Analogabschaltung

ARD bekräftigt Willen zum Umstieg von UKW auf DAB+

Die ARD will den Umstieg von UKW zu DAB+ und hat dies nochmals in einem Zehn-Punkte-Plan bekräftigt. Allerdings: Bei einer möglichen Analogabschaltung wird es bei den Öffentlich-Rechtlichen keinen Umstieg im Alleingang ohne Privatsender geben.
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  ARD bekräftigt Willen zum Umstieg von UKW auf DAB+
Bild: Auna.
Die ARD hat in einem Zehn-Punkte-Papier nochmals bekräftigt, dass man ganz klar DAB+ als Hörfunkverbreitungsweg der Zukunft ansehe. Die analoge UKW-Terrestrik sei technisch und programmlich ausgereizt, die Frequenzen seien vergeben. Für neue Angebote und technische Innovationen sei hier kein Platz mehr, daher habe dieser Verbreitungsweg keine Zukunft.

Das Internet ist Freund und nicht Feind von DAB+

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Das Internet könne aber auch keine Alternative sein: Im Gegensatz zu IP-basierten Lösungen ermögliche die terrestrische Verbreitung der Radioprogramme deren anonyme und kostenfreie Nutzung ohne Volumenbegrenzung. Mobiles Internet/LTE sei 40-mal teurer als die DAB+-Technologie: Für ein Sendegebiet mit einem Radius von rund 70 km seien pro mobilem Netzbetreiber mindestens 150 Basisstationen für mobiles Internet erforderlich, wogegen ein DAB+-Multiplex mit ein bis zwei Sendeanlagen das gesamte Gebiet flächendeckend versorgen kann.

Das Internet könne DAB+ jedoch gerade im Bereich der Inhouse-Versorgung und hinsichtlich der Verknüpfung mit netzbasierten Zusatzangeboten, auch einem interaktiven Rückkanal, ergänzen. Umgekehrt trage DAB+ erheblich zur Entlastung des Datentransfervolumens über Mobilfunk bei. Die ARD verfolge deshalb eine Hybridstrategie, die alle für die Nutzerinnen und Nutzer relevanten Verbreitungsoptionen für Radio einschließt.

Kritisiert werden die kommerziellen Radioveranstalter, die DAB+ ablehnen, stur an UKW festhalten wollen und die Zukunft des Radios eher im Internet sehen: Das Internet biete zwar eine große Vielzahl und Vielfalt an Audioangeboten. Aber die Hörfunkprogramme seien dort nicht in derselben Weise wahrnehmbar und auffindbar wie bei terrestrischer Verbreitung, sondern konkurrierten mit den verschiedensten Dienstleistungen und Angeboten in einem unregulierten Umfeld.

Gerade für die kommerziellen Radiounternehmen sei die Aufmerksamkeit der Hörerinnen und Hörer als entscheidende Währung für Werbeeinnahmen von existentieller Bedeutung. DAB+ sichere insofern das bewährte Geschäftsmodell von UKW, entwickele dieses nicht-disruptiv weiter und sorge somit für den Erhalt einer breiten Radiolandschaft in Deutschland. Außerdem würde der Geräteverkauf bei Digitalradios derart massiv und überproportional steigen, dass es ohnehin kein Zurück mehr geben könne.

DAB+ wichtig beim Katastrophenschutz

Das Rundfunksystem DAB+ gewährleiste zudem die verlässliche Information der Bevölkerung in Katastrophen- und Krisenfällen. Mit einer eigenen Infrastruktur sei DAB+ auch dann noch in der Lage, die Versorgung flächendeckend und lastenunabhängig sicherzustellen, wenn Mobilfunknetze überlastet oder abgeschaltet sind.

Die Marktdurchdringung ließe sich laut ARD weiter beschleunigen, wenn alle neu in den Markt kommenden Radiogeräte mit DAB+-Empfangsmöglichkeit ausgestattet würden. Die Beendigung der derzeitigen Simulcastphase, also der Phase des Nebeneinanders von UKW und DAB+, könne jedoch nur im Zusammenwirken aller Marktbeteiligten und nur zeitgleich mit den privaten Programmveranstaltern erfolgen. Die ARD führe dazu den Dialog mit dem privaten Rundfunk, der Auto- und Geräteindustrie, den Regulierungsinstitutionen und dem Gesetzgeber, um ein gemeinsames und aufeinander abgestimmtes Vorgehen in Sachen DAB+ zu verabreden.

Ziel: 95 Prozent Netzabdeckung im Jahr 2020

Die ARD selbst will ihre Netze zügig ausbauen, um gemeinsam mit dem Deutschlandradio das angestrebte Versorgungsziel von 95 Prozent der Fläche Deutschlands zwischen 2018 und 2020 zu erreichen. In der Migrationsphase soll aus Sicht der ARD ein konkretes Verfahren für den Ausstieg aus UKW vereinbart werden. Die Diskussion darf nach Ansicht der ARD aber nicht von vornherein auf ein fixes Abschaltdatum für UKW verkürzt werden.

Deutschland brauche vielmehr eine klare Roadmap. Der Blick auf Europa zeige: Dort, wo es einen öffentlich kommunizierten Zeitplan gebe, entwickele sich der Markt für DAB+ schneller als in anderen Staaten. Bund und Länder seien aufgefordert, den Ordnungsrahmen für den Aufbau einer digitalen Hörfunkinfrastruktur, für die Entwicklung neuer Programme, Zusatz- und Verkehrsinformationsdienste, für den Verkauf von Digitalradiogeräten sowie für die Ausstattung von Fahrzeugen mit DAB+ zu schaffen.

Druck von KEF

Ob es der ARD aber gelingt, den Privatfunk von DAB+ zu überzeugen, ist fraglich. Die Öffentlich-Rechtlichen bekommen unterdessen Druck durch die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF): Wie berichtet erwartet die Kommission, dass mit den Anmeldungen von ARD und Deutschlandradio zum 22. Bericht im Frühjahr 2019 vier Meilensteine bei DAB+ erreicht worden sind: Bund und Länder haben eine Entscheidung über ein Konzept zur Abschaltung von UKW getroffen, die Marktpartner haben sich auf eine Methodik zur Ermittlung der DAB+-Nutzung geeinigt und die Nutzungszahlen werden publiziert, bedeutende Automobilhersteller bieten DAB+-Radios als Serienausstattung an und - für Experten nahezu utopisch - mindestens 27 Prozent aller Haushalte besitzen mindestens ein DAB+-Empfangsgerät (aktuell: 12 Prozent).

Sollten diese Forderungen nicht erreicht sein, will die KEF die Gebührengelder für die technische Verbreitung, die nun nicht mehr nach UKW und DAB+ getrennt sind, reduzieren. Dann obliegt es der ARD, ob sie entgegen ihren Bekundungen den weiteren Ausbau von DAB+ stoppt oder doch anfängt bei UKW zu sparen, etwa durch Ausdünnung der Sendernetze.

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