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Streit um China-Technik im Bahnfunksystem FRMCS

Die Eisen­bahnen der Welt wollen von GSM-R zum 5G-basierten FRMCS aufsteigen. Auch hier geht die Angst vor China um. Was tun?
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Die Eisen­bahnen in Europa tele­fonieren und steuern ihre Züge über GSM-R (GSM-Rail­road), doch die Technik aus den frühen 90er Jahren ist in die Jahre gekommen. Es ist schon lange klar, es muss etwas neues her. Das neue System heißt FRMCS (Future Railway Mobile Commu­nica­tion System) und basiert auf 5G mit einigen bahn­spe­zifi­schen Abwand­lungen.

Auf einer spezi­ellen Webseite zur digi­talen Schiene infor­miert die Deut­sche Bahn über das große Projekt, das die Bahn­kom­muni­kation einen wich­tigen Schritt weiter bringen soll.

Technik aus China ist "nicht erwünscht"?

Das Bahnfunk-System GSM-R ist in die Jahre gekommen. Die Zukunft heißt FRMCS. Muss chinesische Technik komplett ausgebaut werden? Das Bahnfunk-System GSM-R ist in die Jahre gekommen. Die Zukunft heißt FRMCS. Muss chinesische Technik komplett ausgebaut werden?
Foto: Picture Alliance/dpa
Doch nun gibt es da ein klei­neres bis gewal­tigeres Problem: Ein Groß­teil des neuen Netzes soll(te) wohl von Huawei gelie­fert werden, auch ZTE wird mitunter genannt. Huawei hat sich früh an der Entwick­lung von FRMCS betei­ligt und dürfte wohl das güns­tigste Angebot abge­geben haben. Aber Huawei hat seinen Sitz in China, und hier besteht der poli­tisch begrün­dete Verdacht, dass die chine­sische Staats und Partei­füh­rung von Huawei verlangen könnte, sich in fremde Netze einzu­klinken, um sie abzu­hören oder gar zu mani­pulieren, als Druck­mittel bei mögli­chen poli­tischen Konflikten: Von Taiwan über die Demo­kra­tie­bewe­gung in Hong­kong und die Behand­lung der Volks­gruppe der Uiguren gäbe es da genü­gend Themen.

Debatte über China-Verbot

Die Debatte über ein mögli­ches weit­gehendes Verbot von IT-Kompo­nenten aus China für das super­schnelle Mobil­funk­netz in Deutsch­land zieht weitere Kreise, berichtet die Wirt­schafts­zei­tung Handels­blatt, die sich schon länger an der poli­tisch stark aufge­ladenen Diskus­sion über chine­sische Technik in Deutsch­land und Europa betei­ligt.

Deut­sche Bahn im Fokus der Politik

Nun gerät die Deut­sche Bahn in den Fokus, weil dort eben­falls Tech­nologie des chine­sischen Herstel­lers Huawei verbaut wurde oder noch verbaut werden soll. Für großen Unmut sorge laut Handels­blatt partei­über­grei­fend, dass der Staats­kon­zern trotz lange bekannter Sicher­heits­bedenken bisher keine Konse­quenzen gezogen habe. „Die hierbei zum Ausdruck kommende Kurz­sich­tig­keit unter­neh­meri­scher Entschei­dungen ist schlicht fatal“, sagte der Grünen-Frak­tions­vize Konstantin von Notz dem Handels­blatt. Der CDU-Sicher­heits­poli­tiker Rode­rich Kiese­wetter nannte die Verwen­dung von Huawei-Kompo­nenten „falsch und fahr­lässig“. Als Konse­quenz soll die Bahn nun ihre gesamte Huawei-Infra­struktur austau­schen.

„Aus meiner Sicht darf in keiner kriti­schen Infra­struktur in Deutsch­land eine zu große Abhän­gig­keit von einzelnen Herstel­lern, insbe­son­dere aus Ländern mit poli­tischer Einfluss­nahme, bestehen“, sagte der SPD-Digi­tal­poli­tiker Jens Zimmer­mann. „Dazu zählen zahl­reiche Netze der Infra­struktur und damit auch die Bahn.“ Auch der FDP-Digi­tal­poli­tiker Maxi­milian Funke-Kaiser betonte: „Die Abhän­gig­keit von Kompo­nenten aus der Volks­repu­blik China ist in allen Berei­chen der Infra­struktur ein schwer zu vertre­tendes Risiko.“

Kiese­wetter ergänzte: „Wir sind durch diese Bauteile von Huawei, ZTE und anderen bei der Digital-Infra­struktur massiv verwundbar, deshalb sollten chine­sische Kompo­nenten bei kriti­scher Infra­struktur grund­sätz­lich ausge­schlossen werden.“

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wenn die öffent­lichen Mobil­funker alle Technik made in China raus­werfen sollen, ist es logi­scher­weise konse­quent, das auch bei der Bahn zu fordern, denn unbe­fugte Eingriffe in den Zugver­kehr (sofern sie denn wirk­lich von außen möglich wären), wären der ulti­mative größte anzu­neh­mende Unfall (= GAU).

Zwar schreiben auch Nokia und Ericsson auf ihre Fahnen, für FRMCS die notwen­digen Kompo­nenten "auf Lager" zu haben, vermut­lich wird es dann ein biss­chen teurer und viel­leicht dauert etwas länger. Außerdem kann bereits einge­baute und funk­tio­nie­rende Technik nicht mal soeben im laufenden Betrieb entfernt werden, da müssen dann wohl ganze Stre­cken oder gar sogar Regionen mit glei­cher Technik gesperrt werden, d. h. solange würden dort keine Züge fahren.

Wie kann man die chine­sische Regie­rung über­zeugen, von ihren hoch­flie­genden Plänen einer welt­weiten Super­macht abzu­rücken? Es fällt der chine­sischen Regie­rung extrem schwer, zu verstehen, dass es Länder, Landes­teile und dort Menschen mit anderen poli­tischen Vorstel­lungen Ansichten gibt. Die können nur gewalt­frei über­zeugt werden und nicht durch Zensur, Unter­drü­ckung oder Kriege aller Art. Viel­leicht könnte Amerika einen ersten Schritt gehen, das sinn­lose "Google Android Verbot" gegen­über chine­sischen Herstel­lern wie Huawei wieder aufheben und damit eine neue Phase der gegen­sei­tigen Entspan­nung einläuten? Gibt es in der zweiten oder dritten Ebene der Politik und Wirt­schaft noch Menschen, die zu vernünf­tigen Entschei­dungen fähig sind?

Wir haben auf der Welt genü­gend andere Probleme, die ohne solch unnö­tigen Konflikte einfa­cher zu lösen wären.

Das Thema Huawei bewegt im Mobil­funk schon länger die Gemüter.

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