Die "neue" Flir One, angesteckt an einem iPhone.
Bild: teltarif.de
Die Ausstattung moderner Smartphones mit Sensoren und Empfängern
wächst immer weiter: Neben Mobilfunk in diversen Standards
(2G/3G/4G) und Frequenzbändern (800/900/1800/2100/2600 MHz), WLAN
(ebenfalls in mehreren Standards und Bändern), Bluetooth,
GPS/Glonass, mindestens zwei Mikrofonen, Touchscreen, Vorder- und Rückkamera,
Beschleunigung (in drei Achsen) und Drehbeschleunigung
(ebenfalls in drei Achsen) sowie einem Kompass finden sich immer öfters auch
NFC-, Luftdruck-, Temperatur-, Luftfeuchtigkeits-,
Umgebungshelligkeits- und/oder Fingerabdrucksensoren an Bord.
Die "neue" Flir One, angesteckt an einem iPhone.
Bild: teltarif.de
Einige Sensoren haben eine unerwartete Verwendung. Das Barometer
dient nicht so sehr der Wettervorhersage - da sind Wetter-Apps, die die
Daten von Wetterdiensten abrufen, genauer - sondern der Bestimmung der
ungefähren Höhe am aktuellen Standort. Das wiederum hilft, nach dem
Einschalten des GPS-Empfängers das Satellitensignal möglichst schnell
zu akquirieren. Denn je genauer die von A-GPS, in der Umgebung
befindlichen WLAN-Zellen und/oder dem Barometer erfolgte erste
ungefähre Ortung ist, desto leichter fällt die Dekodierung der
vom GPS-Empfänger empfangenen Signale, bei denen sich vier oder
noch mehr Satelliten überlagern.
Immer mehr Sensoren dienen dazu, körperliche oder medizinische
Daten zu sammeln. Viele Smartwatches und Fitness-Armbänder messen
die Pulsfrequenz, einige auch bereits die Sauerstoffsättigung im
Blut.
Wärmebildkamera: Der nächste Sensor für die Massen?
Seit dem vergangenen Jahr gibt es die Wärmebildkamera Flir One, die auf
die Rückseite eines iPhone 5/5S montiert wird. Auf der
Consumer Electronics Show
Anfang 2015 in Las Vegas und erneut auf dem
Mobile World Congress wurde
von Flir der deutlich verkleinerte Nachfolger vorgestellt, der
ebenfalls "Flir One" heißt, und per microUSB- bzw. Lightning-Anschluss
an aktuelle Android- bzw. iOS-Smartphones angesteckt werden kann.
Die Auslieferung soll ab Mitte des Jahres erfolgen. Preislich wird
sich die neue Flir One wohl im Bereich der alten Flir One bewegen,
die mit einem Preis von knapp 350 US-Dollar eingeführt wurde und
derzeit für 199 Pfund inklusive englischer Mehrwertsteuer
verkauft wird. Zum Vergleich: Der Preis professioneller Thermographie-Kameras
bewegt sich meist im vierstelligen Bereich.
Die neue Flir One kann die von Objekten ausgehende Wärmestrahlung
im Temperaturbereich von -20 °C bis +120 °C messen. Dabei
werden Temperaturunterschiede von 0,1 °C aufgelöst. Selber
sollte die Kamera dabei zwischen 0 und 35 °C kalt bzw. warm
sein. Letztendlich enthält die Flir One sogar zwei Kameras: Eine
Wärmebildkamera und eine normale Kamera mit VGA-Auflösung. Letztere
wird zum einen verwendet, um das Wärmebild, das nur eine geringere
Auflösung hat, scharfzurechnen, und zugleich, um scharfe Kontraste
(z.B. Ecken und Kanten) aus dem normalem Kamerabild ins Wärmebild zu
kopieren. Damit erkennt man in letzterem besser, was überhaupt
aufgenommen wurde.
Mehr als Geisterbilder
Wärmebild des Autors.
Bild: teltarif.de
Thermographie hat mehr Anwendungen, als man gemeinhin erwartet.
Aus den Medien kennt man meist die "Geisterbilder",
die bei Thermographie von Personen entstehen: Auf diesen erscheinen
Hautstellen meist hell, Kleidung und Haare meist dunkler, da kühler. Auch
Brillengläser erscheinen dunkel, da diese (meist) nicht transparent
für Wärmestrahlung sind, und die Brille kühler ist als der Körper.
Medizinisch wird die Thermographie derzeit leider vor allem im
"alternativmedizinischen" Bereich genutzt. Das ist schade, denn es
gibt durchaus zahlreiche seriöse Anwendungen für die Thermographie.
Letztendlich ist die Thermographie nichts anderes als eine Art
"Ganzkörper-Fiebermessung" - und die Fiebermessung ist seit vielen,
vielen Jahren zu Recht Bestandteil der Schulmedizin.
Bei vielen Krankheiten
wird der betroffene Körperteil stärker (z.B. bei lokalen Infektionen,
Entzündungen oder Tumoren) oder schwächer (z.B. bei Gefäßverengung
oder gar -verschluss) durchblutet als normal. Auf einem Thermogramm
sind dann entsprechende Unterschiede zwischen beiden Körperseiten
sichtbar. Allerdings ist die Deutung der Thermogramm-Befunde in der
Regel schwierig: Wenn die linke Brust wärmer ist als die rechte,
kann das durch ein Krebsgeschwür in der linken Brust verursacht
sein, durch eine Gefäßverengung in der rechten Brust, oder durch
eine Hautverletzung an der linken Brust. Die ersteren beiden Befunde bedürfen natürlich
der Behandlung, letzteres heilt in den kommenden Tagen in der Regel
von selber ab.
Aber auch Heim- und Handwerker profitieren von der Thermographie:
Überall, wo Wasser oder Strom fließt, wird es kalt oder warm. An einer
überlasteten Stromleitung entsteht besonders viel Wärme, an einer
undichten Kaltwasserleitung besonders viel Kälte. Beides lässt sich
leicht im Thermogramm sehen. Auch die Quelle der
kalten Zugluft, die im Winter besonders nervt, oder andere
schlecht isolierte Stellen lassen sich mit einer Wärmebildkamera
leicht finden. Autobastler können wiederum mit einem Thermogramm
überprüfen, ob die Zylinder im Motor des Wagens alle noch gleichmäßig
arbeiten.
Wahrscheinlich werden auch künftig mehr Heimwerker eine Bohrmaschine
ihr eigen nennen als eine Wärmebildkamera. Aber das Beispiel der
Flir One zeigt einmal mehr, dass die Erschließung des Massenmarkts den
Preis für Elektronik drastisch drücken kann, im konkreten Fall auf ca.
ein Zehntel, und damit interessierten Laien und semiprofessionellen
Nutzern gleichermaßen neue Anwendungen erschließt, die bisher
professionellen Anwendern vorenthalten waren.