Betrug

100 000 Internet-Kunden beim Online-Shopping betrogen

Mehrere Millionen Euro Schaden, einzelne Seiten sind noch immer online
Von dapd / dpa / Thorsten Neuhetzki

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Eine Betrügerbande hat im Internet rund 100 000 Kunden abgezockt und mehrere Millionen Euro ergaunert. Die Betrüger boten im großen Stil Waren gegen Vorkasse an, lieferten dann aber nicht, wie das bayerische Landeskriminalamt heute in München mitteilte. Nach eineinhalbjährigen Ermittlungen durchsuchte die Polizei in der vergangenen Woche 29 Objekte in Berlin, Schleswig-Holstein, Hessen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen. Acht Verdächtige wurden in Deutschland verhaftet, ein weiterer Verdächtiger in Österreich. Schwerpunkt sei Nordrhein-Westfalen gewesen, hieß es.

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Die mutmaßlichen Täter - meist im Alter zwischen 20 und 29 Jahren - gingen extrem ausgeklügelt vor. Der Polizei zufolge betrieben sie Internetseiten wie ja-kaufen.com oder dress4style.com. Dabei verwendeten sie im Impressum Daten von Firmen, die wirklich existierten. Auch die Seiten wirkten seriös. Die angeblich angebotenen Waren - von Legosteinen bis zu Goldbarren - seien zwar günstig gewesen, jedoch nicht so günstig, dass man Verdacht geschöpft hätte, sagte die Leiterin des Sachgebiets Wirtschaftskriminalität beim LKA, Sabine Nagel.

Gefälschte Bewertungsportale und angebliche Treuhänder

Um die gefälschten Webshops herum baute die Bande ein weiteres System auf. So fälschten sie Internetseiten von Anwälten, die angeblich als Treuhänder auftraten, um skeptische Kunden zu beruhigen. Auch positive Bewertungen der Shops wurden gefälscht. Das sei so weit gegangen, dass die mutmaßlichen Betrüger eigene Bewertungsportale mit positiven Kommentaren einrichteten. Foren, in denen kritische Kommentare zu ihren betrügerischen Webshops standen, brachten sie dagegen mit Angriffen aus dem Internet zum Zusammenbruch oder drohten deren Betreibern direkt Gewalt an.

Die Bandenmitglieder - neben den neun Verhafteten noch drei weitere Verdächtige - teilten sich die Arbeit. Einzelne programmierten die Seiten, andere übernahmen die Pflege der Shops oder transferierten das Geld.

Das Geld, das die betrogenen Kunden überwiesen, ging an rund 1 000 Finanzagenten, die die Bande angeworben hatte. Diese stellten dazu gegen Bezahlung ihre Konten zur Verfügung. Von dort wurde das Geld dann in die Schweiz oder die Türkei überwiesen oder in bar abgehoben. Auch diesen Finanzagenten drohen Strafen. Sie hätten sich zumindest der leichtfertigen Geldwäsche schuldig gemacht, sagte Nagel.

Einzelne Seiten sind noch online

Mindestens drei der betrügerischen Shops waren heute noch aktiv. Nach Polizeiangaben handelte es sich dabei um usa-auto-kaufen.de, af-import-autohaus.de und luxus-ferienhaus24.de. Da die Server teilweise im Ausland stünden, sei es nicht immer einfach, sie abschalten zu lassen, sagte Nagel. Grundsätzlich warnte die Kommissarin vor sorglosem Einkaufen im Internet. Speziell bei Angeboten, die man nicht kenne, sei Vorkasse "die schlechteste Zahlungsmethode", warnte Nagel: "Weil ich eine Zahlung leiste, ohne mein Gegenüber überhaupt zu kennen - und ohne Sicherheit, dass ich meine Ware auch bekomme."

Dass die Ermittlungen aus Bayern geführt wurden, obwohl keiner der Täter dort wohnte, liegt an ihrem Ausgangspunkt. Dieser geht bis ins Jahr 2009 zurück. Damals war eine unbeteiligte Firma aus Nördlingen, deren Daten für ein Impressum missbraucht worden waren, zur Polizei gegangen, nachdem sich zahlreiche betrogene Kunden gemeldet hatten.

Keine Vorkasse bei unbekanntem Anbieter

Hat man Pech, ist nach einer Zahlung per Vorkasse das Geld weg. Trotzdem werden viele Einkäufer schwach, wenn sie glauben, im Internet ein Schnäppchen machen zu können. "Vorkasse ist eine riskante Zahlungsweise, gerade bei Anbietern, die ich nicht kenne", warnt Friederike Wagner von der Verbraucherzentrale Sachsen. Am besten sollte man nach einer anderen Zahlungsart wie Lastschrift oder Kreditkarte Ausschau halten, bei der man sich im Zweifel sein Geld zurückholen kann - oder sich gleich einen anderen Anbieter suchen.

"Von Vorkasse ist auf jeden Fall abzuraten, wenn ich niemanden kenne, der positive Erfahrungen gemacht hat, oder wenn es eine Erstbestellung ist", sagt Wagner. "Aber selbst, wenn ich den Anbieter kenne, kann es immer noch passieren, dass er Insolvenz anmeldet." Dann kann man versuchen, sein Geld aufwendig per Gerichtstitel wiederzubekommen. Doch oft ist nichts mehr zu holen. Hat man sein Geld an Betrüger überwiesen, sind die Aussichten natürlich noch deutlich schlechter.

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