Stellungnahme

Absage an Taktungseffekte

Die Bundesnetzagentur stellt nochmals klar, dass die EU-Verordnung zum Roaming ausnahmslos gilt. In einer Stellungnahme kritisiert die Behörde Entgelte, die über die regulierten Aufschläge hinausgehen.
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Bundesnetzagentur Die Bundesnetzagentur äußert sich zu Verbraucherbeschwerden und mangelhafter Umsetzung der EU-Roaming-Verordnung
(c) dpa
Nachdem Telefónica Germany am Mittwoch eine Senkung des Minutenpreises ihres Roaming-Basispreises bekannt gegeben hatte, werden nun die Hintergründe zu dieser Entscheidung deutlich. Heute teilte uns eine Sprecherin der Bundesnetzagentur mit, dass die Behörde den Netzbetreiber "zur Einhaltung der Regelungen der Verordnung im Hinblick auf ihre Tarifgestaltung" angehört hat. Unserer Redaktion gegenüber bezieht die Agentur Stellung und bestätigt ihre Lesart der EU-Roaming-Verordnung.

Taktungseffekte begründen keinen Preisaufschlag

Bundesnetzagentur Die Bundesnetzagentur äußert sich zu Verbraucherbeschwerden und mangelhafter Umsetzung der EU-Roaming-Verordnung
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Unter anderem schreibt die Bundesnetzagentur: "Ein Aufschlag auf den inländischen Preis zum Ausgleich von Taktungseffekten ist nicht mit der Roaming-Verordnung vereinbar." Dies bestätigt, dass im EU-Ausland ausschließlich die regulierten Aufschläge von brutto 5,95 Cent pro ausgehender Gesprächsminute im 30/1-Takt, 1,36 Cent pro eingehender Gesprächsminute im Sekundentakt, 2,38 Cent pro SMS und 5,95 Cent pro Megabyte (abgerrechnet in 1-kB-Blöcken) auf den jeweiligen Inlandspreis erhoben werden dürfen. Die Summe aus Inlandpreis und reguliertem Aufpreis darf die bisher geltenden Obergrenzen von 22,61 Cent pro Minute ausgehend, 5,95 Cent pro Minute eingehend, 7,14 Cent pro SMS und 23,8 Cent pro Megabyte nicht überschreiten. Eine Diskrepanz zum inländischen Abrechnungstakt oder zum Großhandelspreis rechtfertige keinen Preisaufschlag.

Die Marken der Telefónica berechnen derzeit in ihrem Roaming-Basistarif Entgelte, die diesen Aufschlägen nicht entsprechen. Eine Preissenkung zum 1. Juli ist angekündigt (14,95 Cent brutto bei Verträgen, 14,00 Cent bei Prepaid-Tarifen). Aktuell fallen aus dem EU-Ausland noch brutto 20 Cent pro ausgehender Minute auch bei Tarifen an, die einen inländischen Minutenpreis von 9 Cent haben. Telefónica begründete dies auf unsere Anfrage hin mit eben jenen Taktungseffekten. Dieser Begründung erteilt die Bundesnetzagentur nun eine Absage: "Weder die Verordnung noch die BEREC–Leitlinien sehen die Berücksichtigung von Einnahmenverlusten aufgrund von unterschiedlichen Taktungen vor".

Aus unternehmensnahen Kreisen war zu erfahren, dass Telefónica-Kunden vorrangig spezielle Roaming-Optionen buchen würden. Der Roaming-Basistarif spiele demnach kaum eine Rolle. Mit der Preisanpassung zum nächsten Monat möchte sich Telefónica jedoch offenbar in Hinsicht auf den Einzelpreis für Einheiten auf sicheres Terrain begeben. Offen bleibt, ob Kunden, die ihren Tarif nach dem 30. April im EU-Ausland genutzt haben, zu viel berechnete Entgelte erstattet bekommen.

Flatrates und Volumenpakete müssen im EU-Ausland gelten

Des Weiteren bestätigt die Agentur, dass im Falle von nationalen Flatrate- und Volumentarifen lediglich die regulierten Aufschläge berechnet werden dürfen, da der nationale Preis, und damit die Berechnungsgrundlage, 0 Cent pro Minute, SMS oder Megabyte beträgt: "Mit der pauschalen Einmalzahlung [der Grundgebühr] ist national das Entgelt für die Leistungen bereits abgegolten. Der einheitenbasierte Preis ist somit mit 0 Euro anzusetzen."

Pakettarife müssen folglich auch im EU-Ausland gelten. Den Kunden mit Sprach-, SMS- oder Internet-Flatrates darf höchstens der regulierte Aufpreis (s.o.) bei Nutzung des Kontingents im EU-Ausland in Rechnung gestellt werden und nicht der Preis eines Basis-Roaming-Tarifs.

Hintergrund dieser Erläuterung dürfte sein, dass bei vielen Telefónica-Tarifen die Mitnahme von Flatrates und Paketen offenbar weiterhin nicht vorgesehen ist. Neuere Tarifmodelle wie o2 Blue All-in enthalten zwar eine EU-Roaming-Flatrate. Bestandskunden und vielen Kunden anderer Telefónica-Marken bleibt die Mitnahme derzeit noch verwehrt. Stattdessen wird der Tarif o2 roaming basic angewendet, der 20 Cent pro ausgehender Minute, 1,35 Cent pro eingehender Minute, 7 Cent pro SMS und 23 Cent pro MB vorsieht. Abgesehen vom Entgelt für eingehende Gespräche entspricht dieser Basistarif also nicht den EU-Vorgaben im Falle von Pakettarifen.

Konkret 55 Anfragen und Beschwerden seien bei der Bundesnetzagentur über zu viel bezahlte Entgelte eingegangen, teilte uns die Sprecherin mit, ohne einen genauen Bezug zu einem Provider zu nennen. Die Bundesnetzagentur hat jedoch nach eigener Aussage der Telefónica "deutlich gemacht, dass die Regelungen der Verordnung insbesondere in der Übergangszeit einzuhalten sind." Der Netzbetreiber habe überdies weitere Tarifanpassungen angekündigt. Abzuwarten bleibt, ob hiermit auch die Mitnahmeregelung für Pakettarife gemeint ist. teltarif.de wird weiterhin die Entwicklungen beobachten und über Neuigkeiten berichten.

Worüber sich Verbraucher noch beschwerten

Ein wichtiges Element der neuen EU-Verordnung ist, dass bei Mobilfunktarifen ein Roamingmodell voreingestellt sein muss, dass dem Euro-Tarif entspricht. Dies war jedoch offenbar nicht immer der Fall: Die BNetzA berichtet uns, dass sich Verbraucher über voreingestellte EU-Pakete beschwert haben, die weitere Kosten nach sich zogen. Welche Anbieter oder Tarife betroffen waren, gab die Agentur nicht bekannt.

Grundsätzlich sind spezielle Roaming-Optionen weiterhin nicht verboten. Jeder Provider ist jedoch verpflichtet, einen verordnungskonformen Roamingtarif anzubieten. Den Kunden muss er die bewusste Entscheidung überlassen, ob sie eine spezielle Roaming-Option buchen wollen oder ob sie beim "roam like at home"-Prinzip bleiben wollen.

Allgemeine Informationen zu den aktuell geltenden Roamingregeln in der EU haben wir in einer Übersicht zusammengestellt.

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