Themenspezial: Verbraucher & Service Umstritten

o2, Base & Co: Roaming bei Telefónica unter Beschuss

Die Telefónica verwehrt vielen Kunden die Mitnahme ihrer Flatrates und Pakete ins EU-Ausland und berechnet stattdessen hohe Einheitenpreise. Der Netzbetreiber sieht sich hierbei im Recht.
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Mann mit Handy, EU-Flagge und o2-Logo Nicht jeder kann seine Flatrate mit in die EU nehmen.
Bild: o2 / fotolia -Gina Sanders / fotolia - BillionPhotos.com und montage tt
Seit Samstag gelten die neuen regulierten Roaming-Konditionen in der EU. Viele Anbieter aktualisieren daher ihre Preislisten und drängen mit neuen Angeboten auf den Markt.

Erfreulich für die Mobilfunknutzer: Die Bundesnetzagentur bestätigte die Lesart der neuen Roaming-Verordnung, dass gebuchte Flatrates und Inklusivpakete für die Nutzung in Deutschland auch im EU-Ausland gelten sollen.

Telefónica verwehrt Kunden die Auslandsnutzung

Mann mit Handy, EU-Flagge und o2-Logo Nicht jeder kann seine Flatrate mit in die EU nehmen.
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Viele Kunden der Telefónica-Marken wie o2, Base und ay yildiz schauen diesbezüglich jedoch in die Röhre. Anstatt die gebuchte Leistung auch im Ausland nutzen zu können, müssen sie ein Einzelentgelt für jede Minute, SMS oder Megabyte bezahlen. Auf Anfrage bekräftigte Telefónica, dass Pakete für die Nutzung in Deutschland nicht im Ausland verwendbar sein sollen. Stattdessen gilt für Postpaid-Kunden ohne spezielle Roaming-Option wie berichtet ein Minutenpreis von 20 Cent. SMS kosten 7 Cent und das Megabyte 23 Cent. Der Preispunkt für ausgehende Gespräche orientiert sich an einem Referenztarif:

"Wir haben bei der Berechnung unseres EU-regulierten Standard-Tarifs den niedrigsten Tarif unseres Portfolios zugrunde gelegt und die nach EU Verordnung zulässigen Aufschläge sowie die Mehrwertsteuer addiert. Dadurch kommen wir bei abgehenden Gesprächen auf die ausgewiesenen 20 ct/min."

Doch was ist mit Kunden, deren Inlandspreis plus Aufschlag weniger als 20 Cent pro Minute ergeben? Wir haben nachgefragt und die Antwort erhalten, dass es sich bei der Berechnungsgrundlage um einen "Pay-Go-Tarif" mit einem Minutenpreis von 9 Cent handelt. Auf diesen wird der regulierte Roaming-Aufpreis von 5,95 Cent brutto aufgeschlagen. Daraus ergibt sich ein Minutenpreis von 14,95 Cent. Die Mehrkosten, die sich aus der Differenz zu den tarifierten 20 Cent ergeben, erklärt die Telefónica mit "Taktungseffekten". Diese ergäben sich "durch die Unterschiede im Abrechnungstakt von Inlandsgesprächen und den Vorgaben der EU für die Taktung von Gesprächen im europäischen Ausland." Der Netzbetreiber hält dieses Vorgehen für legitim: "Uns ist kein Artikel aus der EU-Verordnung bekannt, der einer solchen Vorgehensweise entgegen steht." Und: "Für uns ergibt sich kein Handlungsbedarf, da unsere Gestaltung der Roaming-Tarife den Vorgaben der EU-Verordnung und den Leitlinien des Regulierungsgremiums BEREC entspricht."

Kunden, die diese Konditionen nicht wünschen oder über einen Tarif mit inkludiertem EU-Roaming verfügen, müssen nach Aussage von o2 eine Roaming-Option buchen:

"Neben dem EU regulierten Standardtarif haben wir für unsere Kunden passgenaue Angebote geschnürt. Bei Vertragsabschluss legen sie fest, welche Option sie nutzen möchten. Diese Wahl kann jederzeit über den Selfcare Bereich oder auch über die Kundenbetreuung geändert werden."

Umstrittene Umsetzung der Verordnung

"Die Position von Telefonica widerspricht dem Geist der Europäischen Richtlinie", sagte Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentralen, der Rheinischen Post. "Wenn ich hier eine Flatrate buche, möchte ich doch im EU-Ausland auch nur den von der EU vorgegebenen Aufschlag zahlen. Das muss das Unternehmen sofort ändern".

Die Bundesnetzagentur nimmt derzeit noch keine Wertung vor, teilte jedoch auf unsere Anfrage hin mit, dass der Sachverhalt "in enger Abstimmung mit Brüssel" überprüft werde. Sie habe "bei der Interpretation der europäischen Vorgaben durch verschiedene Anbieter eine große Bandbreite beobachtet." Verbraucher können sich bei Unstimmigkeiten an den Verbraucherservice der Agentur wenden. Betroffene Kunden können sich auch direkt an die Schlichtungsstelle wenden [Link entfernt]

EU-Verordnung bietet Interpretationsspielraum

Möglicherweise hat die EU selbst den Grundstein für die Verunsicherung gelegt. In der Begründung der Verordnung schrieb sie:

"In Situationen, in denen es keine spezifischen inländischen Endkundenpreise gibt, die als Grundlage für einen regulierten Endkunden-Roamingdienst verwendet werden könnten (z. B. im Falle von unbeschränkten Inlandstarifen, von Paketen oder von Inlandstarifen, die keine Daten umfassen), sollte der inländische Endkundenpreis dem Entgeltmechanismus entsprechen, der zur Anwendung käme, wenn der Kunde in seinem Mitgliedstaat den Inlandstarif in Anspruch nähme."

Viele Provider haben sich dazu entschlossen, die Verordnung anders zu lesen, und die Mitnahme der Flatrates und Pakete ins Ausland zu gewähren. Ein Ende der Debatte um die Roaming-Aufschläge der EU ist jedoch nicht abzusehen. Statt einer Vereinfachung ist eine teilweise undurchsichtige Zersplitterung bei den Konditionen eingetreten.

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