schaden, spielt es für eine Entschädigung durch die Versicherung keine Rolle, wer oder was einen Unfall verursacht hat", sagte ein Sprecher des Gesamt­verbandes der Deutschen Versicherer (GDV). Unfälle durch automatisierte Fahrzeuge seien davon heute schon ebenso erfasst wie etwaige Unfälle, die infolge eines Hacker­angriffs auf vernetzte Autos entstehen.

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