Digitalradio

Einige Privatradios geben Blockade gegen DAB+ auf

Signale aus mehreren Bundesländern: Die deutschen Privatradios geben so langsam ihre Zurückhaltung und Blockade gegenüber dem digital-terrestrischen Radio DAB+ auf. Alleine in dieser Woche gab es sechs Neuaufschaltungen und Ankündigungen.
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Immer mehr Sender stellen auf den digitalen Sendebetrieb um Das Privatradio 1A Deutsche Hits sendet neu über DAB+
Bild: 1A-Digitalradio
Privatradios und das digital-terrestrische Radio DAB+, das war bislang ein ungleiches Paar. Die meisten deutschen kommerziellen Radios lehnten bisher einen Einstieg ins Digitalradio ab oder versuchten sogar dieses zu verhindern. Jetzt, mit immer mehr Digitalradio-Empfangsgeräten in den Haushalten, bröckelt diese Zurückhaltung, wenn auch Fragen nach der Finanzierung eines Umstiegs vom analogen UKW auf das digitale DAB+ nicht abschließend geklärt sind.

R.SA und niedersächsische Privatradios testen DAB+ in Pilotprojekten

Immer mehr Sender stellen auf den digitalen Sendebetrieb um Das Privatradio 1A Deutsche Hits sendet neu über DAB+
Bild: 1A-Digitalradio
In Sachsen wird mit dem Programm R.SA erstmals ein privates Hörfunkprogramm aus dem Freistaat digital-terrestrisch über DAB+ übertragen. Die Verbreitung im Digitalradio beginnt am 15. Februar 2016. Ziel ist es laut dem Sender, die Marktentwicklung von Digitalradio zu fördern und so die Digitalisierung des letzten analogen Verbreitungswegs im Rundfunk voranzutreiben. In einem auf 18 Monate angelegten Pilotprojekt in Kooperation mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) sollen auch die notwendigen Voraussetzungen für einen eigenständigen privaten Digitalradiomultiplex in Sachsen untersucht werden. R.SA ist das einzige landesweite Privatradioprogramm im Freistaat, das - im Vergleich zu den Konkurrenten Radio PSR und Hitradio RTL - nicht flächendeckend über UKW zu empfangen ist. In einem weiteren Pilotprojekt wollen auch die niedersächsischen Privatradios ihre Programme erstmals über das digital-terrestrische Radio verbreiten. Der bereits am 1. November 2015 gestartete Modellversuch der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) wird durch das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) unterstützt. Ziel ist es, innovative Technologien zu erforschen, mit denen die beim UKW-Radio übliche Lokalisierungspraxis, etwa Nachrichten- und Werbefenster, in den digitalen Rundfunk DAB+ überführt werden kann. Nach einer theoretischen Einführungsphase soll voraussichtlich in diesem Jahr der Start eines Praxistests - zunächst im Raum Hannover/Braunschweig - erfolgen.

Neue Programme in Bayern, Hessen und Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt und Bayern sind die bisher einzigen Bundesländer, in denen eine Verbreitung über DAB+ neben UKW gesetzlich vorgeschrieben ist. Im Großraum München war das Regionalradio Top FM aus dem Kreis Fürstenfeldbruck der bislang einzige Veranstalter, der noch nicht digital-terrestrisch zu hören ist. Das hat sich seit 12. Januar geändert, der Betreiber Bayern Digitalradio hat das Programm im regionalen Multiplex auf Kanal 11C aufgeschaltet.

In Sachsen-Anhalt gehen die Privatradios Radio SAW und Radio Brocken inzwischen von der Pflicht in die Kür über. Nachdem sie bereits seit längerem ihre UKW-Programme auch auf DAB+ verbreiten, haben beide Veranstalter in dieser Woche Ableger im Digitalradio gestartet: Radio SAW startete die Welle 1A Deutsche Hits und Radio Brocken den Ableger 89.0 RTL In the Mix. Beide Programme werden im landesweiten Privatradio-Block auf Kanal 11C ausgestrahlt.

Bereits bekannt war, dass ab 1. Februar der Evangeliumsrundfunk seinen Ableger ERF Pop nach Berlin auch in Hessen im Digitalradio DAB+ (Kanal 11C) ausstrahlen will. Weitere Privatradios könnten laut Informationen von teltarif.de im Sommer folgen.

Die meisten Privatradios in Lauerstellung

Trotz dieser Neuaufschaltungen verbleibt ein Großteil der Privatradio-"Platzhirsche" bei der Terrestrik zunächst noch ausschließlich analog auf UKW. Sender wie R.SH, RPR Eins oder Antenne Thüringen wird es wohl auch in naher Zukunft noch nicht digital-terrestrisch über DAB+ geben. Ein Digitalradio-Engagement dieser Programme ist wohl erst zu erwarten, wenn es irgendwann eine finanzielle Förderung eines Übergangs von UKW auf DAB+ gibt. Ein Radioinsider vergleicht die aktuelle Lage dennoch wie in den Vorbereitungen zu einem 100-Meter-Lauf. Die meisten privaten Radiosender befänden sich bereits in der Umkleidekabine, hätten aber die Startblöcke noch nicht eingenommen.

Immerhin setzt sich bei den kommerziellen Anbietern immer mehr die Erkenntnis durch, dass das Radio auch in der digitalen Welt einen eigenen terrestrischen Ausstrahlungsweg braucht. Eine Zukunft nur über Internet und Mobilfunk wäre nicht finanzierbar und scheitert zudem an profanen Dingen wie Kosten für Highspeed-Volumina, Problemen beim Funkzellenwechsel oder einem teils schlechten Netzausbau auf dem Land.

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